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Dienstag, 4. Juli 2017

Vom Ladoga-See zum Onega-See und weiter in Richtung Weißes Meer

Donnerstag, 29. Juni 2017

Völlige Windstille herrschte am Morgen, und schon schwirrten wieder die Mücken um uns herum. An den letzten Tagen hatten wir genug gefaulenzt, jetzt wollten wir weiterziehen. Heutiges Ziel: Petrosawodsk, die Schwesterstadt von St. Petersburg.

Schon nach nicht einmal 20 km Fahrt prangte ein Sperrschild am Straßenrand. Ein Schild darunter informierte darüber, dass die Brücke in 18 km Entfernung zerstört ist. Wir versuchten es trotzdem. Nach 6 km Schotterpiste tauchte ein weiteres Sperrschild auf. In 12 km „Brücke zerstört“. Lt. Navi gab es keine nutzbare Umgehung. Also kehrten wir um und fuhren zurück zur M18, die übrigens schon seit 2010 R21 (russisch P21) heißt. Aber beim Verlag Reise-Know-How interessiert das offenbar niemanden. In der Karte von 2013 steht immer noch M18.

nur noch 1030 km bis Murmansk
auf der P21

Petrosawodsk, Hauptstadt der Republik Karelien, zählt mehr als 260000 Einwohner und liegt am Südufer des Onega-Sees.

Per Internet fanden wir einen kleinen, etwas versteckt liegenden Campingplatz mit neuen, sauberen Duschen und Toiletten (Koordinaten: 61.786749 / 34.397625)., www.nord-camping.ru). Oxana, die junge und perfekt deutsch sprechende Rezeptionistin, kümmerte sich liebenswürdig um uns und nahm uns sogar mit zu einem Stadtbummel.Sie buchte uns auch die Tickets für die morgige Schiffsfahrt zur Museumsinsel Kischi.

Zusammen mit holländischen Globetrottern,(Gonda und Piet), die am Nachmittag eingetroffen waren, aßen wir am Abend typisch russische Pelmeni und köstlichen Salat. Wenn Reisende zusammen sitzen, gibt es natürlich auch viel zu erzählen.

Wir können den CP empfehlen, auch wenn er (noch) nicht ganz westlichem Standard entspricht. Dafür bezahlten wir auch nur 500 Rubel (reichlich 7 €).Vom Platz bis zu den Schiffsanlegestellen läuft man nur 5 bis 10 Minuten. Dort schließt sich eine schöne Uferpromenade in Richtung Stadt an.

Standort: N 61° 47' 10.6" E 34° 23' 48.6"
gefahrene Strecke: 206 km

Hotel "Nord" in Petrosawodsk

Theater

Gedenkstätte für die namenlosen Gefallenen des 2. Weltkriegs


Zar Peter der Große, welch eine Geste...

Uferpromenade

Freitag, 30. Juni 2017

Köstliche Blini mit süßer Sahne zum Frühstück! Herrlich!

Mit den netten Holländern verstanden wir uns blendend. Zusammen fuhren wir um 12 Uhr mit einem Tragflügelboot zur Insel Kischi. Für die 70 km benötigte das schnelle Boot lediglich 75 Minuten. Auf der Insel betreute uns Alexey, ein junger Russe, der sehr gut deutsch spricht.

Tragflügelboot "Meteor"

Schiffsuhr, drei vor zwölf

Blick zum Heck

Hauptattraktion der Insel ist die riesige, 35 m hohe hölzerne Verklärungskirche. Sie wurde 1714 erbaut, wobei außer zur Befestigung der 30000 Schindeln aus Espenholz kein einziger Nagel verwendet wurde. Schade nur, dass von den 22 Zwiebeltürmen einige nicht zu sehen waren, da die Kirche seit Jahren aufwändig rekonstruiert wird. Man hofft, die Arbeiten bis 2019 abschließen zu können. Der gesamte Komplex alter Holzkirchen und -häuser, die größtenteils von anderen Orten hierher transportiert wurden, gehört seit 1990 zum UNESCO-Welterbe.

bewohnte Inseln

UNESCO-Welterbe auf Kischi
ein Schild mit einer Terrorismus-Warnung begrüßt uns auf der Insel

Alexey wusste viele interessante Dinge zu erzählen: Wie die Menschen früher hier lebten und arbeiteten, wie die Holzgebäude errichtet und genutzt wurden usw. usf. Auf jede unserer zahlreichen Fragen wusste er eine passende Antwort.

Besonders beeindruckte, ja bewegte mich der Gesang dreier in lange, schwarze Kittel gekleidete Männer (keine Mönche), die in einer mehjrere hundert Jahre alten Kapelle unglaublich gefühlvoll ein altes russisches Lied sangen. Ich kann nicht sagen, warum mir dieser Gesang so zu Herzen ging, obwohl ich kein einziges Wort verstand.



Ebenso begeisterte uns das Glockenspiel einer weiteren kleinen Holzkirche. Alexey konnte den Glöckner dazu bewegen, extra für uns die zehn Glocken noch einmal zu bedienen, was natürlich manuell geschieht. Wunderbar, wie die Melodie der Glocken mal laut und mal leise über die grünen Wiesen hinaus auf den See schwebte.

im Hintergrund die Kirche, die z. Zt. restauriert wird

großes Bauernhaus mit fast 400 qm Nutzfläche; darin lebten aber auch bis zu 20 Menschen

dieses Detail findet man an fast jedem Haus; oben das Symbol für die Sonne, unten das für Fruchtbarkeit

die Gästestube wurde nur selten genutzt

Windmühle

die Schindeln aus Espenholz werden grundsätzlich manuell hergestellt


ein riesiges Kreuzfahrtschiff entlässt seine Gäste auf die Insel zum Glück erst, als wir die Insel schon wieder verlassen wollten


das Kirchlein mit dem Glockenspiel

Apropos See. Der Onega-See ist nach dem Ladoga-See der zweitgrößte See Europas. 250 km Länge und 91,6 km Breite ergeben eine Fläche von 9720 qkm. Er entstand erst vor 11000 Jahren während der Weichsel-Eiszeit.

Der Tag klang zünftig aus mit vom Chef des CP persönlich gegrilltem Schaschlik. Noch lange saßen wir mit den beiden Holländern zusammen und erzählten uns gegenseitig von unseren vielen Reisen.

Standort: N 61° 47' 10.6" E 34° 23' 48.6"
gefahrene Strecke: 0 km


Schaschlik



Freitag, 1. Juli 2017

Juttas Geburtstag. Zum zweiten Mal 33!

In einem funkelnagelneuen Magnit-Supermarkt füllten wir unsere Vorräte auf und verließen anschließend Petrosawodsk in Richtung Norden. Wir waren froh, als wir die Stadtgrenze hinter uns hatten, denn wie in vielen russischen Städten befinden sich die innerstädtischen Straßen in bemitleidenswertem Zustand. Die Fahrt dort gleicht einem Slalom um die tiefen Schlaglöcher herum.

Bei Kondopoga bogen wir nach rechts ab. Wir wollten nicht ständig auf der Magistral dahinrollen, sondern auf einer ebenfalls nach Norden führenden Nebenstraße nach einem schönen Stellplatz Ausschau halten. Kurz nach der hässlichen Stadt ging die Straße in eine zunächst gut befahrbare Piste über. Dichter Wald säumte zu beiden Seiten die Piste. Zu den umliegenden Seen gab es kein Durchkommen. Je weiter wir fuhren, desto schlechter wurde der Weg. Nach vielleicht 25 km ohne einen einzigen befahrbaren Seitenweg sahen wir ein, dass wir hier keinen Stellplatz finden würden. Erst in 50 oder 60 km trifft diese Piste wieder auf die P21 (M18; ab jetzt werde ich die korrekte Bezeichnung P21 verwenden). Es war also sinnvoller, wieder umzukehren, als noch zwei oder drei Stunden über die Piste zu hoppeln.

Gesagt, getan. Wieder zurück auf der Magistrale, nahmen wir nach wenigen Kilometern die Gelegenheit wahr, den eindrucksvollen Wasserfall Kivach zu besuchen. Wer vermutet schon in diesem flachen Landstrich ohne nennenswerte Erhebungen einen Wasserfall? Tatsächlich toben jedoch gewaltige Wassermassen durch ein kleines Felsmassiv. Zu dem Areal gehört ein kleines, liebevoll gestaltetes Museum, das hauptsächlich der umgebenden Natur gewidmet ist.



Bis zu einem CP war es dann nicht mehr weit. Im Wald versteckt an einem der vielen Seen gibt es ein einfaches Hotel mit angeschlossenem CP, genannt Camping „Sandal“. So ein Auto wie den Gecko und so verrückte Leute, die auch noch darin schlafen wollten, hatte der Chef wohl noch nie gesehen. Zunächst wusste er nichts mit uns anzufangen, bis ihm nach längerem Überlegen einfiel, dass wir uns ja dorthin stellen könnten, wo sonst manchmal Zelte stehen. Na bitte, geht doch! 850 Rubel fanden wir dann aber schon heftig für einen Platz fast ohne Infrastruktur. Wir blieben trotzdem und bauten uns direkt am Seeufer auf. Von dort hatten wir einen herrlichen Ausblick auf den See. Viel später beobachteten wir den fantastischen Sonnenuntergang. Die Sonne war schon einige Minuten hinter den Bäumen am gegenüber liegenden Ufer verschwunden, als noch immer ein goldener Halbkreis über dem Wald schwebte. So eine Art Halo habe ich noch nie gesehen.

Gegen Mitternacht erlosch unser kleines Lagerfeuer und wir legten uns schlafen, obwohl es so hell war, dass man hätte Zeitung lesen können.

Standort: N 62° 21' 27.5" E 33° 59' 56.9"
gefahrene Strecke: 152 km









Sonntag, 2. Juli 2017

Vor unserer Abreise wollten wir unseren Wassertank auffüllen, doch die Wasserhähne an einem Waschplatz gaben keinen einzigen Tropfen her. Eine hilfsbereite Russin bemerkte unser Problem, telefonierte und teilte uns dann mit, dass im Moment kein Strom da ist und deshlb auch kein Wasser läuft. In einer halben Stunde würde alles wieder funktionieren. Darauf wollten wir uns nicht verlassen und fuhren los.

Die Sonne im Rücken ging es stetig nach Norden. Birken- und Nadelwälder und immer wieder Sumpfgebiete wechselten sich ab. Die Landschaft erinnerte stark an die Westsibirische Tiefebene. Auch schöne Seen sahen wir häufig, aber, wie eigentlich immer, ohne jeden Zugang. Zwei im Navi angegebene CPs existierten nicht bzw, der Zufahrtsweg war mit großen Erdhaufen zugeschüttet.

Wir schwenkten ab nach Osten in Richtung der Stadt Belomorsk, die, wie schon der Name sagt, am Weißen Meer liegt. Die holprige Straße dorthin verläuft auf der zweiten Hälfte entlang dem Weißmeer-Ostsee-Kanal. Dort wurden wir endlich fündig. Direkt am Kanal, der hier eher wie ein breiter Fluss wirkt, fanden wir einen schönen Platz.



Wir genossen die Abendsonne, die gegen 18 Uhr immer noch ordentlich brannte. 22 Grad zeigte das Thermometer, und das 200 km vor dem Polarkreis! Nicht zu fassen, aber schön.

Sobald die Sonne hinter den Bäumen abtauchte, kamen die Mücken aus ihren Verstecken. Wir ergaben uns und flohen ins Auto. Dort schrieb ich bis Mitternacht an meinem Tagebuch, und das ohne jede Lampe oder Kerze. Um 0:10 Uhr war es taghell. Weiße Nächte eben. Ich legte mich schlafen, während in der Ferne ein Kuckuck wohl keine Ruhe fand und seinen Ruf ertönen ließ.

Standort: N 64° 26' 46.6" E 34° 32' 34.7"
gefahrene Strecke: 289 km


Montag, 2. Juli 2017

Gestern fuhr kein einziges Schiff an uns vorüber. Vielleicht gibt es hier ein Sonntags-Fahrverbot für Schiffe? Heute hingegen tuckerten schon einige Boote und Schiffe vorbei. Wir saßen den ganzen Tag in der Sonne und genossen die Ruhe. Wir legten unser Thermometer in die Sonne. Es zeigte nach kurzer Zeit 48 Grad an. Entsprechend lief uns der Schweiß. Und das im hohen Norden!


Dieser Kanal, an dem wir hier sitzen und unser Leben genießen, bedeutete für viele Menschen den Tod. Auf Stalins Geheiß wurde von September 1931 bis April 1933 dieser Wasserweg erschaffen,der 227 km lang ist. Künstliche Abschnitte verbinden Seen und Flüsse miteinander. Durch ihn ist es möglich, von St. Petersburg per Schiff direkt bis in die Barentssee zu fahren. Ohne den Kanal müssten Schiffe um ganz Skandinavien herum fahren und müssten dabei 4000 km mehr zurücklegen. Für den Bau wurden damals hauptsächlich Gefangene der Gulags eingesetzt. 50000 von ihnen ließen auf Grund der unmenschlichen Arbeitsbedingungen und unzureichender Nahrung und medizinischer Versorgung ihr Leben. Deswegen wird der Kanal auch manchmal „Kanal des Todes“ genannt.

Am Nachmittag hatten wir ein ganz typisches Erlebnis mit zwei jungen russischen Familien. Sie kamen mit zwei Autos und einigen Kindern, setzten sich in einem Meter Abstand direkt neben uns, sagten aber kein Wort und vermieden auch jeden Blickkontakt. Bis auf die beiden Frauen tobten alle im Wasser herum, wärmten sich dann in der Sonne wieder auf und schickten sich an, wieder zu gehen. Zum Schluss schüttete einer der beiden Männer einen kleinen Sack mit Holz auf den Holzhaufen, den ich am Vormittag schon gesägt hatte. „For free“, meinte er und lächelte. Wir waren wieder mal verblüfft. Immerhin konnten wir den Kindern noch ein paar Kekse zustecken. Warum nur sind die Russen anfangs so kontaktscheu???

Später hatten wir unseren Spaß beim Füttern der Möwen, die unglaublich geschickt hochgeworfene Brotstückchen noch während des Fluges mit dem Schnabel auffingen. Manchmal geschah dies völlig lautlos, dann wieder mit lautem Geschrei. Ein aufregendes und sättigendes Spiel für die Vögel, lustig und unterhaltsam für uns.

Morgen werden wir weiter nach Norden fahren und evtl. schon den Polarkreis überschreiten. Ihr werdet es hier im Blog lesen, bleibt also schön neugierig...

Standort: N 64° 26' 46.6" E 34° 32' 34.7"
gefahrene Strecke: 0 km


am Nachmittag fast 50 Grad in der Sonne

dieses Bild entstand kurz nach Mitternacht

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