Die Ankunft im Hafen von Halifax
verzögerte sich dann doch noch bis in den frühen Morgen des
Freitag, den 27.4.18. Damit stand auch definitiv fest, dass wir das
Auto erst am Montag würden abholen können. Vom Käpt'n hatten wir
uns schon am Vorabend herzlich verabschiedet.
Langsam näherte sich unser Schiff der
Skyline von Halifax. Eben stieg die Sonne über den Horizont und ein
eisiger Wind pfiff uns um die Ohren, als wir vom obersten Deck aus
beobachteten, wie das winzige Bugsierboot beim „Einparken“ half.
Absolute Präzisionsarbeit ist dabei angesagt.
|
ein Teil des Hafens von Halifax |
|
Skyline von Halifax |
|
"unser" Pier |
|
klein, aber oho - ein Bugsierboot |
|
kurz vorm Anlegen |
Dann ging alles sehr schnell. Im
Handumdrehen gingen alle Passagiere von Bord. Mit Shuttle-PKW wurden
wir vor das Hafentor gebracht. Einer der Shuttle-Fahrer rief uns ein
Taxi, mit dem wir dann zu unserem schon vor Wochen bei airbnb.com
gebuchten Quartier brachte. Selbst der Sonnenschein vermochte nicht,
das Haus auch nur ein bisschen gastlich aussehen zu lassen. Mit
anderen Worten: es sah ziemlich verkommen aus.
Wie schon fast erwartet, öffnete nach
dem Klingeln niemand. Mehrfach hatte ich versucht, der Vermieterin
mitzuteilen, dass sich unsere Ankunft verschiebt. Das hatte
offensichtlich nicht funktioniert. Auch telefonisch war die jetzt
nicht erreichbar. Ich versuchte, per Internet ein anderes
airbnb-Quartier in der Nähe zu finden, was auch nach kurzer Zeit
gelang.
Ein Taxi war schnell gerufen, und
wenige Minuten später begrüßte uns Paige, unsere neue Gastgeberin,
sehr herzlich schon vor ihrem Reihenhaus. Von der ersten Minute an
fühlten wir uns wohl. Sie brauchte noch etwas Zeit, um unser Zimmer
zu richten. Deshalb fuhren wir mit dem Bus in die Stadt, um ein
bisschen durch Halifax zu bummeln.
Die Sonne lachte vom Himmel, während
wir an der Waterfront entlang spazierten. Wir spürten regelrecht,
wie sich die Leute nach Sonne und Wärme sehnten, denn der Frühling
hat hier gerade erst begonnen. Trotzdem liefen schon einige
Spaziergänger in Shorts und T-Shirts herum. Einige
Informationstafeln beeindruckten uns. Auf ihnen wird an die
verheer3ende Explosion im Jahr 1917 erinnert, als ein voll mit
Treibstoff beladenes Schiff mit einem anderne Schiff zusammenstieß.
Die Detonation kostete viele Menschenleben und zerstörte einen
Großteil der Stadt.
|
Bummel an der Waterfront in Halifax |
Wieder zurück bei Paige begrüßte uns
ihr Ehemann Paul mit einem verschmitzten Lächeln. Bis in den Abend
unterhielten wir uns über Gott und die Welt. Wir hatten unser
eigenes gemütliches Schlafzimmer und nutzten ansonsten alle
Einrichtungen des Hauses wie Bad, Küche und Wohnzimmer gemeinsam mit
Paige und Paul, als gehörten wir zu ihrer Familie
Für den späten Nachmittag des
folgenden Tages fragten sie uns, ob wir Lust hätten, mit einem
befreundeten Pärchen ein neu eröffnetes Restaurant zu besuchen. Zu
sechs verbrachten wir dann den Abend in „The Brown Hound“, einem
urgemütlichen kleinen Restaurant mit sehr gutem Essen. Nach wenigen
Minuten fühlten wir uns, als kennten wir uns schon seit langer
Zeit. Auch Jim und seine Frau waren sehr interessiert an uns. Er
bekam eine Gänsehaut, als ich über unsere letzten Tage in der DDR
und unseren Neuanfang in Hessen erzählte. Bei einem weiteren Bier
wieder zu Hause bei Paige und Paul endete der gemütliche Abend.
|
mit Paige (2. v.r.) und Paul (3. v.r.) im "Braunen Hund" |
Unsere beiden Gastgeber sind wirklich
unglaublich! Den ganzen Sonntag widmeten sie uns ihre Zeit. Zuerst
fuhren sie mit uns zu Freunden, bei denen sie ihr Wohnmobil geparkt
haben. Die jungen Leute bewohnen ein traumhaft schönes Blockhaus auf
einem großen Waldgrundstück. Da lässt sich's gut leben.
Anschließend fuhren wir zu Peggy's Cove, einem winzigen ehemaligen
Fischerdorf an der Atlantikküste. Ein rot-weiß gestrichener
Leuchtturm überragt die felsige Küste. Schilder warnen vor den
gefährlich hohen Wellen, die manchmal auftreten können und jedes
Jahr ihre Opfer finden. Wenige hundert Meter entfernt besuchten wir
eine Gedenkstätte für die Opfer eines Flugzeugabsturzes. Nicht weit
von hier endete der Flug 111 der Swiss Air vor 25 Jahren für alle
Insassen tödlich.
|
Peggy's Cove |
Wieder zurück in Halifax zeigten sie
uns noch das mondäne South End mit seinen großen Villen.
Schließlich zeigten sie uns noch die Zitadelle, von der aus man
einen guten Überblick über die Stadt hat. Am Abend bereitete Paige
ein köstliches Dinner für uns Vier.
Am Montag Morgen fuhren sie mit uns
zuerst zum Spediteur, wo wir innerhalb weniger Minuten die Papiere
für die Abholung unseres Gecko in Händen hielten. Danach ging es
zum Zoll, wo wir auf die anderen Passagiere trafen, die ebenfalls
ihre Fahrzeuge abholen wollten. Zwei junge Frauen standen hinter den
Schaltern. Wie schon so oft zeigte sich auch hier, dass beim Zoll
beschäftigte Frauen meistens Zoff bedeuten (und das hat nichts mit
Chauvinismus zu tun!).
Sie fragten, ob wir Lebensmittel dabei
hätten. Ehrlich, wie wir nun mal sind, gaben wir an, ein paar
Fleischkonserven im Auto zu haben. (Ich hatte auf einer kanadischen
Website gelesen, dass Konserven erlaubt seien.) Andere Passagiere
hatten Ravioli-Dosen dabei. Wir mussten genau beschreiben, wo im Auto
die Konserven zu finden sind und denn Schlüssel abgeben. Nach einer
Dreiviertelstunde kam ein Zollbeamter mit besagten Ravioli-Dosen
sowie unseren fünf Fleischkonserven und zwei Gläsern Leberwurst
zurück. Alles wurde fein säuberlich protokolliert, ich durfte
unterschreiben, und das war's dann auch schon. Selbst der Zollbeamte
schüttelte den Kopf. Er meinte, das wären eben völlig veraltete
Regeln, aber sie müssten sich eben dran halten. Wir haben ihm guten
Appetit gewünscht...
|
Bye bye Gulasch, Rouladen und Leberwurst... |
Im Hafen wurde im strömenden Regen
kurz und oberflächlich geschaut, ob am Auto irgendwelche Schäden
eingetreten sind, was nicht der Fall war, und dann saßen wir endlich
wieder in unserem Gecko. Kein Mensch interessierte sich dafür, ob
das Auto sauber war, wie es lang und breit angekündigt worden war.
Nun konnte unsere Reise durch Nordamerika richtig beginnen!
Bei Paige und Paul demontierte ich die
Trennwand im Gecko, die wir auch gleich bei ihnen deponierten, um sie
vor unserer Rückreise wieder bei ihnen abzuholen. Wir packten
unsere Klamotten ins Auto und verabschiedeten uns von unseren
großartigen Gastgebern.
Nur ca. 40 km fuhren wir an diesem Tag
und fanden einen schönen Stellplatz östlich von Halifax direkt am
Atlantik. Ein paar Bäume boten genügend Windschutz. Wir standen
noch nicht lange da, als die Hamburger Marion und Bernd mit ihrem
Land Cruiser neben uns parkten. Sie haben ein Jahr in Kanada, USA und
Mexiko verbracht und fliegen in wenigen Tagen wieder nach Hause.
Natürlich gab es so einiges zu erzählen.
Am nächsten Morgen schenkten sie uns
ihr Bärenspray. Sehr nett! Später stellten wir zu unserem
Erschrecken fest, dass wir versehentlich eine Jacke von Paul
eingepackt hatten.Uns blieb also nichts anderes übrig, als noch
einmal zurück nach Halifax zu fahren. Paige und Paul staunten nicht
schlecht, als wir plötzlich wieder vor ihrer Tür standen.
Nach einem Großeinkauf bei Walmart
starteten wir nun endlich wirklich in unser Kanada-Abenteuer. An
einer Tankstelle, wo wir Wasser auffüllen wollten, trafen wir
Isabelle und Dani, die auch mit dem Schiff gekommen waren. In ihrem
Land Cruiser lief die Standheizung nicht. Wir konnten ihnen nicht
wirklich helfen. Hoffentlich bekommen sie es geregelt. Da es schon
später Nachmittag war, nutzten wir noch einmal den gleichen
Stellplatz wie am Vorabend. Zu mehr als einem kurzen Spaziergang am
steinigen Strand reichte es nicht, denn bald setzte wieder Regen mit
eisigem Wind ein.
Am Mittwoch, den 2.5.18, schien endlich
mal wieder die Sonne. Wir folgten dem Marine Drive immer entlang der
Atlantikküste gen Osten. Dörfer mit weit auseinander stehenden
Häusern sahen wir und viele einzeln stehende Gebäude. Fast alle
Häuser wurden aus Holz gebaut und weiß oder grau gestrichen. Dabei
fiel uns auf, dass relativ viele Häuser verlassen und dem Verfall
preisgegeben sind. Wahrscheinlich zieht es auch hier die jungen Leute
in die Städte.
Sumpfige Wälder wechselten sich immer
wieder mit malerischen Seen ab.Schließlich erreichten wir Sand Point
an der Chedabducto Bay, wo wir zwei bei iOverlander.com ausgewiesene
Stellplätze ansteuerten, die uns aber beide nicht gefielen. Wir
suchten weiter und fanden in der Nähe eines Stausees ein hübsches
Fleckchen. Wir standen an einem kleinen Fluss, in dem das Wasser aus
dem Stausee abfloss. Ich dachte, hier gibt es sicher keine Lachse und
demzufolge auch keine Bären. Und wir nahmen an, dass sich keine
Menschenseele bis hierher in den Wald verirren würde. Dreimal falsch
gedacht.
Es dauerte keine halbe Stunde, als ein
Quad vorbeigerattert kam. Als der Fahrer seinen Helm absetzte und uns
begrüßte, grinste uns ein verschmitztes Gesicht voller Falten an.
Zuerst verstand ich kein Wort von dem, was der alte Mann aus seinem
fast zahnlosen Mund herauskaute. Nach ein paar Versuchen klappte die
Verständigung dann doch besser. Er wollte Lachse angeln, aber es war
zu windig. Bären gäbe es natürlich auch hier und Koyoten. Diese
hörten wir dann später am Abend, gesehen haben wir aber kein
einziges Tier, weder Koyote, noch Bär, noch Lachs. Aber wir waren
gewarnt und bewegten uns ab sofort etwas vorsichtiger.
Am nächsten Morgen (3.5.18) gelangten
wir über einen Damm hinüber zur Cape Breton Island. Später
genossen wir herrliche Aussichten auf den sonnenbeschienenen riesigen
See Bras d'Or Lake, an dessen Ostufer wir nach Norden fuhren. In
Sydney (nein, wir sind nicht in Australien!) bogen wir in westlicher
Richtung ab. Die Suche nach einem Stellplatz gestaltete sich recht
schwierig. Ähnlich wie in Norwegen ist entlang der Küsten alles
bebaut bzw. befindet sich in Privatbesitz. Erschwerend kam hinzu,dass
der Boden überall nioch sehr nass ist, da der Schnee, der dieses
Jahr sehr reichlich gewesen sein soll, gerade erst weggetaut ist. An
manchen Stellen zeugen jetzt noch Schneereste vom strengen Winter.
Endlich fanden wir dann bei Wreck Cove
einen sehr schönen Platz direkt am Meer. Windgeschützt hinter ein
paar Bäumen hatten wir freien Blick auf den Atlantik. Hier blieben
wir einen weiteren Tag stehen. Am Nachmittag kam Geri, den wir ja
schon von der Überfahrt her kannten. Er hat mit seinem MAN den Cabot
Trail, der ja noch vor uns liegt, im Uhrzeigersinn bewältigt
(www.bluedove.ch). Wir werden den Trail in entgegengesetzter Richtung
fahren.
Am 5.5.18 fuhren wir nur 25 km weiter
bis Ingonish, wo wir auf dem noch geschlossenen Campingplatz die
Bodensee-Overlander (www.bodensee-overlander.com) trafen. Dort
wollten wir auch über Nacht stehen bleiben, doch bald setzte ein
heftiger Sturm ein, der den Gecko nur so durchschüttelte. Die Bäume
bogen sich extrem. Bald mussten wir einsehen, dass wir hier nicht
bleiben konnten. Es wurde einfach zu gefährlich. Im vergangenen
November hatte hier schon einmal ein Sturm eine Menge Bäume
umgerissen und die Schäden waren noch nicht vollständig beseitigt.
Zusammen mit den Overlandern wollten wir den Sturm in der nächsten
Pizzeria „aussitzen“, doch die hatte geschlossen, weil im
gesamten Norden der Insel der Strom ausgefallen war. Claudia und
Bernd entschieden sich, weiter gen Süden zu fahren. Wir machten uns
auf in entgegengesetzter Richtung bis nach Meat Cove an der
Nordspitze der Insel.
Wie wir den Sturm überstanden haben,
lest Ihr demnächst im nächsten Bericht. Bleibt also schön
neugierig...
Good luck on your travels! We passed you on the road near the New Brunswick - Nova Scotia border.
AntwortenLöschen