9.
Juli 2015
In
Ulaangom verbrachten wir mehrere Stunden, um a) den Blog zu
aktualisieren und b) mongolisches Geld zu bekommen. Zwei
Bankautomaten funktionierten nicht, eine Bank wollte keine US-Dollars
annehmen, und in der nächsten Bank stand ich länger als eine halbe
Stunde an. Anschließend verließen wir die Stadt schnell, die genau
so hässlich und gesichtslos ist wie wohl die meisten mongolischen
Städte und erfreuten uns an 37 km recht ordentlicher Asphaltstraße.
Was für ein Gefühl nach tagelangem Herumgeholpere auf den üblen
Wellblechpisten.
Danach
ging es wieder auf die Piste, die jedoch ganz gut befahrbar war. Sie
führte uns erst über einen Pass in fast 2000 m Höhe, dann über
eine wunderbar grüne Hochebene und einen weiteren Pass. Von da aus
sahen wir schon einen Zipfel des türkisblau blinkenden Uureg Nuur.
Wir konnten es kaum erwarten, ihn in voller Größe bewundern zu
können. Und dann lag dieser traumhaft schöne See vor uns. Das
Wasser leuchtete in so intensivem Türkis, dass es schon fast
unnatürlich wirkte. Die dahinter dunkelbraun aufragenden Berge
betonten dieses Farbspiel noch besonders.
|
hinauf bis auf fast 2000 m Höhe |
|
im mongolischen Teil des Altai-Gebirges |
Wir
brauchten nicht lange, um den Stellplatz zu finden, den uns zwei
Deutsche in Ulaangom empfohlen hatten. Geschützt durch zwei felsige
Hügel standen wir am Südufer nur wenige Meter vom steinigen Strand
entfernt. Das glasklare Wasser plätscherte in kleinen Wellen über
die rundgeschliffenen Steine. Leider fanden wir auch hier wieder, wie
schon im ganzen Land, eine große Menge Müll und Unrat vor. Hier in
der Mongolei ist es fast noch schlimmer als in Russland. Akzeptieren
kann man das einfach nicht. Wir versuchen es zu ignorieren, auch wenn
es schwerfällt.
Trotz
dieses Wermutstropfens beschlossen wir spontan, auch noch den
nächsten Tag hier zu verbringen.
|
am See Uureg Nuur |
|
noch schöner kann man kaum stehen |
|
einfach nur genießen... |
Gegen
Abend trabte ein junger Mongole mit seinem Pferd herunter zu uns.
Eine sprachliche Verständigung erschien unmöglich, trotzdem
„unterhielten“ wir uns prächtig. Ein offenes Lächeln hilft bei
solchen Gelegenheiten immer. Er bat uns um Trinkwasser. Wir gaben ihm
noch ein halbes Brot dazu, woraufhin er seinen Proviantbeutel
auspackte und uns von seinem Käse anbot. Vermutlich war es eine Art
Schafskäse, der aber recht säuerlich schmeckte. Er bedankte sich
herzlich und ritt winkend und mit einem Lachen in den Abend.
|
abendlicher Besuch |
10.
Juli 2015
Wiederum
weckte uns herrlicher Sonnenschein. Am Vormittag kletterten wir auf
einen der umliegenden Hügel. Von da aus bot sich uns ein grandioser
Überblick über den gesamten See und die ihn umgebenden kahlen
Berge. In weiter Ferne überragt ein schneebedeckter Gipfel die
Szenerie. In vier, fünf Kilometer Entfernung standen acht neue
Hütten mit knallroten Dächern und einige Jurten. Sicher ein neues
Touristen-Camp. Trotz der relativ großen Entfernung drang die laute
Popmusik bis zu uns und störte die herrliche Ruhe dieser
majestätischen Landschaft. Wenn die Mongolen das unter Tourismus
verstehen, werden sie wohl kaum Erfolg damit haben.
Nach
der kleinen Wanderung war Wäsche waschen angesagt. Unser schwarzer
Gummi-Wassersack sorgte wieder erfolgreich für reichlich warmes
Wasser und die vom blauen Himmel brennende Sonne für schnelle
Trocknung.
|
trotz Trockenheit und kargem Boden: winzige Blümchen |
|
Waschtag |
Am
Nachmittag trudelte eine ganze Horde Touris ein (wahrscheinlich
Franzosen), die mit einem russischen LKW und mehreren Zelten
reisen.Damit war es vorbei mit Einsamkeit und Ruhe. Schade...
Später
zogen dunkle Wolken auf und es begann zu stürmen. Grund genug,
beizeiten schlafen zu gehen.
11.
Juli 2015
Was
für ein Tag! Er begann damit, dass uns in stockdunkler Nacht der
Sturm wachrüttelte. Er riss und zerrte an der Zeltbahn unseres
Klappdachs, dass wir fürchteten, dass es Schaden nimmt. Es half
alles nichts, wir mussten raus aus den Schlafsäcken. In Windeseile
(Achtung Wortspiel, passend zum Sturm!) sicherten wir erst mal das
Klappdach. Morgentoilette und Frühstück fielen recht knapp aus, so
dass wir schon gegen 6:30 Uhr aufbrachen. Natürlich hatte sich bis
dahin der Sturm gelegt...
|
stürmischer Abschied vom Uureg Nuur |
Nur
noch rund 160 km sollten es bis zur russischen Grenze sein. Die Hoffnung, dass die gute Piste
sich fortsetzen würde, zerstob bald. Es rumpelte und krachte wieder,
wie wir es nun die ganzen vorangegangenen Tage erleben mussten.
Ehrlich gesagt, sind wir ziemlich pistenmüde. Diese Fahrerei
erfordert ständig volle Konzentration. Eine einzige Unaufmerksamkeit
kann erheblichen Schaden am Fahrzeug verursachen! Aber ich bewege
unseren Gecko so schonend wie nur irgend möglich. Er ist ja auch
nicht mehr der Jüngste...
Nach
einem Pass verzweigte sich die A16 (was für eine stolze Bezeichnung
für so eine Piste!) in zwei Arme. Das eine Navi meinte, wir sollten
nach links fahren, das zweite Navi wählte die rechte Spur. Nach
einigem Zögern fuhren wir nach links, da diese Spur häufiger
befahren schien. Eine riesige dunkle Ebene lag vor uns. Sie entpuppte
sich als reine Steinwüste. So etwas hatten wir noch nicht gesehen.
Grauer Schotter rundum bis zu den weit entfernt aufragenden Bergen,
auf denen teilweise sogar noch Schnee lag. Das Fahren auf diesen bis
apfelgroßen, mitunter scharfkantigen Steinen machte echt keinen
Spaß. Das Auto ächzte und stöhnte, dass es einem in der Seele weh
tat. Doch dann fesselte eine seltsame rote Felskette unsere
Aufmerksamkeit. Lange dauerte es, bis wir uns ihr näherten. Diese
rotbraunen zerklüfteten Felsen ragten in den blaugrauen Himmel und
wirkten irgendwie faszinierend. Natürlich musste da ein Fotostopp
sein. Doch der verging uns blitzartig. Wie Furien stürzten sich
riesige Mücken und grün schillernde Bremsen auf uns. Und das mitten
in der Wüste! Unglaublich! Der Grund war ein kleiner Fluss, der
hinter den Felsen durch die Landschaft plätscherte.
Wir
erreichten das Dorf Bökhmörön, das wie ausgestorben wirkte. Keine
Menschenseele ließ sich blicken. Kein Wunder bei diesen
blutrünstigen Monstern in dieser Gegend. Mit Mühe fanden wir den
richtigen Ausgang aus diesem eigenartigen Ort.
Drei
Flüsse lagen nun auf den nächsten Kilometern vor uns. Der erste
erwies sich als leicht zu befahren. Mehr hatten wir auch nicht
erwartet, denn fast alle Flüsse, die wir bisher querten, war
ausgetrocknet, da es dieses Jahr einfach nicht regnen will. Daher
staunten wir nicht schlecht, als wir vor dem zweiten Fluss standen.
Der rauschte mit ordentlicher Geschwindigkeit und vielleicht 15
Metern Breite vor uns dahin. Was half's, ich musste erst mal
durchwaten. Das war schon nicht so einfach. Obwohl mir das Wasser
maximal bis zu den Knien reichte, riss es mich mehrmals fast um.
Wasser hat eben doch eine gewaltige Kraft. Mir kamen ernste Zweifel,
ob unser Gecko diese Fluten bezwingen könnte. Nach langem Überlegen
beschlossen wir, bis zu dem fraglichen Abzweig zurückzufahren, um
dann die rechte Spur zu versuchen. Diese war in der Karte immerhin
gelb eingezeichnet (im Gegensatz zur weißen linken Spur). Das
bedeutete ca. 70 km Umweg. Aber wir wollten eben kein Risiko
eingehen.
|
sieht nicht so spektakulär aus, aber das Wasser schoss nur so dahin |
Das
nächste Problem ergab sich nun mit unserem Dieselvorrat. Würde er
trotzdem reichen? Also suchten wir unsere letzten mongolischen Tögrög
zusammen und suchten die Tankstelle im Ort. Diese bestand aus einer
Zapfsäule und einem winzigen, verfallenen Häuschen am Ortsrand.
Niemand da. Also zurück ins Dorf. Ein Mongole mit einem russischen
Geländewagen brachte uns dann zum Haus der Tankwartin und fuhr diese
gleich zur Tankstelle. 21000 Tögrög wechselten den Besitzer, und
wir hatten 10 Liter Diesel mehr im Tank. Ein beruhigendes Gefühl.
Also
wieder zurück durch diese hässliche Steinwüste, die wir dann ein
drittes Mal durchqueren durften, weil die rechte Spur natürlich auch
darüber führte. Die Piste wurde immer schlechter und war manchmal
kaum noch erkennbar. Mir schwante Schlimmes. Warum wohl fährt hier
kaum jemand lang? Vermutlich, weil der Fluss nicht passierbar ist.
Und genau so war es dann auch. Regelrechte Stromschnellen und mehrere
Flussarme versperrten uns den Weg. Was nun? Hier kommen wir nie und
nimmer rüber.
|
Steinwüste |
Wir
fanden eine Abkürzung zu der Stelle, an der ich schon vor drei
Stunden den Fluss durchwatet hatte. Hätten wir die schon vorher
gekannt, hätten wir uns den riesigen Umweg und zwei Mal Steinwüste
sparen können. Nun erschien es uns doch einfacher, hier den Fluss zu
überqueren. Wohl war uns dabei nun wirklich nicht, da wir ja
keinerlei Erfahrung hatten, wie der Gecko sich in solch starker
Strömung verhalten würde. Also nahmen wir allen Mut zusammen,
schalteten den Allradantrieb und die Untersetzung ein, und ab ging es
ins kühle Nass. Jutta vergaß vor Aufregung sogar zu filmen. Das
Wasser gurgelte erst unter uns und dann fast neben uns. Der Gecko
schob sich wie ein Panzer durch das brodelnde Wasser. Atem anhalten
an der tiefsten Stelle, und schon kletterte unser Auto ans andere
Ufer. Wir schnauften durch und waren happy! Unsere erste richtige
Flussdurchquerung war geglückt!
Also
Allrad wieder raus und weiter. Schotter und Kies zeugten davon, dass
der Fluss hier auch mal alles überfluten kann. Nun wartete der
dritte Fluss auf uns. Der war dann wieder überhaupt keine Hürde.
Dachten wir! Der Fluss war praktisch fast ausgetrocknet. Doch nach
dem Flussbett lag Sand, tiefer, nasser Sand, wie ich zu spät
bemerkte. Vier, fünf Meter, und wir steckten fest. Keine Panik,
wieder Allrad rein, Untersetzung dazu, ein paarmal vor und zurück,
und wir konnten weiter. Jutta, die das Geschehen mit der Videokamera
aufnahm, wäre von den Stechviechern fast gelyncht worden.
|
kurzzeitig festgefahren |
Damit
hatten wir auch den dritten Fluss hinter uns gelassen. Zur Belohnung
fuhren wir durch ein wunderschönes Tal immer höher hinauf. Ein
Gebirgsbach plätscherte, immer mehr Jurten schmiegten sich ins Tal,
und die Piste ließ sich auch ganz gut befahre. Was für eine
Erholung!
Nun
stehen wir in fast 2300 Meter Höhe ca. 5 km vor der russischen
Grenze. Es ist verdammt kalt. Das Thermometer zeigt nur noch 8 Grad.
Und es regnet! Das hatten wir in mehr als elf Wochen unserer Reise
bisher nur äußerst selten.
Wir
sind gespannt, wie es uns morgen an der Grenze ergehen wird. Und wir
freuen uns auf Russland, weil es dort endlich wieder vernünftiges
Brot zu kaufen gibt (hoffen wir zumindest!).
Freut
Euch auf den nächsten Bericht.
Ach,
noch was zum Schluss. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich
bei allen bedanken, die Kommentare zu unserem Blog geschrieben haben.
Da weiß ich wenigstens, dass meine Texte gelesen werden und ich sie
nicht umsonst schreibe. Also, vielen Dank für Eure lieben Worte
:-)
Toll, danke wieder für den schönen Bericht. Aber lasst doch den Allrad bis auf die Asfaltpassagen einfach eingeschaltet! Die Gefahr, z.B. im Lehm mal so richtig stecken zu bleiben wiegt doch den eventuellen höheren Verschleiss immer auf!
AntwortenLöschenViel Spaß noch und "take care".