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Mittwoch, 15. Juli 2015

Festgesetzt in der Mongolei

12. Juli 2015

Die Kälte riss uns aus dem Schlaf. 2 Grad zeigte das Thermometer am Morgen an und die umliegenden Berge hatten sich über Nacht eine frische Schneekappe aufgesetzt.

frischer Schnee

Ohne Eile fuhren wir die paar Kilometer bis zum Grenzdorf. Vor uns hielt ein Mercedes Sprinter mit französischem Kennzeichen. Er wendete und hielt direkt neben uns. "The border is closed", sagte er. Ein Einheimischer tauchte auf und erklärte uns, dass die Grenze wegen des Naadam-Festes vom 11. bis 15. Juli geschlossen bleibt. Wenn wir 300000 Tögrög (ca. 150 Euro!) zahlen würden, könne er mit den Beamten telefonieren und uns über die Grenze bringen. Glücklicherweise fragten wir mehrfach, wann das passieren würde. Na am 16. Juli, wenn die Grenze wieder offen ist. Hallo? Wofür sollen wir dann bezahlen? Ja, dann stünden ganz viele Autos hier, und an denen würde er uns vorbei bis ganz nach vorne bringen. Auf dieses windige Geschäft ließen wir uns natürlich nicht ein.

im Grenzdorf




Eigentlich ist es unglaublich, dass wegen eines Nationalfeiertages fünf Tage alle Grenzübergänge geschlossen werden (für Ausländer gibt es eh nur zwei). Wir haben es nicht eilig. Die Franzosen müssen aber morgen ausreisen. Sie sehen es recht gelassen.

Gemeinsam mit ihnen fuhren wir 100 km zurück nach Olgii, hoben dort noch mal etwas mongolisches Geld ab und tankten auch noch mal. Weitere 45 km südlich fanden wir am malerischen See Tolbo Nuur einen schönen Stellplatz. Auf der Fahrt dahin fiel mir erstmals auf, dass der Gecko an Steigungen schwarze Rauchwolken von sich gab und ihm die Berge erhebliche Mühe bereiteten. Also säuberte ich den Luftfilter, der ziemlich mit Staub zugesetzt war. Ich vermute aber, dass wir diesmal wirklich schlechten Diesel bekommen haben. Mal sehen, wie sich der gereinigte Luftfilter auswirkt.

in Olgii



13. bis 14. Juli

Gecko reinigen (war dringend nötig, da sich der Staub bis in die hintersten Winkel festgesetzt hatte), Fotos bearbeiten, Blog schreiben, Artikel für die Oberhessische Zeitung schreiben und natürlich relaxen war an beiden Tagen angesagt. 

Eine hübsche Mongolin mit ihren zwei kleinen Kindern besuchte uns und interessierte sich für alles. Kurz nachdem sie uns verlassen hatte, pirschten sich zwei aufgeweckte kleine Mädchen an. Ohne Scheu stellten sie sich zu uns und sahen uns beim Eierkuchen backen zu. Natürlich erhielten auch sie ihren Anteil. Sie trollten sich und tobten kurz darauf wie junge Bergziegen in den Felsen über unserem Stellplatz herum. Uns stockte regelrecht der Atem, aber sie sind es anscheinend gewöhnt.

Am Abend kam der vermutliche Vater der Kinder mit noch so einem schwarzhaarigen Winzling. Auch er bestaunte den Gecko. Dabei entdeckte er unsere Wodkaflasche und bat sofort um "Sto Gramm" (hundert Gramm, das normale Maß hier in der Mongolei wie auch in Russland). Er amüsierte sich köstlich über unsere winzigen Plastik-Becher, die nicht viel mehr als einen Fingerhut fassen. Bevor er trank, verspritzte er mit den Fingern den Wodka in alle vier Himmelsrichtungen: für die Sonne, für den Himmel, für die Berge und für Allah. Damit konnten wir gut einverstanden sein.

am See Tolbo Nuur

Marie-Claude und Patrick aus Frankreich





der neue Dschingis Khan?  ;-)

Werbung für Alsfeld in der Mongolei

zwei neugierige Naschkatzen



15. Juli 2015

Auf der Fahrt zurück nach Olgii qualmte der Gecko immer noch ein bisschen, zeigte sich aber nicht mehr so schwächlich. Also hat die Reinigung des Luftfilters doch etwas gebracht. Ob der Rauch durch schlechten Diesel verursacht wird, merken wir spätestens nach der nächsten Tankfüllung in Russland.

Basar in Olgii




Jetzt sitzen wir im türkischen Restaurant "Pamukkale", einem Treffpunkt für Reisende aus aller Welt, haben gut und günstig gegessen und regeln alle Internet-Angelegenheiten. Heute Abend fahren wir zu dem Grenzdorf und werden auch dort schlafen. Wir werden sicher nicht die Einzigen dort sein. Unsere beiden Franzosen haben wir auch schon wieder getroffen.

Wir sind sehr gespannt, wie es morgen weitergehen wird.

Sobald wir in Russland sind und unsere SIM-Karte dort funktioniert, berichten wir wieder.

Millionen Mücken in der Wüste

9. Juli 2015

In Ulaangom verbrachten wir mehrere Stunden, um a) den Blog zu aktualisieren und b) mongolisches Geld zu bekommen. Zwei Bankautomaten funktionierten nicht, eine Bank wollte keine US-Dollars annehmen, und in der nächsten Bank stand ich länger als eine halbe Stunde an. Anschließend verließen wir die Stadt schnell, die genau so hässlich und gesichtslos ist wie wohl die meisten mongolischen Städte und erfreuten uns an 37 km recht ordentlicher Asphaltstraße. Was für ein Gefühl nach tagelangem Herumgeholpere auf den üblen Wellblechpisten.

Danach ging es wieder auf die Piste, die jedoch ganz gut befahrbar war. Sie führte uns erst über einen Pass in fast 2000 m Höhe, dann über eine wunderbar grüne Hochebene und einen weiteren Pass. Von da aus sahen wir schon einen Zipfel des türkisblau blinkenden Uureg Nuur. Wir konnten es kaum erwarten, ihn in voller Größe bewundern zu können. Und dann lag dieser traumhaft schöne See vor uns. Das Wasser leuchtete in so intensivem Türkis, dass es schon fast unnatürlich wirkte. Die dahinter dunkelbraun aufragenden Berge betonten dieses Farbspiel noch besonders.

hinauf bis auf fast 2000 m Höhe

im mongolischen Teil des Altai-Gebirges






Wir brauchten nicht lange, um den Stellplatz zu finden, den uns zwei Deutsche in Ulaangom empfohlen hatten. Geschützt durch zwei felsige Hügel standen wir am Südufer nur wenige Meter vom steinigen Strand entfernt. Das glasklare Wasser plätscherte in kleinen Wellen über die rundgeschliffenen Steine. Leider fanden wir auch hier wieder, wie schon im ganzen Land, eine große Menge Müll und Unrat vor. Hier in der Mongolei ist es fast noch schlimmer als in Russland. Akzeptieren kann man das einfach nicht. Wir versuchen es zu ignorieren, auch wenn es schwerfällt.

Trotz dieses Wermutstropfens beschlossen wir spontan, auch noch den nächsten Tag hier zu verbringen.

am See Uureg Nuur

noch schöner kann man kaum stehen

einfach nur genießen...

Gegen Abend trabte ein junger Mongole mit seinem Pferd herunter zu uns. Eine sprachliche Verständigung erschien unmöglich, trotzdem „unterhielten“ wir uns prächtig. Ein offenes Lächeln hilft bei solchen Gelegenheiten immer. Er bat uns um Trinkwasser. Wir gaben ihm noch ein halbes Brot dazu, woraufhin er seinen Proviantbeutel auspackte und uns von seinem Käse anbot. Vermutlich war es eine Art Schafskäse, der aber recht säuerlich schmeckte. Er bedankte sich herzlich und ritt winkend und mit einem Lachen in den Abend.

abendlicher Besuch




10. Juli 2015

Wiederum weckte uns herrlicher Sonnenschein. Am Vormittag kletterten wir auf einen der umliegenden Hügel. Von da aus bot sich uns ein grandioser Überblick über den gesamten See und die ihn umgebenden kahlen Berge. In weiter Ferne überragt ein schneebedeckter Gipfel die Szenerie. In vier, fünf Kilometer Entfernung standen acht neue Hütten mit knallroten Dächern und einige Jurten. Sicher ein neues Touristen-Camp. Trotz der relativ großen Entfernung drang die laute Popmusik bis zu uns und störte die herrliche Ruhe dieser majestätischen Landschaft. Wenn die Mongolen das unter Tourismus verstehen, werden sie wohl kaum Erfolg damit haben.

Nach der kleinen Wanderung war Wäsche waschen angesagt. Unser schwarzer Gummi-Wassersack sorgte wieder erfolgreich für reichlich warmes Wasser und die vom blauen Himmel brennende Sonne für schnelle Trocknung.

trotz Trockenheit und kargem Boden: winzige Blümchen

Waschtag

Am Nachmittag trudelte eine ganze Horde Touris ein (wahrscheinlich Franzosen), die mit einem russischen LKW und mehreren Zelten reisen.Damit war es vorbei mit Einsamkeit und Ruhe. Schade...

Später zogen dunkle Wolken auf und es begann zu stürmen. Grund genug, beizeiten schlafen zu gehen.


11. Juli 2015

Was für ein Tag! Er begann damit, dass uns in stockdunkler Nacht der Sturm wachrüttelte. Er riss und zerrte an der Zeltbahn unseres Klappdachs, dass wir fürchteten, dass es Schaden nimmt. Es half alles nichts, wir mussten raus aus den Schlafsäcken. In Windeseile (Achtung Wortspiel, passend zum Sturm!) sicherten wir erst mal das Klappdach. Morgentoilette und Frühstück fielen recht knapp aus, so dass wir schon gegen 6:30 Uhr aufbrachen. Natürlich hatte sich bis dahin der Sturm gelegt...

stürmischer Abschied vom Uureg Nuur



Nur noch rund 160 km sollten es bis zur russischen Grenze sein. Die Hoffnung, dass die gute Piste sich fortsetzen würde, zerstob bald. Es rumpelte und krachte wieder, wie wir es nun die ganzen vorangegangenen Tage erleben mussten. Ehrlich gesagt, sind wir ziemlich pistenmüde. Diese Fahrerei erfordert ständig volle Konzentration. Eine einzige Unaufmerksamkeit kann erheblichen Schaden am Fahrzeug verursachen! Aber ich bewege unseren Gecko so schonend wie nur irgend möglich. Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste...

Nach einem Pass verzweigte sich die A16 (was für eine stolze Bezeichnung für so eine Piste!) in zwei Arme. Das eine Navi meinte, wir sollten nach links fahren, das zweite Navi wählte die rechte Spur. Nach einigem Zögern fuhren wir nach links, da diese Spur häufiger befahren schien. Eine riesige dunkle Ebene lag vor uns. Sie entpuppte sich als reine Steinwüste. So etwas hatten wir noch nicht gesehen. Grauer Schotter rundum bis zu den weit entfernt aufragenden Bergen, auf denen teilweise sogar noch Schnee lag. Das Fahren auf diesen bis apfelgroßen, mitunter scharfkantigen Steinen machte echt keinen Spaß. Das Auto ächzte und stöhnte, dass es einem in der Seele weh tat. Doch dann fesselte eine seltsame rote Felskette unsere Aufmerksamkeit. Lange dauerte es, bis wir uns ihr näherten. Diese rotbraunen zerklüfteten Felsen ragten in den blaugrauen Himmel und wirkten irgendwie faszinierend. Natürlich musste da ein Fotostopp sein. Doch der verging uns blitzartig. Wie Furien stürzten sich riesige Mücken und grün schillernde Bremsen auf uns. Und das mitten in der Wüste! Unglaublich! Der Grund war ein kleiner Fluss, der hinter den Felsen durch die Landschaft plätscherte.




Wir erreichten das Dorf Bökhmörön, das wie ausgestorben wirkte. Keine Menschenseele ließ sich blicken. Kein Wunder bei diesen blutrünstigen Monstern in dieser Gegend. Mit Mühe fanden wir den richtigen Ausgang aus diesem eigenartigen Ort.

Drei Flüsse lagen nun auf den nächsten Kilometern vor uns. Der erste erwies sich als leicht zu befahren. Mehr hatten wir auch nicht erwartet, denn fast alle Flüsse, die wir bisher querten, war ausgetrocknet, da es dieses Jahr einfach nicht regnen will. Daher staunten wir nicht schlecht, als wir vor dem zweiten Fluss standen. Der rauschte mit ordentlicher Geschwindigkeit und vielleicht 15 Metern Breite vor uns dahin. Was half's, ich musste erst mal durchwaten. Das war schon nicht so einfach. Obwohl mir das Wasser maximal bis zu den Knien reichte, riss es mich mehrmals fast um. Wasser hat eben doch eine gewaltige Kraft. Mir kamen ernste Zweifel, ob unser Gecko diese Fluten bezwingen könnte. Nach langem Überlegen beschlossen wir, bis zu dem fraglichen Abzweig zurückzufahren, um dann die rechte Spur zu versuchen. Diese war in der Karte immerhin gelb eingezeichnet (im Gegensatz zur weißen linken Spur). Das bedeutete ca. 70 km Umweg. Aber wir wollten eben kein Risiko eingehen.

sieht nicht so spektakulär aus, aber das Wasser schoss nur so dahin

Das nächste Problem ergab sich nun mit unserem Dieselvorrat. Würde er trotzdem reichen? Also suchten wir unsere letzten mongolischen Tögrög zusammen und suchten die Tankstelle im Ort. Diese bestand aus einer Zapfsäule und einem winzigen, verfallenen Häuschen am Ortsrand. Niemand da. Also zurück ins Dorf. Ein Mongole mit einem russischen Geländewagen brachte uns dann zum Haus der Tankwartin und fuhr diese gleich zur Tankstelle. 21000 Tögrög wechselten den Besitzer, und wir hatten 10 Liter Diesel mehr im Tank. Ein beruhigendes Gefühl.

Also wieder zurück durch diese hässliche Steinwüste, die wir dann ein drittes Mal durchqueren durften, weil die rechte Spur natürlich auch darüber führte. Die Piste wurde immer schlechter und war manchmal kaum noch erkennbar. Mir schwante Schlimmes. Warum wohl fährt hier kaum jemand lang? Vermutlich, weil der Fluss nicht passierbar ist. Und genau so war es dann auch. Regelrechte Stromschnellen und mehrere Flussarme versperrten uns den Weg. Was nun? Hier kommen wir nie und nimmer rüber.

Steinwüste

Wir fanden eine Abkürzung zu der Stelle, an der ich schon vor drei Stunden den Fluss durchwatet hatte. Hätten wir die schon vorher gekannt, hätten wir uns den riesigen Umweg und zwei Mal Steinwüste sparen können. Nun erschien es uns doch einfacher, hier den Fluss zu überqueren. Wohl war uns dabei nun wirklich nicht, da wir ja keinerlei Erfahrung hatten, wie der Gecko sich in solch starker Strömung verhalten würde. Also nahmen wir allen Mut zusammen, schalteten den Allradantrieb und die Untersetzung ein, und ab ging es ins kühle Nass. Jutta vergaß vor Aufregung sogar zu filmen. Das Wasser gurgelte erst unter uns und dann fast neben uns. Der Gecko schob sich wie ein Panzer durch das brodelnde Wasser. Atem anhalten an der tiefsten Stelle, und schon kletterte unser Auto ans andere Ufer. Wir schnauften durch und waren happy! Unsere erste richtige Flussdurchquerung war geglückt!

Also Allrad wieder raus und weiter. Schotter und Kies zeugten davon, dass der Fluss hier auch mal alles überfluten kann. Nun wartete der dritte Fluss auf uns. Der war dann wieder überhaupt keine Hürde. Dachten wir! Der Fluss war praktisch fast ausgetrocknet. Doch nach dem Flussbett lag Sand, tiefer, nasser Sand, wie ich zu spät bemerkte. Vier, fünf Meter, und wir steckten fest. Keine Panik, wieder Allrad rein, Untersetzung dazu, ein paarmal vor und zurück, und wir konnten weiter. Jutta, die das Geschehen mit der Videokamera aufnahm, wäre von den Stechviechern fast gelyncht worden.

kurzzeitig festgefahren

Damit hatten wir auch den dritten Fluss hinter uns gelassen. Zur Belohnung fuhren wir durch ein wunderschönes Tal immer höher hinauf. Ein Gebirgsbach plätscherte, immer mehr Jurten schmiegten sich ins Tal, und die Piste ließ sich auch ganz gut befahre. Was für eine Erholung!

Nun stehen wir in fast 2300 Meter Höhe ca. 5 km vor der russischen Grenze. Es ist verdammt kalt. Das Thermometer zeigt nur noch 8 Grad. Und es regnet! Das hatten wir in mehr als elf Wochen unserer Reise bisher nur äußerst selten.

Wir sind gespannt, wie es uns morgen an der Grenze ergehen wird. Und wir freuen uns auf Russland, weil es dort endlich wieder vernünftiges Brot zu kaufen gibt (hoffen wir zumindest!).

Freut Euch auf den nächsten Bericht.


Ach, noch was zum Schluss. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen bedanken, die Kommentare zu unserem Blog geschrieben haben. Da weiß ich wenigstens, dass meine Texte gelesen werden und ich sie nicht umsonst schreibe. Also, vielen Dank für Eure lieben Worte :-)