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Samstag, 14. Januar 2017

Freude und Ärger

Zwei Tage, nachdem wir Erg Chegaga verlassen hatten, erreichten wir die berühmte Dades-Schlucht. Für das letzte Stück dorthin hatten wir einen guten Tipp bekommen. Wir fuhren also nicht auf der N10 direkt bis nach Boumalne-de-Dades, von wo man auf der R704 zur Schlucht gelangt, sondern wir bogen schon 25 km vorher in dem kleinen Ort El-Kelaa-des-Mgouna nach Norden ab.





nur selten zeigten sich Tiere
im Hintergrund grüßen die Berge des Hohen Atlas


hier sieht man deutlich, dass die Häuser aus Lehm gebaut werden, der mit Kieselsteinen und Stroh vermengt wird

Teppichknüpferin bei der Arbeit


Eine schmale Asphaltstraße führte uns wieder durch zwar karges, aber trotzdem wunderschönes Land immer weiter bergan. Nach 10 km wurde die Orientierung in einem winzigen Dorf etwas schwierig. Auf einer sehr holprigen Piste, die steil hinauf in die roten Berge führte, kehrten wir schon nach wenigen hundert Metern wieder um. Sie erschien uns einfach zu riskant. Wieder unten im Dorf trafen wir auf ein junges französiches Pärchen, das ebenfalls nach dem Weg suchte. Ein Einheimischer erklärte uns den weiteren Weg und meinte, die Franzosen könnten es evtl. schaffen mit ihrem kleinen Peugeot. Sie hatten weder Karte noch Navi, weshalb wir ihnen anboten, uns zu folgen.

Um es vorwegzunehmen: die beiden mutigen Franzosen schafften es tatsächlich, ihren kleinen PKW über die manchmal sehr holprige und steinige Piste zu manövrieren. Ihr Auto trug allerdings leichte Blessuren davon. Allerdings erlebten sie und wir wieder eine einmalig schöne Bergwelt. Auf über 1500 m Höhe holperten wir dahin. Mal überragten uns rostrote Bergriesen, dann wieder überwog Schwarz.

Erstaunlicherweise leben selbst in dieser absoluten Einöde Menschen. Ihre Ziegen und Schafe finden selbst in dieser fast vegetationslosen Landschaft immer noch etwas Essbares. Einige Male rannten uns von weit entfernt liegenden Hügeln kleine Kinder entgegen. Schon von Weitem bettelten sie nach Bonbons, Kugelschreibern oder Geld. Es zerreißt einem fast das Herz, sie immer wieder abzuweisen, doch man hilft ihnen ja nicht wirklich, wenn man ihnen etwas gibt.

auf dem Weg zur Dades-Schlucht



die beiden mutigen Franzosen mit ihrem kleinen Peugeot


Die netten Franzosen waren heilfroh, als sie wieder Asphalt unter den Rädern hatten. Wir fanden einen Stellplatz neben einem schäbigen Restaurant und wussten noch gar nicht, an welch interessantem Ort wir uns befanden. Dies erklärte uns am nächsten Morgen ein Schotte, der sich dort bestens auskennt. Die eigenartig zerklüfteten Felsformationen direkt vor uns bestehen aus vulkanischem Gestein, die hohen Berge dahinter aus Sedimentgestein. Erstere gehören zur europäischen (???) Kontinentalplatte, letztere zur afrikanischen. Beide stoßen hier zusammen. Aber die europäische Kontinentalplatte in Marokko?

im Vordergrund Vulkangestein, dahinter Sedimente

Die Fahrt durch das Dades-Tal stellte sich als das nächste Highlight heraus. Wobei uns weniger die engste Stelle der Schlucht beeindruckte, wo die senkrechten Felswände bis auf wenige Meter zusammen rücken, sondern die Serpentinen, die in atemberaubender Linienführung förmlich an einer fast senkrechten Felswand kleben. Nach Msemrir führt eine Piste weiter hinauf in die Berge. Nach einigen Kilometern mussten wir jedoch umkehren, weil die Strecke weiter oben wegen zu viel Schnee nicht mehr passierbar war.

Hier oben auf über 2000 m Höhe arbeiteten die Menschen schon fleißig auf ihren kleinen Feldern. Obwohl an schattigen Stellen noch Schnee lag, liefen manche Kinder barfuß herum. Gewohnheit oder bittere Armut?

Eigentlich wollten wir als Alternative nun die Piste über die Berge hinüber zur Todhra-Schlucht nehmen, doch dafür war es eindeutig schon zu spät. Ein Stuttgarter, der die Route am Tag zuvor gefahren war, meinte, sie wäre extrem hart. Rund 40 Kilometer, aber es war schon nach 16 Uhr. Im Dunklen dann auf weit über 2500 m Höhe vielleicht hängenzubleiben, war uns zu heikel. So fuhren wir wieder hinunter bis auf die N10 und dann noch bis Tinghir, wo wir im Camp „Atlas“ einen schönen Stellplatz unter vielen hohen Palmen fanden.



Höhlenwohnungen




Gärten in Boumalne-de-Dades

Die Todhra-Schlucht ist zwar auch schön, aber beeindruckte uns nicht mehr so sehr, zumal dort alles sehr touristisch ist und es von Händlern nur so wimmelt.

Todhra-Schlucht

Am 10. Januar erreichten wir zuerst über die N10 und später die R702 auf stets guten Asphaltstraßen nach 240 km Erg Chebbi. Leider gab es in der Nähe von Erfoud einen Zwischenfall, über den wir uns mächtig geärgert haben. Beide Navis wiesen uns eine Strecke, mit der Rissani umfahren werden sollte. Dabei gerieten wir in ein Dorf, wo die Gassen immer enger wurden, bis es schließlich zwischen Häusern und Palmen einfach nicht mehr weiterging. Im Nu tobte eine Meute Kinder um uns herum. Ich wendete auf engstem Raum. Von allen Seiten schlugen die Schreihälse gegen das Auto. Zwei oder drei sprangen auf die Heckstoßstange, klopften gegen die Scheiben, und dann gab es ein dumpfes Geräusch, das nicht gut klang.

Erst einige Kilometer später besahen wir uns den Schaden. Mit einem Stein hatten die Kinder die linke Heckscheibe zerschlagen. Glücklicherweise hält die Panzerfolie, die hinter allen Scheiben klebt, die Scherben zusammen. Inzwischen habe ich die Scheibe auch von außen mit Panzertape doppelt gesichert. Wir hoffen, dass sie bis nach Hause ganz bleibt. Es ist schon eine Überlegung wert, die Heckscheiben durch stabile Bleche zu ersetzen.

zerschlagene Heckscheibe
mit Panzertape geheilt
kaum angekommen, schon sind die ersten Händler da :-(
keine Lust mehr auf Touristen...

Das im Kohlbach-Reiseführer so gelobte Camp „Kasbah Erg Chebbi“ empfanden wir als einfach nur „bescheiden“. Die erste Nacht standen wir wunderschön zwischen den gelben Sanddünen. Am zweiten Tag mussten wir jedoch direkt neben das Gebäude umziehen, da den ganzen Tag ein Sandsturm am Auto rüttelte. In einem hübschen Raum mit Teppichen und Sitzkissen warteten wir den Sturm ab. Draußen war die Luft gelb vom Sand und Staub. Ein Angestellter meinte, das wäre manchmal noch viel schlimmer. Es blieb nicht aus, dass wir auch mal die Toilette nutzen mussten. Eine Beschreibung erspare ich Euch und mir. Wir sind schon nicht zimperlich, aber so verdreckte und vollgesch... Toiletten haben wir noch nicht gesehen.

am Erg Chebbi

wir warten auf das Ende des Sandsturms

am nächsten Tag

Nur 35 km weiter südlich suchten wir uns einen neuen Stellplatz mitten in den Dünen des Erg Znigue. Diese Dünen sind nicht ganz so hoch wie die des Erg Chebbi, aber genau so schön. Hier stehen wir seit gestern (12.1.) und genießen endlich die Sahara. Totale Ruhe, keine nervenden Händler und bettelnde Kinder. Sonne pur, mittags ca. 23 Grad, allerdings bläst immer mal ein kalter Wind. Wir sammelten seltsam gefomte Steine, wunderten uns über stachlige Samen, die an unseren Schuhen und den Reifen haften und freuten uns über die Dromedare, die am Nachmittag an uns vorbei liefen.

Morgen früh wird es wieder sehr kalt sein (so um null Grad), aber sobald die Sonne über die riesigen Sanddünen steigt, wird es wieder angenehm warm.


Ab morgen geht es nur noch gen Norden weiter, also in Richtung Heimat. Was wir dabei erleben und wie wir über den Hohen Atlas kommen, erfahrt Ihr im nächsten Bericht. Also bleibt schön neugierig...


am Erg Znigue

wer mag das gewesen sein?


unsere neuen Spikes-Reifen ;-)