Sonntag,
16. Juli 2017
Bei herrlichem Sonnenschein fuhren wir
auf der 98 am Tanafjord gen Norden. Zwischen Blumenwiesen rollten wir
dahin und stoppten mal da, mal dort, um den Blick auf das blaue
Wasser des Fjords und die Schneegipfel weit dahinter zu genießen.
Wir bogen ab auf die 888. Bald umgab
uns wieder die Tundra. Am Ortseingang von Gamvik trauten wir unseren
Augen kaum. Ein Schild mit einem Willkommensgruß stand inmitten
eines Feldes sattblau blühender Lupinen. Dass diese herrliche Blumen
sogar hier oben in diesem rauen Klima gedeihen, hätte ich nicht für
möglich gehalten.
In dem kleinen Ort leben etwa 1000
Menschen. Die bunten Häuschen strahlten in der Sonne. Nach weiteren
drei Kilometern erreichten wir Slettnes fyr, den nördlichsten
Leuchtturm auf europäischem Festland. Er steht auf dem 71.
Breitengrad (N 71° 05' 33“). Nur noch wenige hundert Meter weiter
befindet sich auch der nördlichste Punkt des europäischen
Kontinents.
Nun spürten wir deutlich, dass wir
uns sehr weit im Norden aufhielten. Obwohl die Sonne schien, zeigte
das Thermometer nur noch 9 Grad an. Der heftige Wind, der uns um die
Ohren blies, ließ uns frösteln.
Unseren Plan, hier zu übernachten,
ließen wir schnell fallen, denn es gab nirgends ein windgeschütztes
Fleckchen. Also ging es am Nachmittag die gleiche Strecke auf der 888
zurück. Bei dem Örtchen Lebesby fanden wir eine schöne Stelle für
die Nacht. Doch zwei Stunden nach unserer Ankunft schüttelten
äußerst heftige Windböen den Gecko dermaßen durch, dass wir um
unser Klappdach fürchten mussten. Was half es, wir mussten wieder
alles zusammenpacken und nach einem ruhigeren Platz suchen. In der
Tundra einen windgeschützten Platz zu finden, ist fast ein Ding der
Unmöglichkeit. Deshalb mussten wir zurück bis zur 98, wo wir 4 km
westlich von Ifjord endlich fündig wurden.
Standort: N 70° 27' 17.8“ E 26°
59' 48.8“
gefahrene Strecke: 324 km
Montag,
17. Juli 2017
Unser heutiges Ziel war das berühmte
Nordkap. Auf der 98 fuhren wir bis Lakselv, wo wir auf die E6 trafen.
Bei Olderfjord ging es auf der E69 immer weiter nach Norden. Ständig
staunten wir über die einmalig schöne Landschaft. Die fast
schwarzen Berge fallen an manchen Stellen fast senkrecht ab in den
Porsangen genannten Fjord. Die Straße klebte dann förmlich an den
Felsen, um dann zum wiederholten Mal in einem Tunnel zu verschwinden.
In einem der Tunnels tropfte so viel Wasser von der Decke, dass ich
mehrmals die Scheibenwischer einschalten musste.
Der längste Tunnel auf dieser Strecke
verbindet mit seinen knapp 7 km Länge die Insel Mageröya, auf der
sich das Nordkap befindet, mit dem Festland. Steil geht es im Tunnel
abwärts bis 212 m unter der Wasseroberfläche. Eine zehnprozentige
Steigung führt wieder zurück ans Tageslicht. Die Benutzung des
Tunnels ist übrigens seit 2012 kostenlos.
Bis zum Nordkap geht es nun ständig
bergauf und bergab. Die vielen Radfahrer, die in beiden Richtungen
unterwegs waren, nötigten uns höchsten Respekt ab.
Bevor wir endlich den nördlichsten
Punkt unserer Reise erreichten, wurden wir erst mal kräftig zur
Kasse gebeten. 270 Kronen verlangte die nette Frau im Kassenhäuschen
von mir. Pro Person! Ich wusste aber, dass es auch Tickets für 180
Kronen gibt. Nur widerwillig verkaufte sie diese an uns und wies
nachdrücklich darauf hin, dass wir nicht über Nacht bleiben
dürften, den Nordkap-Film nicht sehen und das Museum nicht besuchen
könnten.
Auf dem riesigen Schotterparkplatz
reihten sich die Womos in mehreren Reihen wie auf Perlenschnüren
auf. Ungefähr 20 Reisebusse standen auch schon da. Massentourismus
eben. Entsprechend groß war dann der Andrang an dem weltbekannten
stählernen Globus, denn jeder wollte davor fotografiert werden. Wir
natürlich auch.
Wir ließen den Trubel jedoch bald
hinter uns und liefen ein Stück an der Kante des Felsplateaus
entlang, das 307 m hoch aus dem Wasser des Polarmeeres herausragt.
Weit schweiften unsere Blicke hinaus auf die Barentssee, die völlig
ruhig vor uns lag. Da standen wir nun auf 71° 10' 21“ nördlicher
Breite und wussten, dass der Nordpol nur noch lächerliche 2100 km
entfernt war. Und wir wussten auch, dass das Nordkap natürlich nicht
der nördlichste Punkt Europas ist, wie von der Tourismusbranche
immer gern behauptet wird. Uns war es egal. Wir genossen den
Augenblick. Das Beste daran war, dass schließlich sogar die Sonne
heraus kam, was am Nordkap wohl nur sehr selten passiert.
Vermutlich hätten wir uns auch den
14-minütigen Film und das Museum ansehen und auch über Nacht
bleiben können, denn nirgends wurde kontrolliert. Wie auch. Für 180
Kronen gab es ja nicht mal eine Eintrittskarte. Lediglich einen
schnöden Kassenbon wie im Supermarkt hatten wir bekommen.
Am frühen Abend machten wir uns auf
den Rückweg. 25 km vor Olderfjord übernachteten wir auf einem
Parkplatz in windgeschützter Lage.
Standort: N 70° 40' 03.7“ E 25°
23' 19.0“
gefahrene Strecke: 380 km
Dienstag,
18. Juli 2017
Von heute an geht es nur noch nach
Süden. Zunächst fuhren wir bis Alta. Die Nordlichtkathedrale als
touristisches Highlight war nicht schwer zu finden. Eine moderne
Kirche mit kühner Architektur, die uns wirklich gut gefiel.
Natürlich wollten wir sie auch von innen sehen. ABER: Die Norweger
spinnen! 150 Kronen Eintritt p.P. Für die Kirche! Nee, liebe
Wikinger, wir finden das Geld auch nicht auf der Straße. Und seit
wann muss man in einer Kirche Eintrittsgeld bezahlen, gleich wenn
darin noch eine Ausstellung gezeigt wird?
Weiter ging unsere Reise erst am Ufer
des Altafjorden entlang, danach am wunderschönen Langfjorden. Steil
und schwarz ragten die Berge am gegenüber liegenden Ufer aus dem
Wasser auf. Dunkle Wolken zogen darüber hinweg und zauberten
dramatische Bilder in die Landschaft. Wie mag es erst bei
Sonnenschein hier aussehen?
Immer wieder sahen wir, wie weiß
leuchtende Wassermassen in zahlreichen Bächen von den Bergen in den
Fjord stürzten. Noch beeindruckender sind die vielen riesigen
Wasserfälle. Vor einer dieser gewaltigen Kaskaden fanden wir einen
hervorragenden Platz, von dem aus wir sowohl den Wasserfall als auch
den Fjord bewundern konnten. Schade nur, dass es immer wieder
regnete.
Standort: N 70° 03' 42.7“ E 22°
31' 16.2“
gefahrene Strecke: 189 km
Mittwoch,
19. Juli 2017
Leider zeigte sich auch heute wieder
das Wetter von seiner miesen Seite. Kalter Wind bei 12 bis 13 Grad und
häufige Regenschauer ließen uns die Sonne herbeisehnen. Wenn wir
uns schon nicht über das Wetter freuen konnten, gab es Grund zur
Freude an einer Tankstelle. Hier kostete der Liter Diesel „nur“
12,49 Kronen (1,33 Euro). Beim ersten Tankstopp in Norwegen mussten
wir noch 15,29 Kronen (1,63 Euro) bezahlen. Wenig Spaß machte dann
das Einkaufen in einem Supermarkt. Hier ist einfach alles teuer.
Lediglich einfaches Brot hat einen ähnlichen Preis wie in
Deutschland. Nur mal ein paar Beispiele: 250 g Butter 21,90 Kronen
(2,36 €), 5-Liter-Flasche Wasser 29,50 Kronen (3,18 €), 850 g
Joghurt naturell 25,90 Kronen (2,79 €). Bei Alkohol haben wir gar
nicht erst nachgeschaut.
Später lenkte uns die faszinierende
Fjordlandschaft vom Einkaufsschock ab. Diese gewaltigen Berge, auf
denen immer noch Schneereste weiße Muster zeichnen, davor das ruhige
Wasser des Fjords, dann wieder die hübschen Häuser am Wegrand. Es
gab immer etwas zu sehen. Es machte wirklich Spaß, so durch dieses
wunderschöne Land zu reisen.
Durch die steil abfallenden Berge sind
Stellplätze hier nicht leicht zu finden. Diesmal nutzten wir einfach
einen der seltenen Waldwege, um für die taghelle Nacht von der
Straße aus unsichtbar zu sein.
Standort: N 69° 09' 43.6“ E 19°
04' 40.2“
gefahrene Strecke: 273 km
Donnerstag,
20. Juli 2017
Auf der E6 ging es heute weiter nach
Westen, bis wir auf die 825 abbogen. Fast ständig fuhren wir an
Fjorden entlang. Schade nur, dass auch heute wieder die dicken Wolken
sehr tief hingen und wir die schönen Landschaften nur erahnen
konnten.
An der Stelle, wo die 825 auf die E10 trifft, brachte uns eine gewaltige Brücke über den Vagsfjord.
Danach fuhren wir auf der 83 bis Harstad. Dort biegt die Straße direkt nach Westen ab, überquert einen Bergrücken und folgt dann der Küstenlinie des Güllesfjord bis Refsnes. Von dort brachte uns eine Fähre für akzeptable 115 Kronen in knapp einer halben Stunde nach Flesnes.
aus solchen Anlagen kommen die norwegischen Lachse |
An der Stelle, wo die 825 auf die E10 trifft, brachte uns eine gewaltige Brücke über den Vagsfjord.
Danach fuhren wir auf der 83 bis Harstad. Dort biegt die Straße direkt nach Westen ab, überquert einen Bergrücken und folgt dann der Küstenlinie des Güllesfjord bis Refsnes. Von dort brachte uns eine Fähre für akzeptable 115 Kronen in knapp einer halben Stunde nach Flesnes.
Irgendwann tauchte vor uns das Schild
mit der Aufschrift „Lofoten“ auf. Diese Inselgruppe wollten wir
heute erreichen. Nach einem der zahlreichen Tunnels, irgendwann hatte
ich aufgehört mitzuzählen, strahlte uns doch tatsächlich die Sonne
entgegen. Das Wasser des Fjords leuchtete plötzlich hellblau. Viele
kleine Insel ragten dunkel aus dem Wasser. Die steil aufragenden,
spitzen Berge, die sich dunkel vor dem plötzlich blauen Himmel
abzeichneten, umrahmten das Bild majestätisch. So hatten wir uns die
Lofoten gewünscht, und so genossen wir sie nun.
Standort: N 68° 27' 43.4“ E 15°
05' 30.0“
gefahrene Strecke: 293 km
Freitag,
21. Juli 2017
Draußen in der Sonne sitzend
frühstücken, das konnten wir heute seit längerer Zeit endlich mal
wieder. Da fing der Tag gleich richtig gut an. Ursprünglich hatten
wir uns vorgenommen, heute einen Campingplatz anzusteuern. Wäsche
und Haare waschen waren dringend angeraten. Doch wie so oft kam es
anders.
Nach einem tiefen Unterwassertunnel
verließen wir die E10, um ganz gemütlich an der Nordküste der
Insel Austvagöy die Aussicht zu genießen. Es machte unheimlich
Spaß, gemächlich auf der schmalen Asphaltstraße dahinzurollen.
Natürlich legten wir den einen oder anderen Fotostopp ein. Hier
lockt fast jede Aussicht, auf den Auslöser zu drücken. Bei
Sonnenschein sieht eben doch alles noch viel schöner aus. Das, was
an den letzten Tagen nur Grau in Grau schien, leuchtete nun in den
buntesten Farben. Da hier das Land an der Küste etwas flacher ist,
gibt es viele saftig grüne Wiesen, die teilweise schon gemäht
wurden. Bunte Wiesenblumen säumten die Straßenränder. Wie überall
hier leuchteten die Häuser in rot, gelb und manchmal auch weiß. Auf
der Landseite ragen steil die gestern noch grauen Berge auf, heute
nun in dunklem Grün von Bäumen, Sträuchern und Flechten. Zwischen
den Zacken und Spitzen der Berge leuchten weiß die letzten Reste des
Schnees vom vergangenen Winter. Und schließlich das Meer. Je nach
Lichteinfall wirkt es mal dunkelblau, dann leuchtet es in hellem
Türkis wie in der Karibik, aber es kann auch mal ein dunkles
Flaschengrün annehmen. Wir konnten uns kaum satt sehen an dieser
Pracht.
Irgendwo zweigte ein holpriger Feldweg
ab, dem wir folgten. Vielleicht bringt er uns zu einem hübschen
Stellplatz, wo wir diesen herrlichen Tag verbringen könnten. Der
Gecko zwängte sich dann durch dichtes Gebüsch, bis wir auf einer
Art Damm standen. Vor uns das blaue Meer und genug Platz, wo wir
ungestört hätten stehen können. Doch es stellte sich uns eine
ganze Kuhherde in den Weg. Normalerweise scheuen Tiere vor Fahrzeugen
zurück. Nicht so diese Rindviecher. Zentimeter für Zentimeter ließ
ich den Gecko auf sie zu rollen. „Die gehen schon beiseite,“
sagte ich zu Jutta. Doch genau das Gegenteil geschah. Sie kamen uns
auf dem Damm entgegen, guckten ganz neugierig und schnupperten
interessiert an Stoßstange und Kühlergrill. Hinter einem kleinen
Felsen kamen noch mehr Kühe und drängten nach vorn. Alle wollten
wohl diesen Eindringling beäugen.
Gegen die Kühe hätten wir uns sicher
noch durchsetzen können, nicht jedoch gegen die Fliegenschwärme,
die um sie herum schwirrten. Wir schlossen die Fenster und traten den
Rückzug an. Das hieß, ich musste auf diesem Damm, also auf engstem
Raum, wenden. Nach X-mal vor- und zurückstoßen und unter Juttas
todesmutigem Einsatz als Einweiserin, sie war ja dabei ständig der
Bedrohung durch diese wilden Bestien ausgesetzt, gelang das
Wendemanöver und wir konnten zurück fahren. Was für ein
Abenteuer... ;-)
Nur wenige Kilometer weiter ließen
wir uns direkt am Ufer eines Armes des Vatrifjords nieder. Wir
standen zwar nur wenige Meter von der Straße entfernt, doch bei so
wenig Verkehr störte uns das kaum. Sicherheitsbedenken haben wir
hier in Norwegen sowieso keine.
Hinter dem Fjord ragte ein spitzer
Berg auf wie eine riesige Haifischflosse. Links und rechts von ihm
gezackte Bergrücken mit Schneeresten. Und direkt vor uns blinkte das
glasklare blaue Wasser. Völlige Stille umgab uns. Die Sonne heizte
uns mächtig ein. Ein perfekter Platz!
Wir packten unsere bequemen Stühle
aus, setzten uns hin und taten nichts. Einfach nichts. Nur da sitzen,
schauen und genießen. Herrlich!
Auf der anderen Straßenseite
plätscherte in einiger Entfernung ein Gebirgsbach herab. Sein Wasser
nutzten wir später zum Haare- und Wäschewaschen. Wozu also einen
teuren Campingplatz ansteuern, wo es doch hier in der Natur alles
gratis gibt? Jutta spielte dann noch Friseuse und schnitt mir die
Haare. Und dann war wieder faulenzen angesagt auf diesem traumhaft
schönen Fleck bei traumhaft schönem Wetter.
Standort: N 68° 21' 13.5“ E 14°
29' 26.0“
gefahrene Strecke: 56 km