Zunächst herzlichen Dank an alle, die
Ihre Meinung zu der Art des letzten Berichts (kürzerer Text, mehr
Bilder) kundgetan haben. Wie ich es schon fast erwartet hatte,
erfassten Eure Meinungen die volle Bandbreite, wobei die Tendenz doch
etwas mehr zu reichhaltigerem Text neigte. Also versuche ich, den
goldenen Mittelweg zu finden. Schauen wir mal, ob es mir gelingt.
Bei Sarnia verließen wir Kanada und
reisten zum ersten Mal per eigenem Auto in die USA ein. Die
Grenzabfertigung verlief völlig problemlos. Wir wurden nach einer
Adresse in den USA gefragt, wo wir bleiben wollten. Es reichte als
Antwort, dass wir mit unserem Camper durchs Land reisen wollen.
Wieder einmal wurden unsere Fingerabdrücke gescannt. Außerdem
wollte die Dame vom Zoll wissen, ob wir Fleisch, Früchte und
Ähnliches im Auto hätten, was wir natürlich verneinten. Wie schon
bei der Einreise nach Kanada erfolgte die Kontrolle ohne unser
Beisein. Natürlich fand die Dame nichts (weil wir alles gut
versteckt hatten ;-) ). Nach 20 Minuten rollten wir auf
US-amerikanischen Boden.
Unser erstes Ziel in den USA lautete
Lapeer, eine Kleinstadt nördlich von Detroit. Dort betreibt mein
ehemaliger Arbeitgeber, die KAMAX-Werke, einen Zweigbetrieb. Da wir
nun hier in der Nähe waren, wollte ich das auch sehen. Staunend
stand ich vor einem modernen, erst vor zwei Jahren errichteten
Werksgebäude. Davor wehten die US- und die deutsche Flagge. Drinnen
wurde ich von einer sehr netten Empfangsdame begrüßt, die mich auch
gleich zu einem ihrer Chefs geleitete. Uns wurde sogar ein Rundgang
durch den Betrieb angeboten. Es hätte mich schon interessiert, wie
hier Schrauben produziert werden, doch es war schon früher
Nachmittag, und wir wollten noch einige Kilometer zurücklegen. Ich
hinterließ eine Ansichtskarte von Alsfeld mit Grüßen an alle
KAMAX-Kollegen in Lapeer und verabschiedete mich wieder.
Wahrscheinlich war ich der erste (ehemalige) deutsche
KAMAX-Mitarbeiter, der hier mit dem eigenen Auto vorgefahren ist.
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KAMAX-Werke in Lapeer |
Auch auf der US-Seite des Lake Huron
ist es praktisch unmöglich, einen Platz zum wilden Campen zu finden,
weil scheinbar jeder Meter der Uferlinie irgendjemandem gehört.
Deshalb übernachteten wir einmal auf einem Campingplatz und danach
in einem Wohnmobil-Park. Dort wirkte unser Gecko zwischen all den
riesigen Caravans Wohnmobilen so groß wie Reisebusse doch recht
winzig.
Wieder dauerte es keine fünf Minuten,
bis unser netter Nachbar nach dem Woher und Wohin fragte. Auch er war
begeistert von unserem Gecko wie bisher alle Kanadier und Amerikaner,
die uns angesprochen hatten. Weitere fünf Minuten später lud er uns
zum Essen ein. Wir landeten in einer größeren Runde von Leuten, die
miteinander verwandt oder befreundet sind, alle wohl ein paar Jahre
jünger als wir. Es war, als würden wir uns schon länger kennen, so
herzlich wurden wir in der Runde aufgenommen. Schließlich fragten
Anita und Brian uns, ob wir Lust hätten, am nächsten Morgen zum
Angeln mit auf den See raus zu fahren. Natürlich nahmen wir dankend
an.
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Eine Weißwedel-Hirschkuh mit ihrem Jungen. Leider reicht die Brennweite meines Objektivs nicht für eine bessere Aufnahme. |
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herrliche Ruhe am Lake Huron |
Am nächsten Morgen wurde das Boot zu
Wasser gelassen, und schon ging es in morgendlicher Kühle hinaus auf
den Lake Huron. Sobald wir das Ufer weit genug hinter uns gelassen
hatten, gab Brian ordentlich Gas. Ein 200-PS-Mercury-Außenbordmotor
ließ das Boot hinaus auf den See schießen. Das ging schon ganz
schön ab!
Nach ungefähr acht Meilen schaltete er
den Motor ab und ließ das Boot trieben. Insgesamt sechs Angeln
wurden ausgeworfen. Es dauerte auch gar nicht lange, bis ein erster
Biss signalisiert wurde. Und wir durften dann bei jedem Biss den
Fisch mit der Angel bis ans Boot drillen. Noch nie hatten wir eine
Angel in der Hand. Ich drehte an der Kurbel und dachte, da muss schon
ein großer Fisch dran hängen. Und tatsächlich. Brian hievte ihn
mit dem Kescher an Bord. Mein erster geangelter Fisch war ein 24 Zoll
langer Walleye, so heißt der Zander auf englisch. Was für ein
kapitaler Fang! Später zog ich zwei noch größere Welse an Bord,
doch die wurden wieder frei gelassen. Die Leute hier sagen, wenn sie
Zander essen können, brauchen sie keinen Wels. Nach einem
Standortwechsel erwischten wir eine Stelle, wo die Fische besonders
gut bissen. Es ging wie am Fließband. Kaum war der eine Zander in
der Frischwasserkiste verstaut, hing der nächste an einer anderen
Angel. Wir kamen richtig ins Schwitzen, denn inzwischen brannte die
Sonne auf uns hernieder. Zu guter Letzt brachten wir 17 Zander mit an
Land. Pro Person und Tag sind acht Stück erlaubt. Wir haben ja keine
Lizenz, also zählten wir auch als Personen nicht. Und um den einen
Fisch hatte man sich einfach verzählt.
An Land wurden die Fische sofort mit
einem elektrischen Messer filetiert und eingefrostet. Am Abend waren
wir dann wieder zum Essen eingeladen. Natürlich gab es gebratenen
bzw. gebackenen Zander. Leute, ich sag's Euch, es war ein Gedicht!
Köstlich! Die Frauen hatten noch diverse Salate zubereitet. Es war
ein Festessen!
Es wurde viel erzählt, über das
Fischen und die Jagd (alle Männer hier sind sowohl Angler als auch
passionierte und erfolgreiche Jäger), Über Brians gut überstandene
Krebserkrankung, über die Flüchtlingsproblematik sowohl in
Deutschland als auch in Amerika und natürlich auch über unsere
Reise. Schließlich bekamen wir eine Packung selbst gemachtes
Hirschragout, eine ebenfalls selbst hergestellte Sommerwurst (80 %
Hirsch, 20 % Schwein, ganz lecker!) und einen großen Pack gefrorenen
und filetierten Zander geschenkt. Wir haben uns riesig darüber
gefreut. Es erinnerte uns auch sehr an unsere Mongolei-Reise vor drei
Jahren, wo wir auch immer wieder Lebensmittel von wildfremden
Menschen geschenkt bekamen.
Anita sagte beim Abschied am nächsten
Morgen ein paar sehr schöne und bedeutungsvolle Sätze. Sie wuchs
unter bescheidenen Verhältnissen auf. Dabei lernte sie, dass
Lebensmittel ein hohes Gut sind. Wenn man Essen verschenkt, ist das
das ehrlichste Geschenk, das man jemandem überreichen kann, und das
wird auf der ganzen Welt verstanden. Wie wahr, wie wahr! Nach zwei
erlebnisreichen, wunderschönen Tagen verabschiedeten wir uns von
unseren neu gewonnenen amerikanischen Freunden.
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Es geht hinaus auf den Lake Huron |
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Jutta - noch ganz entspannt |
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Brain - unser Käpt'n |
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200 PS treiben uns voran |
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Jutta wird es ganz schön frisch um die Nase |
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Der erste Zander |
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Und noch einer... |
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Zander angeln wie am Fließband, ... |
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...das macht Laune! |
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Den Wels wollen wir nicht, ... |
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...auch wenn er so groß ist. |
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17 Zander auf einmal |
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Mit einem elektrischen Messer werden die Fische filetiert |
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Anita und Jutta bei der Arbeit. Die Filets werden vakuumiert und später eingefroren |
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Unsere neuen Freunde |
Auf ihre Empfehlung hin fuhren wir in
den nicht weit entfernten Ort Frankenmuth, eine Siedlung, die Mitte
des 19. Jahrhunderts von Deutschen aus Franken gegründet wurde.
Viele deutsche Familiennamen hier in der Umgebung zeugen von den
Vorfahren. Heute wirkt vieles ein bisschen künstlich. Man will eben
die Tradition hoch halten. Man hat sogar ein ganzes Einkaufsviertel
im bayrischen Stil errichtet. Alles wirkt in unseren Augen ein
bisschen kitschig, aber den Amis gefällt es eben so. Ein richtiger
deutscher Bäcker wäre uns lieber gewesen, doch den konnten wir
leider nirgends finden.
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Franken in Michigan ;-) |
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überdachte Holzbrücke |
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Das Einkaufszentrum River Place Shops |
Am 25. Mai 2018 fuhren wir über die
riesige Mackinac-Brücke, die rund 8 km lang ist und Upper Part
Michigans mit Lower Part verbindet. Die Maut hält sich mit $4 in
erträglichen Grenzen.
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insgesamt mit allen Zufahrten 8 km lang - die Mackinac Bridge |
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Kanada-Gänse |
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Millionen von ekelhaften Fliegen in der Nähe der Mackinac Bridge |
Für ein paar Tage ging es dann auf dem
Highway US2 immer weiter westwärts, zunächst am Nordufer des Lake
Michigan entlang und dann weiter am Lake Superior. Während es im
Landesinneren tagsüber doch schon recht warm war (um 25° C), blies
uns am Ufer des Lake Superior ein kalter Wind ins Gesicht. Mehrfach
gelang es uns sogar, wild zu campen, was unsere Reisekasse schont.
Beim Tanken kommt inzwischen auch
Freude auf. Am Anfang bezahlten wir noch $3,399 pro Gallone, beim
letzten Tanken 24 Cent weniger. Das entspricht ungefähr 0,78 Euro.
Nach den US-Staaten Michigan und
Wisconsin erreichten wir Minnesota. Die ersten 150 km durch
Prärie-Landschaften liegen hinter uns. Es folgen noch viele hunderte
Kilometer flaches, weites Land. Wie es uns dort gefällt und ob es
wirklich so langweilig ist, wie die Amerikaner es schildern, das lest
Ihr im nächsten Bericht.
P.S.: Nun ist es doch wieder ziemlich
viel Text geworden. Sorry! Doch Ihr kennt ja den alten Spruch: Allen
Leuten recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann. ;-)
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