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Dienstag, 29. Mai 2018

Von Kanada in die USA – Michigan, Lake Superior, Minnesota


Zunächst herzlichen Dank an alle, die Ihre Meinung zu der Art des letzten Berichts (kürzerer Text, mehr Bilder) kundgetan haben. Wie ich es schon fast erwartet hatte, erfassten Eure Meinungen die volle Bandbreite, wobei die Tendenz doch etwas mehr zu reichhaltigerem Text neigte. Also versuche ich, den goldenen Mittelweg zu finden. Schauen wir mal, ob es mir gelingt.

Bei Sarnia verließen wir Kanada und reisten zum ersten Mal per eigenem Auto in die USA ein. Die Grenzabfertigung verlief völlig problemlos. Wir wurden nach einer Adresse in den USA gefragt, wo wir bleiben wollten. Es reichte als Antwort, dass wir mit unserem Camper durchs Land reisen wollen. Wieder einmal wurden unsere Fingerabdrücke gescannt. Außerdem wollte die Dame vom Zoll wissen, ob wir Fleisch, Früchte und Ähnliches im Auto hätten, was wir natürlich verneinten. Wie schon bei der Einreise nach Kanada erfolgte die Kontrolle ohne unser Beisein. Natürlich fand die Dame nichts (weil wir alles gut versteckt hatten ;-) ). Nach 20 Minuten rollten wir auf US-amerikanischen Boden.

Unser erstes Ziel in den USA lautete Lapeer, eine Kleinstadt nördlich von Detroit. Dort betreibt mein ehemaliger Arbeitgeber, die KAMAX-Werke, einen Zweigbetrieb. Da wir nun hier in der Nähe waren, wollte ich das auch sehen. Staunend stand ich vor einem modernen, erst vor zwei Jahren errichteten Werksgebäude. Davor wehten die US- und die deutsche Flagge. Drinnen wurde ich von einer sehr netten Empfangsdame begrüßt, die mich auch gleich zu einem ihrer Chefs geleitete. Uns wurde sogar ein Rundgang durch den Betrieb angeboten. Es hätte mich schon interessiert, wie hier Schrauben produziert werden, doch es war schon früher Nachmittag, und wir wollten noch einige Kilometer zurücklegen. Ich hinterließ eine Ansichtskarte von Alsfeld mit Grüßen an alle KAMAX-Kollegen in Lapeer und verabschiedete mich wieder. Wahrscheinlich war ich der erste (ehemalige) deutsche KAMAX-Mitarbeiter, der hier mit dem eigenen Auto vorgefahren ist.

KAMAX-Werke in Lapeer


Auch auf der US-Seite des Lake Huron ist es praktisch unmöglich, einen Platz zum wilden Campen zu finden, weil scheinbar jeder Meter der Uferlinie irgendjemandem gehört. Deshalb übernachteten wir einmal auf einem Campingplatz und danach in einem Wohnmobil-Park. Dort wirkte unser Gecko zwischen all den riesigen Caravans Wohnmobilen so groß wie Reisebusse doch recht winzig.

Wieder dauerte es keine fünf Minuten, bis unser netter Nachbar nach dem Woher und Wohin fragte. Auch er war begeistert von unserem Gecko wie bisher alle Kanadier und Amerikaner, die uns angesprochen hatten. Weitere fünf Minuten später lud er uns zum Essen ein. Wir landeten in einer größeren Runde von Leuten, die miteinander verwandt oder befreundet sind, alle wohl ein paar Jahre jünger als wir. Es war, als würden wir uns schon länger kennen, so herzlich wurden wir in der Runde aufgenommen. Schließlich fragten Anita und Brian uns, ob wir Lust hätten, am nächsten Morgen zum Angeln mit auf den See raus zu fahren. Natürlich nahmen wir dankend an.

Eine Weißwedel-Hirschkuh mit ihrem Jungen. Leider reicht die Brennweite meines Objektivs nicht für eine bessere Aufnahme.


herrliche Ruhe am Lake Huron

Am nächsten Morgen wurde das Boot zu Wasser gelassen, und schon ging es in morgendlicher Kühle hinaus auf den Lake Huron. Sobald wir das Ufer weit genug hinter uns gelassen hatten, gab Brian ordentlich Gas. Ein 200-PS-Mercury-Außenbordmotor ließ das Boot hinaus auf den See schießen. Das ging schon ganz schön ab!

Nach ungefähr acht Meilen schaltete er den Motor ab und ließ das Boot trieben. Insgesamt sechs Angeln wurden ausgeworfen. Es dauerte auch gar nicht lange, bis ein erster Biss signalisiert wurde. Und wir durften dann bei jedem Biss den Fisch mit der Angel bis ans Boot drillen. Noch nie hatten wir eine Angel in der Hand. Ich drehte an der Kurbel und dachte, da muss schon ein großer Fisch dran hängen. Und tatsächlich. Brian hievte ihn mit dem Kescher an Bord. Mein erster geangelter Fisch war ein 24 Zoll langer Walleye, so heißt der Zander auf englisch. Was für ein kapitaler Fang! Später zog ich zwei noch größere Welse an Bord, doch die wurden wieder frei gelassen. Die Leute hier sagen, wenn sie Zander essen können, brauchen sie keinen Wels. Nach einem Standortwechsel erwischten wir eine Stelle, wo die Fische besonders gut bissen. Es ging wie am Fließband. Kaum war der eine Zander in der Frischwasserkiste verstaut, hing der nächste an einer anderen Angel. Wir kamen richtig ins Schwitzen, denn inzwischen brannte die Sonne auf uns hernieder. Zu guter Letzt brachten wir 17 Zander mit an Land. Pro Person und Tag sind acht Stück erlaubt. Wir haben ja keine Lizenz, also zählten wir auch als Personen nicht. Und um den einen Fisch hatte man sich einfach verzählt.

An Land wurden die Fische sofort mit einem elektrischen Messer filetiert und eingefrostet. Am Abend waren wir dann wieder zum Essen eingeladen. Natürlich gab es gebratenen bzw. gebackenen Zander. Leute, ich sag's Euch, es war ein Gedicht! Köstlich! Die Frauen hatten noch diverse Salate zubereitet. Es war ein Festessen!

Es wurde viel erzählt, über das Fischen und die Jagd (alle Männer hier sind sowohl Angler als auch passionierte und erfolgreiche Jäger), Über Brians gut überstandene Krebserkrankung, über die Flüchtlingsproblematik sowohl in Deutschland als auch in Amerika und natürlich auch über unsere Reise. Schließlich bekamen wir eine Packung selbst gemachtes Hirschragout, eine ebenfalls selbst hergestellte Sommerwurst (80 % Hirsch, 20 % Schwein, ganz lecker!) und einen großen Pack gefrorenen und filetierten Zander geschenkt. Wir haben uns riesig darüber gefreut. Es erinnerte uns auch sehr an unsere Mongolei-Reise vor drei Jahren, wo wir auch immer wieder Lebensmittel von wildfremden Menschen geschenkt bekamen.

Anita sagte beim Abschied am nächsten Morgen ein paar sehr schöne und bedeutungsvolle Sätze. Sie wuchs unter bescheidenen Verhältnissen auf. Dabei lernte sie, dass Lebensmittel ein hohes Gut sind. Wenn man Essen verschenkt, ist das das ehrlichste Geschenk, das man jemandem überreichen kann, und das wird auf der ganzen Welt verstanden. Wie wahr, wie wahr! Nach zwei erlebnisreichen, wunderschönen Tagen verabschiedeten wir uns von unseren neu gewonnenen amerikanischen Freunden.

Es geht hinaus auf den Lake Huron

Jutta - noch ganz entspannt

Brain - unser Käpt'n

200 PS treiben uns voran

Jutta wird es ganz schön frisch um die Nase

Der erste Zander

Und noch einer...

Zander angeln wie am Fließband, ...

...das macht Laune!

Den Wels wollen wir nicht, ...
 
...auch wenn er so groß ist.

17 Zander auf einmal


Mit einem elektrischen Messer werden die Fische filetiert
Anita und Jutta bei der Arbeit. Die Filets werden vakuumiert und später eingefroren

Unsere neuen Freunde




Auf ihre Empfehlung hin fuhren wir in den nicht weit entfernten Ort Frankenmuth, eine Siedlung, die Mitte des 19. Jahrhunderts von Deutschen aus Franken gegründet wurde. Viele deutsche Familiennamen hier in der Umgebung zeugen von den Vorfahren. Heute wirkt vieles ein bisschen künstlich. Man will eben die Tradition hoch halten. Man hat sogar ein ganzes Einkaufsviertel im bayrischen Stil errichtet. Alles wirkt in unseren Augen ein bisschen kitschig, aber den Amis gefällt es eben so. Ein richtiger deutscher Bäcker wäre uns lieber gewesen, doch den konnten wir leider nirgends finden.

Franken in Michigan  ;-)

überdachte Holzbrücke


Das Einkaufszentrum River Place Shops




Am 25. Mai 2018 fuhren wir über die riesige Mackinac-Brücke, die rund 8 km lang ist und Upper Part Michigans mit Lower Part verbindet. Die Maut hält sich mit $4 in erträglichen Grenzen.

insgesamt mit allen Zufahrten 8 km lang - die Mackinac Bridge



Kanada-Gänse
Millionen von ekelhaften Fliegen in der Nähe der Mackinac Bridge

Für ein paar Tage ging es dann auf dem Highway US2 immer weiter westwärts, zunächst am Nordufer des Lake Michigan entlang und dann weiter am Lake Superior. Während es im Landesinneren tagsüber doch schon recht warm war (um 25° C), blies uns am Ufer des Lake Superior ein kalter Wind ins Gesicht. Mehrfach gelang es uns sogar, wild zu campen, was unsere Reisekasse schont.

Beim Tanken kommt inzwischen auch Freude auf. Am Anfang bezahlten wir noch $3,399 pro Gallone, beim letzten Tanken 24 Cent weniger. Das entspricht ungefähr 0,78 Euro.

Nach den US-Staaten Michigan und Wisconsin erreichten wir Minnesota. Die ersten 150 km durch Prärie-Landschaften liegen hinter uns. Es folgen noch viele hunderte Kilometer flaches, weites Land. Wie es uns dort gefällt und ob es wirklich so langweilig ist, wie die Amerikaner es schildern, das lest Ihr im nächsten Bericht.

P.S.: Nun ist es doch wieder ziemlich viel Text geworden. Sorry! Doch Ihr kennt ja den alten Spruch: Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die keiner kann. ;-)

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