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Mittwoch, 29. Juli 2015

Nach Kasachstan nun Kirgistan

24. Juli 2015 (Fortsetzung)

Es war schon fast Mittag, als wir Rubtsovsk in Richtung kasachischer Grenze verließen, nachdem ich den letzten Blogeintrag fertiggestellt hatte.

An der Grenze standen wir vor einer roten Ampel und wussten zunächst nicht, was zu tun ist. Binnen weniger Minuten sammelten sich hinter uns weitere fünf oder sechs Autos an. Plötzlich schaltete die Ampel auf Grün und ein Beamter winkte uns zu sich. Er schickte uns zuerst zur Passkontrolle, die völlig problemlos in einem klimatisierten Raum (was für eine Wohltat bei der Hitze draußen!) ablief. Anschließend musste Jutta sich in einem speziellen Bereich für Passagiere aufhalten, während ich am Auto vom Zollbeamten erwartet wurde.

Offenbar das einzige englische Wort, das er beherrschte, war „open“. Und das benutzte er gerne und oft. So durfte ich alle möglichen Schränke und Fächer öffnen. Neugierig schaute er da und dort hinein, nutzte dabei auch mal einen Spiegel, um in die letzte Ecke blicken zu können.

Als ich dachte, jetzt reicht es endlich, sollte ich auch noch die Dachbox öffnen. Was half's, ich musste auch noch aufs Dach hochklettern. Ich klappte den Deckel der Box auf, der Beamte stand unten und versuchte, per Spiegel den Inhalt der Box zu erkunden. Dabei sah er wohl nicht allzu viel und wollte nun wissen, wie er auch aufs Dach käme. Na wie wohl, er müsste genau so wie ich an der Seite über die Sandbleche nach oben klettern wie ich. Das war ihm dann wohl doch zu sportlich. Er stellte sich auf den Türschweller, brachte gerade mal so seine Nase über die Oberkante der Dachbox und sagte dann, na was wohl? Richtig: „open“. Er hatte den Karton erspäht, der die Gaskartuschen enthält.

Dann hatte er offensichtlich genug gesehen und verschwand ohne ein Wort. Ein zweiter Zöllner bestätigte mir dann per Kopfnicken, dass alles erledigt sei, Und schon fuhren wir ein kleines Stück bis ans Tor zu Kasachstan. Ein Uniformierter deutete auf ein nahegelegenes Gebäude, das die Passkontrolle beherbergte. Das war auch in Nullkommanix erledigt, also weiter zum Zoll. Der Gecko holperte über eine Baustelle. Der Zöllner sah das Auto, dann uns und unsere Pässe. „Ah, Germania, okay!“ Er lächelte, gab uns die Pässe zurück, und wir fuhren nach Kasachstan hinein. Keine 50 Minuten hatte die ganze Prozedur gedauert. Na bitte, geht doch...

Für uns stand von vornherein fest, dass wir Kasachstan nur als Transitland nutzen würden und geradewegs durchfahren würden. Schon wenige Kilometer nach der Grenze wussten wir, was kasachische Steppe bedeutet. Du stellst dich an einen beliebigen Punkt, drehst dich einmal um dich selbst und siehst außer dem perfekt waagerechten Trennstrich zwischen weißblauem Himmel und gelbbraunem Gras nichts anderes. Na klar, die Straße und das Auto. Ansonsten ist da wirklich bis zum Horizont einfach nichts. Einzig die Luft flimmert in der Hitze.

Regen über der Steppe
endlose Weite

Irgendwann tauchten erste flache Hügel auf und in gerader Reihe gepflanzte Bäume. Diese Baumreihen sollen offensichtlich den Boden und das wachsende Getreide vor Stürmen schützen. Riesige Felder, die sich bis zum Horizont dehnen, wie in Russland, beeindruckten uns. Und dann sahen wir das erste Feld mit blühenden Sonnenblumen. Einfach unglaublich, ein Meer von in der Nachmittagssonne leuchtenden gelben Sonnenblumen. Einfach wunderschön!

Auf einem Feldweg einen Kilometer neben der Fernstraße fanden wir unseren ersten Stellplatz in Kasachstan. Natürlich dauerte es auch hier keine Viertelstunde, bis der erste Lada vorbeituckerte. Ansonsten hatten wir jedoch unsere Ruhe. Was wir jedoch bis jetzt immer noch nichtgenau wissen: Was wird auf den Feldern in dieser Gegend angebaut? Es ist ein weiß blühendes, unscheinbares Kraut, ebenfalls auf Quadratkilometer großen Feldern. Vielleicht kann uns jemand darüber aufklären. Wir würden uns darüber freuen. Unsere Vermutung: Buchweizen.

Buchweizenfeld?


25. Juli 2015

Ein reiner Fahrtag, an dem wir 524 km auf mitunter sehr schlechter Straße schafften. Die Hitze machte uns ganz schön zu schaffen. Irgendwo unterwegs in einem kleinen Städtchen zeigte ein Thermometer 38 Grad. Im Auto sind es dann noch ein paar Grad mehr. Eine Klimaanlage wäre jetzt nicht schlecht...

Noch schlimmer aber sind die Straßen hier in Kasachstan. Mal lässt es sich ein paar Kilometer ganz gut fahren, doch dann setzen wieder diese verdammten Querrinnen ein. Aller acht oder zehn Meter verläuft eine ca. 40 cm breite und vielleicht drei oder vier Zentimeter tiefe Rinne über die gesamte Fahrbahnbreite. Du hast keine Chance auszuweichen, du musst durchfahren. Und jedesmal knallt es, Vorderachse, Hinterachse, bumm-bumm, bumm-bumm. Armes Kreuz, armes Genick.

relativ gute Straße
Immerhin wurde die Landschaft abwechslungsreicher mit Hügeln und Bergen. Kleine Highlights sind immer die Friedhöfe, die wie kleine Städte anmuten. Hier werden den Verstorbenen offensichtlich ganze Gebäude errichtet, die teilweise wie Pyramiden oder auch Moscheen anmuten.

muslimischer Friedhof

In einer kleinen Stadt zogen wir etwas Geld aus dem Bankomat und gingen anschließend im Supermarkt einkaufen. Das war lustig: Ein Supermarkt mit Bedienung wie in einem Tante-Emma-Laden. Mindestens 12 Verkäuferinnen bemühten sich bei Gluthitze um die Wünsche der Kunden. Als sie mitbekamen, dass wir aus Deutschland sind, ging dies rum wie ein Lauffeuer. Am liebsten hätten sie alle uns bedient. So nette (und hübsche!) Verkäuferinnen wünschen wir uns auch in Deutschland...

Einen Stellplatz fanden wir nahe der Straße, aber unsichtbar von da, neben einem Sonnenblumenfeld mit Blick auf schneebedeckte Gipfel. Was meint Ihr, wie nach so einem Tag das kühle Bier schmeckt.

die Landschaft wird abwechslungsreicher

prunkvolle Grabmale



26. Juli 2015

Wir fuhren bzw. quälten uns weiter über die kasachischen Straßen weiter in Richtung Almaty (Alma Ata). Hitze ohne Ende, aber das ist wohl derzeit zu Hause ganz ähnlich.


auf dem Weg nach Almaty; links Berge, rechts flache Steppe

In einer kleinen Stadt tankten wir wieder mal voll (100 Liter Diesel für umgerechnet ca. 46 Euro, da lacht das Portemonnaie). Ein Mann mittleren Alters sprach uns an und erzählte, dass seine Schwester in Deutschland lebt. Ich fragte ihn, ob er wüsste, wo wir in der Stadt Wasser für unseren Wassertank bekommen könnten (es ist mitunter recht schwierig, Wasserstellen zu finden). Er überlegte kurz und meinte dann, wir sollten ihm folgen. Zehn Minuten später standen wir auf dem Hof seines neu gebauten Hauses, ein Wasserschlauch steckte in unserem Wassertank. Weitere zehn Minuten später saßen wir im Keller des Hauses (da war es angenehm kühl und wohnlich eingerichtet) an einer großen, extra für uns gedeckten Tafel und die gesamte Großfamilie fand sich ein. Es gab Tee mit Milch (endlich mal etwas Warmes!), Gebäck, Tomatensalat, Trockenobst (Feigen, Rosinen, Äpfel,...), Brot, köstlichen Käse; es nahm kein Ende. Und irgendwie verstanden wir uns wieder mal prächtig. Wir waren gerührt, überwältigt... Wir erkundigten uns nach einer Wasserstelle, und dann das. Diese Gastfreundschaft überall, da können wir Deutschen uns ganz viele dicke Scheiben abschneiden... Zum Abschied beschenkten sie uns noch mit Tomaten und Äpfeln aus ihrem Garten. Das war wieder mal ein Höhepunkt unserer Reise.


unsere netten Gastgeber, deren Namen wir nicht mal wissen

Vielleicht 150 km vor Almaty wurde die Straße vierspurig. Ich kann es vorwegnehmen: die Baustelle reichte bis Almaty. Größtenteils war diese Autobahn nur zweispurig befahrbar, aber sie war wunderbar eben; eine Erholung für die Bandscheiben.

Am Kapchagay-Stausee suchten wir leider vergeblich nach einem Stellplatz. Kein Baum, kein Schatten, keine schöne Gegend. Obwohl uns die riesige Wasserfläche (der Stausee ist über 100 km lang) gereizt hat, zogen wir weiter. Was dann kam, verschlug uns die Sprache. Entlang der Straße standen mindestens zehn, vielleicht auch mehr, riesige Casinos. Protzige, manchmal kitschige Bauten locken mit großen Werbetafeln spielfreudige Kunden. Vielleicht soll das mal das Las Vegas von Kasachstan werden.

Je näher wir Almaty kamen, umso dicker wurden die Autos, die uns ständig überholten. Porsche Cayenne, Hummer, riesige SUV's, aber auch getunte Sportwagen donnerten an uns vorüber. Aber der gute, alte Lada ist auch noch in allen Varianten gut vertreten.

50 km vor Almaty, der ehemaligen Hauptstadt Kasachstans, fanden wir neben einem Melonenfeld einen ruhigen Stellplatz.


27. Juli 2015

Am frühen Morgen tuckert ein Lieferwagen neuerer Bauart heran. Der Fahrer erkundigt sich freundlich, woher wir kommen und wohin wir wollen. Später erklärt er uns, dass dies sein Melonenfeld sei. Wir sollten doch später, wenn wir weiterfahren, an seinem nächsten Feld vorbeikommen und ein paar Melonen mitnehmen. Und wir wollten heute früh eine Melone von seinem Feld klauen...

Natürlich fuhren wir zu seinem nächsten Feld, wo gerade die Ernte im Gange war. Vier riesige Melonen mussten wir mitnehmen, mit weniger hätte er uns nicht gehen lassen. Was, um Himmels Willen, sollen wir mit vier solch riesigen Melonen anfangen? Der Melonenbauer strahlte, und wir freuten uns über sein Geschenk. Was hätten wir uns geschämt, wenn wir bei ihm geklaut hätten...



reiche Ernte

Eigentlich wollten wir uns für Almaty einen Tag Zeit nehmen. Doch als wir dann mehr als eine Stunde im Verkehrschaos steckten und die Hitze allmählich unerträglich wurde, beschlossen wir, noch am gleichen Tag über die Grenze nach Kirgistan zu fahren. Es war unser vierter Tag in Kasachstan, spätestens am fünften hätten wir uns registrieren lassen müssen, was auch wieder eine zeitraubende Prozedur geworden wäre.


nicht nur im Vogelsbergkreis: Windräder in der Nähe von Almaty
in Almaty


gefiel uns schon in Russland: die verbleibenden Sekunden werden sowohl bei Rot als auch bei Grün angezeigt

Am späten Nachmittag bei nach wie vor glühender Hitze erreichten wir die Grenze. Es wäre sicher alles recht schnell erledigt gewesen, wenn wir nicht einen entscheidenden Fehler gemacht hätten. Ich nahm beide Pässe und ging damit zur Passkontrolle. Dort wurde mir klar, dass Jutta auch dabei sein müsste. Also wieder zurück zum Auto. Doch der Gecko war samt Jutta verschwunden. Während ich im Gebäude war, wurde das Tor geöffnet und Jutta war hineingefahren. Also gingen wir zusammen zur Passkontrolle. Menschenmassen stöhnten vor Hitze, der Schweiß lief in Strömen. Wir bekamen unsere Ausreisestempel und verließen das Gebäude. Und nun begann das Drama. Wir öffneten ein Türchen in einem Absperrgitter, um wieder zum Auto zu gelangen. Das hätten wir nicht tun dürfen. Recht barsch wies uns ein Uniformierter zurück. Ich als Fahrer durfte dann doch zum Auto, Jutta musste zurück hinter die Absperrung. Danach stand ich da wie ein Depp. Grenzbeamte fragen mich, was ich hier wolle, wollten irgendwelche Zolldokumente sehen, die ich nicht hatte, Aufregung auf beiden Seiten. Und dann war Jutta auch noch spurlos verschwunden.

Ich dachte, ich wäre im falschen Film. „Don't worry!“ meinte eine Beamtin, die immerhin englisch sprach. Wenn ich wenigstens gewusst hätte, was das Problem war. Ein weiterer Uniformierter kam hinzu, nahm freundlich meinen Pass und die Fahrzeugpapiere und verschwand. Und ich stand in der glühenden Sonne und suchte nach der versteckten Kamera... Als ich nachfragte, was denn das Problem wäre, wurde ich zunächst wie Luft behandelt. Ich war für die Grenzer überhaupt nicht mehr da. So was hatte ich noch nicht erlebt. Natürlich machte ich mir auch Sorgen um Jutta. Wahrscheinlich war sie schon längst in Kirgistan und wunderte sich, wo ich bleibe.

Wieder versuchte ich, bei der englisch sprechenden Dame Gehör zu finden. Sie erklärte mir dann, dass sie mich nicht ohne Auto ausreisen lassen könne. Wie bitte? „Dort drüben steht mein Auto, ich bin der Fahrer und stehe hier, also lasst mich doch einfach gehen! Wo ist das Problem?“ So langsam riss mir der Geduldsfaden. Sie merkte das auch, ging mit mir von einem zum nächsten Beamten, diskutierte mit denen und übergab mich schließlich an einen weiteren Uniformierten. Dieser lächelte und meinte, ich solle ihm folgen. Wir gingen auf die andere Seite, wo die Passkontrolle für Einreisende aus Kirgistan erfolgte. Dort wurde ich wieder fotografiert (wie jeder Einreisende), erhielt einen Einreisestempel und durfte dann wieder zurück zur Ausreisekontrolle. Der Beamte lächelte und sagte nur: „That's Kasachstan!“ Schließlich, nach einigem weiteren Hin und Her, durfte ich endlich Kasachstan verlassen. Was war die Ursache für den ganzen Ärger? Ich hätte nicht zur Passkontrolle für Passagiere gehen dürfen. Dadurch war ich schon ausgereist, das Auto aber noch nicht. Also musste ich erst wieder einreisen, um dann zusammen mit dem Auto wieder ausreisen zu dürfen. Hätte man das nicht einfach auf ein Schild schreiben können? Fahrer bleibt im Auto, Passagiere müssen zu Fuß zur Passkontrolle.

Auf der kirgisischen Seite war dann alles ganz einfach. Alles in allem dauerte der Grenzübertritt knapp drei Stunden, hielt sich also noch im Rahmen. Aber die Nerven...

Bis Bishkek, der kirgisischen Hauptstadt, waren es nur noch 12 km. Auch hier Verkehrschaos pur. Unmengen von Autos quälten sich durch die Stadt. Gerne hätten wir uns die Stadt etwas näher besehen, doch auch hier sagten wir: nix wie raus hier. Noch etwas Geld aus dem Bankomat geholt, und ab ging es Richtung Ysyk Köl, einem riesigen See.

Linkerhand ragten die Berge auf kasachischer Seite auf, rechts zeichneten sich im Abenddunst ebenfalls schneebedeckte Gipfel ab. Wir fuhren über eine breite Ebene zwischen diesen Gebirgszügen. Es dunkelte bereits, als wir endlich einen geeigneten Stellplatz fanden. Fix und fertig fielen wir bald in den Schlaf.


wieder mal neben einem Sonnenblumenfeld


28. Juli 2015

Die Sonne weckte uns wieder mal. Heute wollten wir nur noch bis zum See fahren und dann wieder mal ein bisschen ausspannen. Die letzten Tage waren doch ziemlich anstrengend.

Eine wunderbar ausgebaute Straße führte uns zwischen gewaltigen Bergen bis auf über 1600 m Höhe hinauf. Wenn in Kirgistan alle Straßen so gut sind, können wir uns freuen...


auf dem Weg zum Ysyk Köl

In einer kleinen Stadt kauften wir eine SIM-Karte, so dass wir auch wieder online gehen können. Ein Stellplatz direkt am See war auch schnell gefunden. Glücklicherweise ist es auch nicht mehr so heiß. Immerhin befinden wir uns auf über 1600 m Höhe. Die Sonne versteckt sich hinter dickem Dunst, die umliegenden Berge leider auch.

etwas enge Zufahrt zum See
Wir standen noch keine zehn Minuten, als ein junger Mann mit einer großen Flasche Bier kam, uns begrüßte, sich vorstellte und uns das Bier anbot. Während wir tranken, erzählte er, dass seine Schwester in Deutschland lebt. Hier hat scheinbar fast jeder Verwandte in Deutschland. Es war wieder eine nette, wenn auch kurze Begegnung.


am Ysyk Köl


Da wir nun wieder online sind, hatten wir auch wieder Kontakt zu unseren „ehemaligen“ Reisegefährten Reiner und Micha. Reiner bat mich, im Blog eine Autowerkstatt in Ulan Ude zu erwähnen. Dort konnte sein Auto fachgerecht repariert werden. Die Jungs in der Werkstatt waren sehr engagiert und arbeiteten bis in die Nacht. Wer also in der Nähe von Ulan Ude ein Problem mit seinem Auto hat, kann sich guten Gewissens an die Werkstatt „Jupiter“ wenden. Adresse: Borsojewa 105/6. Ich gebe diesen Tipp gerne weiter.

Morgen werden wir weiter den See erkunden und ein bisschen relaxen.


Visitenkarte der Werkstatt