Was hatten wir vor unserer Reise nicht
alles über die Grenzkontrollen zwischen Kanada und den USA gehört.
Von stundenlangen Wartezeiten über unfreundliche Beamte bis zu
schikanösen Durchsuchungen des Fahrzeuges reichten die Gerüchte.
Vier Mal hatten wir auf dieser Tour schon die Grenzen zwischen den
beiden Ländern passiert, ein fünftes Mal dann von Kanada nach
Alaska. Und wieder bestätigte sich kein einziges dieser Gerüchte.
Auf kanadischer Seite gab es überhaupt
keine Kontrolle. Es folgte eine Fahrt durch 30 km Niemandsland. Auf
der US-Seite begrüßte uns eine nette, ältere Dame in Uniform
freundlich, fragte, ob wir Obst, Feuerholz, Drogen oder Waffen dabei
hätten und drückte nach unserem „Nein“ den Stempel in die
Pässe. Wieder dauerte es keine fünf Minuten, bis sämtliche
Formalitäten erledigt und wir die Grenze zwischen Kanada und Alaska
hinter uns gelassen hatten.
Also, wer eine ähnliche Reise plant,
lasst Euch nicht verrückt machen von irgendwelchen Gerüchten oder
dummem Gerede. Fahrt mit reinem Gewissen an die Grenze, seid ein
bisschen freundlich (wie man in den Wald hineinruft...), und schon
läuft der Laden.
In Tok, dem ersten Ort nach der Grenze,
tankten wir für $3.499/Gallone, das entspricht ungefähr 0,80 €.
Auch die Preise der Lebensmittel, speziell Alkohol, sind günstiger
als in Kanada und entsprechen mit einigen Ausnahmen ungefähr dem
Preisniveau in Deutschland.
In Tok verließen wir den Alaska
Highway und rollten fortan auf dem Hwy AK2 oder auch Tok Cutoff gen
Süden. Auch hier säumten die uns nun schon hinlänglich bekannten
fast schwarzen und sehr schmalen Fichten die Straße. Manchmal
standen sie in alle Richtungen schräg durcheinander. Das nennt man
„drunken forest“ (betrunkener Wald). Die Fichten haben nur kurze
Wurzeln, die nicht in den Permafrostboden eindringen können. Dadurch
finden sie nur wenig Halt und kippen manchmal zur Seite, was manchmal
schon eigenartig aussieht.
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Drunken Forest - betrunkener Wald |
In Glennallen trafen wir Helmut K.,
einen Berliner, der schon lange in Xanten lebt und seit 15 Jahren
Kanada und Alaska bereist. Er gab uns einige gute Tipps für
Tierbeobachtungen, zeigte uns, wo man kostenlos Gold waschen kann und
riet uns, das Buch „The Milepost“ zu besorgen. Letzteres kauften
wir dann auch gleich im dortigen Supermarkt. Es erscheint seit 40
Jahren jedes Jahr neu und stellt praktisch die Bibel für Alaska- und
Nordwest-Kanada-Reisende dar. Sämtliche Highways sind darin Meile
für Meile beschrieben. Auch Nebenstrecken werden genau erklärt. Wo
kann man einkaufen, tanken, übernachten und und und... Auch die
Kultur kommt darin nicht zu kurz. Zu fast jedem gibt es einen kurzen
Überblick, der auch seine Geschichte mit einchließt. 35 Dollars,
die sich aber wirklich lohnen.
Weiter ging unsere Tour vorbei an den
Wrangell Mountains. Ihre schneebedeckten Gipfel ragten in den
wolkenverhangenen Himmel. Zwischen ihnen zwängten sich mächtige
Gletscher zu Tal. Seit Tagen setzte nachmittags heftiger Regen ein.
Dann fällt die Temperatur schlagartig auf 7-8 Grad. Einmal lag sogar
plötzlich Schnee auf der Straße. Schnee mitten im Juli! Aber wir
sind eben in Alaska und nicht in Deutschland.
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Wrangell Mountains |
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auf dem Glenn Highway nach Süden; vor uns der Lions Head |
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Matanuska-Gletscher |
Anchorage nutzten wir lediglich, um bei
Walmart unsere Vorräte zu einigermaßen erschwinglichen Preisen
aufzufüllen. Dabei spürten wir, dass die Preise in Alaska doch um
Einiges höher liegen, als in den anderen US-Staaten.
Wir fuhren weiter entlang des Nordufers
des Turnagain Arms und waren damit wieder an einem Fjord des Pazifik
angelangt. Am Beluga Point schaute eine Menschenmenge auf das Wasser
des Fjords, das mit der Flut ziemlich schnell hereinströmte. Es
dauerte eine Weile, bis uns klar wurde, dass alle Leute auf die Wale
warteten. Wir gesellten uns für eine Weile dazu. Wale zeigten sich
leider keine. Wir genossen dann die weitere Fahrt durch den von
schneebedeckten Bergen eingerahmten Fjord.
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am Turnagain Arm herrscht noch Ebbe... |
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Beluga Point am Turnagain Arm |
An dessen Ende zweigten wir ab in
Richtung Whittier und fanden wenige Kilometer weiter einen schönen
Stellplatz an einem kleinen See unweit der Straße. Etwas später
gesellten sich die gebürtigen Vogtländer und nun in Franken
lebenden Jana und Jens hinzu. Sie sind schon seit zehn Monaten mit
ihrem Nissan mit Tischer-Kabine unterwegs; erst in Australien, dann
Papua-Neuguinea, dann USA und Kanada und nun eben Alaska
(www.diepauls.wordpress.com).
Wie bei Reisenden üblich gab es viel zu erzählen an diesem Abend.
Der Seward Highway führte uns ständig
zwischen Bergen hindurch, dass man meinen konnte, wir befänden uns in irgendeinem
Gebirge, doch wir bewegten uns nur in Höhen zwischen 300
und 100 Metern. Auch in diesen niedrigen Lagen sahen wir vereinzelt
restliche Schneeinseln. Der Ort Seward liegt am Ende der Resurrection
Bay, einer Bucht des Golf von Alaska. Die Stadt bzw. lebt wohl
hauptsächlich vom Tourismus und gefiel uns ganz und gar nicht. Mag
sein, dass dies auch am Dauerregen lag, der alles grau in grau
erscheinen ließ. Auch für die nächsten drei Tage sollte es lt.
Vorschau keine Wetterbesserung geben. Damit fiel die Bootsfahrt zu
den Gletschern, Walen und Seelöwen, die wir dort buchen wollten,
buchstäblich ins Wasser.
Ein paar Kilometer außerhalb der Stadt
liefen wir im Regen zum Ende des Exit Glacier. Trotz des miserablen
Wetters konnten wir wieder dieses faszinierende Hellblau des
Gletschereises sehen. Auch hier war wieder sehr anschaulich
dargestellt, wie schnell sich die Gletscherzunge durch den
Klimawandel zurückzieht. Schilder mit den entsprechenden
Jahreszahlen zeigten an, bis wohin der Gletscher im betreffenden Jahr
reichte. Alleine in den letzten acht Jahren verlor er geschätzte 100
Meter an Länge. Was uns aber zu denken gab: Auch vor mehr als 100
Jahren ging der Gletscher schon recht schnell zurück. Setzte damals
schon der Klimawandel ein? Wenn ja, was war damals die Ursache dafür?
Autos gab es erst verschwindend wenige. Industrieabgase ja,
Kohleheizung in Mitteleuropa ja, aber sollten die für einen
Klimawandel verantwortlich sein? Ist die Veränderung des Klimas also
doch eine natürliche Erscheinung (wie z.Bsp. die Eiszeiten), die
lediglich durch den Menschen beschleunigt und verstärkt wird? Ich
kenne die Antwort nicht. Es lohnt sich aber sicher, darüber
nachzudenken...
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Exit Glacier; bis zum Schild reichte er noch vor acht Jahren |
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unterstes Ende des Gletschers |
Als wir vom kalten Regen durchweicht
wieder am Auto anlangten, geschah ein kleines Wunder. Die
Standheizung, die seit einiger Zeit beharrlich ihren Dienst
verweigerte, sprang plötzlich wieder an. Genau in dem Moment, als
wir sie wirklich dringend benötigten! Innerhalb weniger Minuten war
es kuschelig warm in unserem Gecko und wir konnten unsere
durchgefrorenen Glieder aufwärmen.
In der Hoffnung, dass das Wetter auf
der Westseite der Kenai-Halbinsel besser ist, brachen wir
auf in Richtung Homer. Auf dem Wege dahin folgten wir dem Tipp von
Helmut K. und verließen westlich von Cooper Landing den Sterling
Highway (Hwy AK1) und nahmen die geschotterte Skilak Lake Road. Dort
befanden wir uns in einem ausgewiesenen Bärengebiet. Unsere Hoffnung
war nicht vergeblich. An zwei aufeinander folgenden Tagen konnten wir
die gleiche Schwarzbären-Mama mit ihren zwei Kindern beobachten, wie
sie am Wegesrand quietschvergnügt eine Blume nach der anderen
verspeisten. Das sind Momente, die du nie wieder vergisst. Die
Bärenmama humpelte etwas. Vielleicht hatte sie einen Dorn (oder
einen weggeworfenen Angelhaken?) im Fuß stecken? Hoffen wir, dass
sie ihre Kleinen so lange betreuen kann, bis sie alleine in der
Wildnis bestehen können.
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kleine Wanderung am Skilak Lake; das Bärenspray ist immer dabei |
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Skilak Lake |
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Skilak Lake |
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ein Otter am Abend |
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Frühstücksgast |
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und noch ein Gast zum Frühstück |
Das Glück sollte uns hold bleiben. Wir
erreichten die Westküste der Halbinsel, und tatsächlich war hier
das Wetter entschieden besser. Die Sonne lachte und wir waren happy,
dass wir wieder mal die richtige Entscheidung getroffen hatten. Viele
Ortsnamen hier wie z. Bsp. Soldotna, Nikiski, Kasilof oder Ninilchik
muten russisch an. Tatsächlich gehörte Alaska bis Mitte des 19.
Jahrhunderts zu Russland. Aus dieser Zeit stammen diese Ortsnamen. In
Ninilchik besuchten wir eine hübsche, kleine russisch-orthodoxe
Holzkirche, deren kleine Zwiebeltürmchen in den blauen Himmel
ragten.
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russisch-orthodoxe Kirche in Ninilchik |
Cook Inlet heißt der Meeresarm des
Pazifik an der Westküste der Kenai Peninsula, bekannt und beliebt
bei Anglern wegen der riesigen Heilbutte und in wenigen Tagen auch
Lachse. Etwas nördlich von Anchor Point fanden wir einen herrlichen
Platz direkt am steinigen Strand. Ein Sandstrand wäre hier nicht
viel besser, denn in dem eisigen Wasser will eh niemand baden.
Stell dir vor, du sitzt am
Frühstückstisch im Freien. Die Sonne wärmt dir den Rücken und
dein Blick schweift hinaus auf das im Moment graublaue Meer. Drüben
am anderen Ufer des Cook Inlet, in vielleicht 40 Kilometer
Entfernung, leuchtet eine fast vollständig von Schnee bedeckte
Bergkette, überragt von zwei Vulkankegeln. Über dir lacht eine Möwe
und vor dir am Strand verspeisen ein paar Weißkopfseeadler einen
großen Fisch. Die Wellen rauschen ans Ufer und du denkst einfach
nichts mehr. Du genießt diesen unglaublich schönen Anblick, nimmst
ihn, nein saugst ihn auf in dein Gedächtnis mit all deinen Sinnen
und bist glücklich, so etwas erleben zu dürfen.
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unser Platz (Whiskey Gulch) am Cook Inlet |
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uns genau gegenüber der Iliamna Volcano (3054 m) |
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Redoubt Volcano (3108 m) |
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Und nun noch einmal beide Vulkane beim Sonnenuntergang gegen 23 Uhr |
Nach dieser Schwärmerei geht es etwas
sachlicher weiter. Wir haben bis auf wenige Meter den westlichsten
Punkt dieser Reise erreicht, nämlich bei W 151.82°. Die Hälfte
unserer Reisezeit ist um. Knapp 14000 Kilometer liegen schon hinter
und ungefähr die gleiche Distanz noch vor uns. Also scheint unsere
Planung ganz gut aufzugehen.
Unsere nächsten Ziele sind der Denali
Nationalpark, Dawson City und der Dempster Highway. Wie wir dorthin
gelangen, ob wir vorher doch noch eine Bootsfahrt zu den Gletschern
unternehmen und ob es weitere Begegnungen mit Bären (wir haben immer
noch keinen Grizzly gesehen) und anderen Tieren gibt, all das lest
Ihr im nächsten Bericht. Und noch mal der Hinweis: Bitte verliert
nicht die Geduld, wenn der Bericht etwas länger auf sich warten
lässt. Es ist wirklich schwierig, hier eine gut funktionierende
Internetverbindung aufzutreiben. Also bleibt schön neugierig...
Und für alle, die bis hierher durchgehalten haben, gibt es jetzt noch ein Paar Bilder von Weißkopfseeadlern, die es uns ganz besonders angetan haben.
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das große Fressen |
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der Jungadler (rechts, noch kein weißer Kopf) muss erst mal zuschauen |
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eine Möwe möchte auch ihren Anteil haben |
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Jung und Alt; erst mit 7 Jahren färbt sich der Kopf weiß |
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die Altvögel haben sich satt gefressen, nun darf das Jungtier ran |
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satt gefressen, also Abflug |
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...und tschüss |
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