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Samstag, 22. Juli 2017

Vom Nordkap zu den Lofoten

Sonntag, 16. Juli 2017

Bei herrlichem Sonnenschein fuhren wir auf der 98 am Tanafjord gen Norden. Zwischen Blumenwiesen rollten wir dahin und stoppten mal da, mal dort, um den Blick auf das blaue Wasser des Fjords und die Schneegipfel weit dahinter zu genießen.





Wir bogen ab auf die 888. Bald umgab uns wieder die Tundra. Am Ortseingang von Gamvik trauten wir unseren Augen kaum. Ein Schild mit einem Willkommensgruß stand inmitten eines Feldes sattblau blühender Lupinen. Dass diese herrliche Blumen sogar hier oben in diesem rauen Klima gedeihen, hätte ich nicht für möglich gehalten.

Lupinen

In dem kleinen Ort leben etwa 1000 Menschen. Die bunten Häuschen strahlten in der Sonne. Nach weiteren drei Kilometern erreichten wir Slettnes fyr, den nördlichsten Leuchtturm auf europäischem Festland. Er steht auf dem 71. Breitengrad (N 71° 05' 33“). Nur noch wenige hundert Meter weiter befindet sich auch der nördlichste Punkt des europäischen Kontinents.


Slettnes fyr

Nun spürten wir deutlich, dass wir uns sehr weit im Norden aufhielten. Obwohl die Sonne schien, zeigte das Thermometer nur noch 9 Grad an. Der heftige Wind, der uns um die Ohren blies, ließ uns frösteln.

Unseren Plan, hier zu übernachten, ließen wir schnell fallen, denn es gab nirgends ein windgeschütztes Fleckchen. Also ging es am Nachmittag die gleiche Strecke auf der 888 zurück. Bei dem Örtchen Lebesby fanden wir eine schöne Stelle für die Nacht. Doch zwei Stunden nach unserer Ankunft schüttelten äußerst heftige Windböen den Gecko dermaßen durch, dass wir um unser Klappdach fürchten mussten. Was half es, wir mussten wieder alles zusammenpacken und nach einem ruhigeren Platz suchen. In der Tundra einen windgeschützten Platz zu finden, ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Deshalb mussten wir zurück bis zur 98, wo wir 4 km westlich von Ifjord endlich fündig wurden.

Standort: N 70° 27' 17.8“ E 26° 59' 48.8“
gefahrene Strecke: 324 km





Montag, 17. Juli 2017

Unser heutiges Ziel war das berühmte Nordkap. Auf der 98 fuhren wir bis Lakselv, wo wir auf die E6 trafen. Bei Olderfjord ging es auf der E69 immer weiter nach Norden. Ständig staunten wir über die einmalig schöne Landschaft. Die fast schwarzen Berge fallen an manchen Stellen fast senkrecht ab in den Porsangen genannten Fjord. Die Straße klebte dann förmlich an den Felsen, um dann zum wiederholten Mal in einem Tunnel zu verschwinden. In einem der Tunnels tropfte so viel Wasser von der Decke, dass ich mehrmals die Scheibenwischer einschalten musste.

Der längste Tunnel auf dieser Strecke verbindet mit seinen knapp 7 km Länge die Insel Mageröya, auf der sich das Nordkap befindet, mit dem Festland. Steil geht es im Tunnel abwärts bis 212 m unter der Wasseroberfläche. Eine zehnprozentige Steigung führt wieder zurück ans Tageslicht. Die Benutzung des Tunnels ist übrigens seit 2012 kostenlos.



Bis zum Nordkap geht es nun ständig bergauf und bergab. Die vielen Radfahrer, die in beiden Richtungen unterwegs waren, nötigten uns höchsten Respekt ab.

auf dem Weg zum Nordkap

viele Rentiere sahen wir hier


Bevor wir endlich den nördlichsten Punkt unserer Reise erreichten, wurden wir erst mal kräftig zur Kasse gebeten. 270 Kronen verlangte die nette Frau im Kassenhäuschen von mir. Pro Person! Ich wusste aber, dass es auch Tickets für 180 Kronen gibt. Nur widerwillig verkaufte sie diese an uns und wies nachdrücklich darauf hin, dass wir nicht über Nacht bleiben dürften, den Nordkap-Film nicht sehen und das Museum nicht besuchen könnten.

Auf dem riesigen Schotterparkplatz reihten sich die Womos in mehreren Reihen wie auf Perlenschnüren auf. Ungefähr 20 Reisebusse standen auch schon da. Massentourismus eben. Entsprechend groß war dann der Andrang an dem weltbekannten stählernen Globus, denn jeder wollte davor fotografiert werden. Wir natürlich auch.



Massenbetrieb


Wir ließen den Trubel jedoch bald hinter uns und liefen ein Stück an der Kante des Felsplateaus entlang, das 307 m hoch aus dem Wasser des Polarmeeres herausragt. Weit schweiften unsere Blicke hinaus auf die Barentssee, die völlig ruhig vor uns lag. Da standen wir nun auf 71° 10' 21“ nördlicher Breite und wussten, dass der Nordpol nur noch lächerliche 2100 km entfernt war. Und wir wussten auch, dass das Nordkap natürlich nicht der nördlichste Punkt Europas ist, wie von der Tourismusbranche immer gern behauptet wird. Uns war es egal. Wir genossen den Augenblick. Das Beste daran war, dass schließlich sogar die Sonne heraus kam, was am Nordkap wohl nur sehr selten passiert.


Vermutlich hätten wir uns auch den 14-minütigen Film und das Museum ansehen und auch über Nacht bleiben können, denn nirgends wurde kontrolliert. Wie auch. Für 180 Kronen gab es ja nicht mal eine Eintrittskarte. Lediglich einen schnöden Kassenbon wie im Supermarkt hatten wir bekommen.

Am frühen Abend machten wir uns auf den Rückweg. 25 km vor Olderfjord übernachteten wir auf einem Parkplatz in windgeschützter Lage.

Standort: N 70° 40' 03.7“ E 25° 23' 19.0“
gefahrene Strecke: 380 km




wie viele Trolle seht Ihr hier?

auch am Nordkap laufen Rentiere herum




Dienstag, 18. Juli 2017

Von heute an geht es nur noch nach Süden. Zunächst fuhren wir bis Alta. Die Nordlichtkathedrale als touristisches Highlight war nicht schwer zu finden. Eine moderne Kirche mit kühner Architektur, die uns wirklich gut gefiel. Natürlich wollten wir sie auch von innen sehen. ABER: Die Norweger spinnen! 150 Kronen Eintritt p.P. Für die Kirche! Nee, liebe Wikinger, wir finden das Geld auch nicht auf der Straße. Und seit wann muss man in einer Kirche Eintrittsgeld bezahlen, gleich wenn darin noch eine Ausstellung gezeigt wird?

Nordlichtkathedrale in Alta

Weiter ging unsere Reise erst am Ufer des Altafjorden entlang, danach am wunderschönen Langfjorden. Steil und schwarz ragten die Berge am gegenüber liegenden Ufer aus dem Wasser auf. Dunkle Wolken zogen darüber hinweg und zauberten dramatische Bilder in die Landschaft. Wie mag es erst bei Sonnenschein hier aussehen?

Immer wieder sahen wir, wie weiß leuchtende Wassermassen in zahlreichen Bächen von den Bergen in den Fjord stürzten. Noch beeindruckender sind die vielen riesigen Wasserfälle. Vor einer dieser gewaltigen Kaskaden fanden wir einen hervorragenden Platz, von dem aus wir sowohl den Wasserfall als auch den Fjord bewundern konnten. Schade nur, dass es immer wieder regnete.

Standort: N 70° 03' 42.7“ E 22° 31' 16.2“
gefahrene Strecke: 189 km



fast Weltuntergangs-Stimmung




Mittwoch, 19. Juli 2017

Leider zeigte sich auch heute wieder das Wetter von seiner miesen Seite. Kalter Wind bei 12 bis 13 Grad und häufige Regenschauer ließen uns die Sonne herbeisehnen. Wenn wir uns schon nicht über das Wetter freuen konnten, gab es Grund zur Freude an einer Tankstelle. Hier kostete der Liter Diesel „nur“ 12,49 Kronen (1,33 Euro). Beim ersten Tankstopp in Norwegen mussten wir noch 15,29 Kronen (1,63 Euro) bezahlen. Wenig Spaß machte dann das Einkaufen in einem Supermarkt. Hier ist einfach alles teuer. Lediglich einfaches Brot hat einen ähnlichen Preis wie in Deutschland. Nur mal ein paar Beispiele: 250 g Butter 21,90 Kronen (2,36 €), 5-Liter-Flasche Wasser 29,50 Kronen (3,18 €), 850 g Joghurt naturell 25,90 Kronen (2,79 €). Bei Alkohol haben wir gar nicht erst nachgeschaut.

Später lenkte uns die faszinierende Fjordlandschaft vom Einkaufsschock ab. Diese gewaltigen Berge, auf denen immer noch Schneereste weiße Muster zeichnen, davor das ruhige Wasser des Fjords, dann wieder die hübschen Häuser am Wegrand. Es gab immer etwas zu sehen. Es machte wirklich Spaß, so durch dieses wunderschöne Land zu reisen.

Durch die steil abfallenden Berge sind Stellplätze hier nicht leicht zu finden. Diesmal nutzten wir einfach einen der seltenen Waldwege, um für die taghelle Nacht von der Straße aus unsichtbar zu sein.

Standort: N 69° 09' 43.6“ E 19° 04' 40.2“
gefahrene Strecke: 273 km




leider sahen wir hier in Norwegen noch keinen Elch

Donnerstag, 20. Juli 2017

Auf der E6 ging es heute weiter nach Westen, bis wir auf die 825 abbogen. Fast ständig fuhren wir an Fjorden entlang. Schade nur, dass auch heute wieder die dicken Wolken sehr tief hingen und wir die schönen Landschaften nur erahnen konnten.


aus solchen Anlagen kommen die norwegischen Lachse

An der Stelle, wo die 825 auf die E10 trifft, brachte uns eine gewaltige Brücke über den Vagsfjord. 


Danach fuhren wir auf der 83 bis Harstad. Dort biegt die Straße direkt nach Westen ab, überquert einen Bergrücken und folgt dann der Küstenlinie des Güllesfjord bis Refsnes. Von dort brachte uns eine Fähre für akzeptable 115 Kronen in knapp einer halben Stunde nach Flesnes.


Irgendwann tauchte vor uns das Schild mit der Aufschrift „Lofoten“ auf. Diese Inselgruppe wollten wir heute erreichen. Nach einem der zahlreichen Tunnels, irgendwann hatte ich aufgehört mitzuzählen, strahlte uns doch tatsächlich die Sonne entgegen. Das Wasser des Fjords leuchtete plötzlich hellblau. Viele kleine Insel ragten dunkel aus dem Wasser. Die steil aufragenden, spitzen Berge, die sich dunkel vor dem plötzlich blauen Himmel abzeichneten, umrahmten das Bild majestätisch. So hatten wir uns die Lofoten gewünscht, und so genossen wir sie nun.

Standort: N 68° 27' 43.4“ E 15° 05' 30.0“
gefahrene Strecke: 293 km




Freitag, 21. Juli 2017

Draußen in der Sonne sitzend frühstücken, das konnten wir heute seit längerer Zeit endlich mal wieder. Da fing der Tag gleich richtig gut an. Ursprünglich hatten wir uns vorgenommen, heute einen Campingplatz anzusteuern. Wäsche und Haare waschen waren dringend angeraten. Doch wie so oft kam es anders.

Nach einem tiefen Unterwassertunnel verließen wir die E10, um ganz gemütlich an der Nordküste der Insel Austvagöy die Aussicht zu genießen. Es machte unheimlich Spaß, gemächlich auf der schmalen Asphaltstraße dahinzurollen. Natürlich legten wir den einen oder anderen Fotostopp ein. Hier lockt fast jede Aussicht, auf den Auslöser zu drücken. Bei Sonnenschein sieht eben doch alles noch viel schöner aus. Das, was an den letzten Tagen nur Grau in Grau schien, leuchtete nun in den buntesten Farben. Da hier das Land an der Küste etwas flacher ist, gibt es viele saftig grüne Wiesen, die teilweise schon gemäht wurden. Bunte Wiesenblumen säumten die Straßenränder. Wie überall hier leuchteten die Häuser in rot, gelb und manchmal auch weiß. Auf der Landseite ragen steil die gestern noch grauen Berge auf, heute nun in dunklem Grün von Bäumen, Sträuchern und Flechten. Zwischen den Zacken und Spitzen der Berge leuchten weiß die letzten Reste des Schnees vom vergangenen Winter. Und schließlich das Meer. Je nach Lichteinfall wirkt es mal dunkelblau, dann leuchtet es in hellem Türkis wie in der Karibik, aber es kann auch mal ein dunkles Flaschengrün annehmen. Wir konnten uns kaum satt sehen an dieser Pracht.








Irgendwo zweigte ein holpriger Feldweg ab, dem wir folgten. Vielleicht bringt er uns zu einem hübschen Stellplatz, wo wir diesen herrlichen Tag verbringen könnten. Der Gecko zwängte sich dann durch dichtes Gebüsch, bis wir auf einer Art Damm standen. Vor uns das blaue Meer und genug Platz, wo wir ungestört hätten stehen können. Doch es stellte sich uns eine ganze Kuhherde in den Weg. Normalerweise scheuen Tiere vor Fahrzeugen zurück. Nicht so diese Rindviecher. Zentimeter für Zentimeter ließ ich den Gecko auf sie zu rollen. „Die gehen schon beiseite,“ sagte ich zu Jutta. Doch genau das Gegenteil geschah. Sie kamen uns auf dem Damm entgegen, guckten ganz neugierig und schnupperten interessiert an Stoßstange und Kühlergrill. Hinter einem kleinen Felsen kamen noch mehr Kühe und drängten nach vorn. Alle wollten wohl diesen Eindringling beäugen.

Gegen die Kühe hätten wir uns sicher noch durchsetzen können, nicht jedoch gegen die Fliegenschwärme, die um sie herum schwirrten. Wir schlossen die Fenster und traten den Rückzug an. Das hieß, ich musste auf diesem Damm, also auf engstem Raum, wenden. Nach X-mal vor- und zurückstoßen und unter Juttas todesmutigem Einsatz als Einweiserin, sie war ja dabei ständig der Bedrohung durch diese wilden Bestien ausgesetzt, gelang das Wendemanöver und wir konnten zurück fahren. Was für ein Abenteuer... ;-)

Nur wenige Kilometer weiter ließen wir uns direkt am Ufer eines Armes des Vatrifjords nieder. Wir standen zwar nur wenige Meter von der Straße entfernt, doch bei so wenig Verkehr störte uns das kaum. Sicherheitsbedenken haben wir hier in Norwegen sowieso keine.

Hinter dem Fjord ragte ein spitzer Berg auf wie eine riesige Haifischflosse. Links und rechts von ihm gezackte Bergrücken mit Schneeresten. Und direkt vor uns blinkte das glasklare blaue Wasser. Völlige Stille umgab uns. Die Sonne heizte uns mächtig ein. Ein perfekter Platz!

Wir packten unsere bequemen Stühle aus, setzten uns hin und taten nichts. Einfach nichts. Nur da sitzen, schauen und genießen. Herrlich!

Auf der anderen Straßenseite plätscherte in einiger Entfernung ein Gebirgsbach herab. Sein Wasser nutzten wir später zum Haare- und Wäschewaschen. Wozu also einen teuren Campingplatz ansteuern, wo es doch hier in der Natur alles gratis gibt? Jutta spielte dann noch Friseuse und schnitt mir die Haare. Und dann war wieder faulenzen angesagt auf diesem traumhaft schönen Fleck bei traumhaft schönem Wetter.

Standort: N 68° 21' 13.5“ E 14° 29' 26.0“
gefahrene Strecke: 56 km





23 Uhr

1 Uhr morgens