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Mittwoch, 20. Mai 2015

Birken, riesige Felder, Sumpf, Birken, riesige Felder, Sumpf, Birken, riesige Felder, Sumpf...

Birkenwälder ohne Ende
Die Überschrift beschreibt das, was wir schon seit Tagen sehen. Meistens wölbt sich darüber blauer Himmel mit vielen weißen Wolken. Ein wunderschöner Anblick, aber auf Dauer wird auch das irgendwie langweilig. Da ist dann so ein ganz übler Straßenabschnitt zwar eine unangenehme, aber immerhin überhaupt eine Abwechslung. Tiefe Querrinnen, zusammengeschobener und gequetschter Asphalt von manchmal 30 bis 40 cm Höhe oder nur grober Schotter, das ist eben auch eine Europastraße. Zum Glück werden diese Stellen seltener und wir rollen auf glatter Asphaltpiste mit konstant 90 km/h dahin. Dieses Tempo hat sich für uns als die günstigste Geschwindigkeit herausgestellt. Schneller darf man auf Russlands Landstraßen sowieso nicht fahren (glaube ich jedenfalls). Auf Autobahnen dürften wir 110 km/h fahren, doch dann entwickelt der Gecko einen gewaltigen Durst. So begnügt er sich im Schnitt mit 13 - 14 Litern Diesel pro 100 km.

Apropos Diesel. Es ist immer wieder eine Freude, an eine der zahlreichen Tankstellen zu fahren. Bisher haben wir zwischen 31 und 35 Rubel pro Liter bezahlt. Das entspricht ungefähr 63 Cent.  :-)  Das Tanken ist allerdings immer wieder mal ein geheimnisvoller Vorgang. Einmal lief es so ab, wie in Deutschland üblich. Also Fahrzeug betanken, zur Kasse schreiten und bar oder per EC- bzw. Kreditkarte bezahlen. Wir nutzten hier bisher immer die DKB-Kreditkarte völlig problemlos. An den meisten Tankstellen hier ist es aber so, dass man zuerst an die Kasse geht, sagt, was und wie viele Liter man kaufen möchte bezahlt und wieder zum Auto geht. Dann ist genau diese Menge freigeschaltet und der Tankvorgang wird genau bei der bezahlten Menge beendet. Man muss also möglichst genau wissen, wieviel man braucht. Vorgestern gehe ich also wieder zu einer Tankstellenkasse, nenne die Nummer der Zapfsäule und wünsche 80 Liter. Die junge Dame schüttelt den Kopf und schnattert wie wild los, wohl der Meinung, ich würde alles verstehen, bloß weil ich die zwei Zahlen auf russisch genannt hatte. Schließlich kam sie mit verzweifelter Miene mit mir nach draußen, steckte die Zapfpistole in die Tanköffnung des Gecko und nahm mich wieder mit nach drinnen. Dann folgte der normale Zahlvorgang per Karte. Was mir dabei immer wieder auffällt, ist die scheinbare Unfreundlichkeit der Russen. Nicht nur an der Tankstelle, sondern im Supermarkt an der Kasse ebenso wie im kleinen Tante-Emma-Laden. Dass die Sprache poltrig klingt, wissen wir ja, aber diese mürrischen Gesichter wundern uns immer wieder. Erst, wenn man mit ihnen ein wenig ins Gespräch kommt (soweit das mit meinen rudimentären Sprachkenntnissen möglich ist), tauen sie etwas auf. Selbst wenn man jemanden grüßt, kommt kaum mal ein Lächeln zurück. Vielleicht finden wir noch heraus, woran das liegt.

Nach der kurzen Nacht in Ishim legten wir eine Kurzetappe von nur 186 km ein und fuhren bis Tyukalinsk. Dort stellten wir uns gleich freiwillig auf einen Trucker-Parkplatz, der diesmal sogar asphaltiert war (die absolute Ausnahme!), denn in den Sumpfgebieten findet man keinen Parkplatz in der Natur. Wir stellten uns in die äußerste Ecke, um die großen Brummer nicht zu behindern. Etwa 20 m vor uns stand ein PKW-Kombi mit geöffneter Hecktür. Ein LKW-Fahrer schlenderte hinüber, verhandelte kurz und kehrte mit einem Päckchen so groß wie zwei Zigarettenschachteln zurück. Dieser Vorgang wiederholte sich innerhalb kurzer Zeit mehrmals, natürlich immer mit neuen Kunden. Der "Verkäufer" beäugte uns argwöhnisch. Wir saßen in unseren bequemen Campingstühlen und sonnten uns, als ein PKW demonstrativ auf uns zurollte und neben dem Gecke stehenblieb. Während der Fahrer in ein Funkgerät sprach (große Antenne auf der Heckklappe) und dabei finster dreinschaute, musterte er uns und den Gecko sehr kritisch, rollte aber dann ohne einen Ton davon. Vorsichtshalber hatte ich schon mal die Dashcam demontiert, die normalerweise hinter der Frontscheibe befestigt ist,.Danach fuhren noch zwei weitere Wagen mit Funkantennen direkt an uns vorbei. Danach wurden wir absolut nicht mehr beachtet. Der Handel florierte, wobei inzwischen ein anderer Händler das Geschäft übernommen hatte. Uns war schon etwas mulmig. Was lief hier ab? Wurde hier im großen Stil gedealt? Zumal die Trucks sofort nach ihrem Einkauf wider davon rollten. Uns musste es egal sein. Mit Einbruch der Dunkelheit füllte sich der Parkplatz innerhalb kurzer Zeit bis auf den letzten Platz mit Trucks, so dass wir uns doch einigermaßen sicher fühlten. Entweder war alles wirklich völlig harmlos, oder wir wurden als unwichtig oder ungefährlich eingestuft, denn niemand behelligte uns.


Seitenstraße in Tyukalinsk
Seitenstraße in Tyukalinsk
Es gibt auch hübsche Häuschen hier




Auch der folgende Tag wurde zum reinen Fahrtag. Wir durchfuhren die Großstadt Omsk auf katastrophalen Straßen. Auch hier werden wie in jeder russischen Großstadt riesige Wohnblocks gebaut. 540 km schafften wir durch immer die gleiche Landschaft. In Barabinsk erwischten wir einen ganz üblen Parkplatz. Von der Stelle, die wir uns ausgesucht hatten, wurden wir verwiesen, da dort nur die "Großen" parken dürfen. Wir durften uns dann direkt neben eine Baracke stellen, in der irgendwelche Maschinen in unregelmäßigen Abständen laut vor sich hinbrummten. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit fielen Myriaden von Mücken über uns her. Da half nur die Flucht ins Auto. Glücklicherweise hatten wir schon am Vorabend das Moskitonetz in der Hecktür befestigt. Die Raststätte, zu der der Parkplatz gehörte, schien zusätzlich ein Puff zu sein. Erst gegen 1 Uhr in der Nacht kehrte ein bisschen Ruhe ein.


  • riesige Felder benötigen auch riesige Landmaschinen


Heute, also am 20. Mai 2015, rollte es wieder hervorragend bei wunderschönem Wetter. Novosibirsk, die mit 1,7 Millionen Einwohnern größte Stadt Sibiriens und drittgrößte Stadt Russlands, umfuhren wir weiträumig. Endlich, endlich änderte sich die Landschaft etwas. Es tauchten auch mal ein paar Nadelbäume auf, die Straßen wurden wieder kurviger und es ging sogar mal leicht bergauf. Von Moskau bis hierher bewegten wir uns immer in Höhen zwischen 50 m und maximal 170 m. Damit wächst auch die Hoffnung auf schönere Stellplätze.

Wir steuerten das kleine Städtchen Moshkova an, in dem vor zwei Jahren Bekannte von uns einen Stellplatz fanden. Jutta nutzte die Gelegenheit zu einem Friseurbesuch. Waschen und Föhnen waren angesagt, Schneiden kam hinzu. Sie wollte ihr langes blondes Haar nur wenig gekürzt haben. Als sie zurück kam, erkannte ich sie kaum wieder. Die Haare sind nun mindestens 10 cm kürzer. Ein etwas gewöhnungsbedürftiger Anblick... Na ja, hat auch bloß 470 Rubel (rund 8,50 Euro) gekostet.

Nach diesem Schock fuhren wir noch ein paar Kilometer weiter, weil es uns in dieser Stadt nicht gefiel. Wir fanden ein wunderbares Fleckchen. Wieder mal eine Wiese am Waldrand, leider mit einem riesigen Nachteil. Innerhalb von fünf Minuten war ich von den riesigen Mücken total zerstochen. Jutta blieb natürlich verschont... Was soll man dazu noch sagen...

Nun sitze ich schon seit zwei Stunden hier im Auto hinterm Moskitonetz und schreibe. Und was passierte jetzt eben? Obwohl wir hier so völlig versteckt stehen, kommt eben ein junger Mann vorbeigelaufen. Er fragte irgendwas. Ich erklärte ihm, dass ich nix verstehe, und er zog lächelnd (!) wieder ab. Das ist wirklich verrückt. Bisher war es an jedem Stellplatz so, auch wenn er noch so versteckt war, dass innerhalb kurzer Zeit jemand auftauchte. Und das, obwohl das Land so riesig groß ist..

Zum Schluss für heute noch eine Zahl: 7120 km haben wir auf unserer bisherigen Reise zurückgelegt.




"Gute Reise" wird sehr oft gewünscht
ich hasse diese Plagegeister !!!