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Mittwoch, 18. Januar 2017

Aus der Sahara über den Hohen Atlas an den Atlantik

Nur ungern verließen wir den Erg Znigue, weil es uns dort wirklich richtig gut gefiel. Diese totale Ruhe, Sanddünen rundum, die ihre Farbe je nach Tageszeit von blassgelb bis fast dunkelrot ändern, darüber strahlend blauer Himmel. Vom Vormittag bis zum Abend herrschten sehr angenehme Temperaturen so um 23 bis 24 Grad. Die Sonne brannte manchmal schon richtig. Nach Sonnenuntergang kühlte es sehr schnell ab. Dafür erstrahlten am immer dunkler werdenden Nachthimmel tausende und abertausende von Sternen, aber nur so lange, bis der Mond am Horizont aufstieg und die Wüste in seinem weißen Licht badete.


letzter Abend am Erg Znigue


Am Morgen des 14. Januar brachen wir in nördliche Richtung auf, nachdem wir die Windschutzscheibe vom Eis befreit hatten. Merzouga ließen wir links liegen, da wir den Erg Chebbi auf der Ostseite umfahren wollten. 35 Kilometer Tiefsand lagen nun vor uns. Anfangs konnte man die Piste beim besten Willen nicht verfehlen. Später zeigte sich dann, dass uns die wenigen Wegpunkte, mit denen ich die Navi-App auf dem Tablet gefüttert hatte, nicht unbedingt helfen würden. Entweder versperrten Dünen den Weg, oder ein Graben mit zu steilen bzw. zu hohen Rändern. Wir folgten dann irgendwelchen Spuren, die gerade noch so im tiefen Sand erkennbar waren.

Hier in diesem tiefen, weichen Sand wäre ohne Allradantrieb kein Vorwärtskommen möglich. Meistens kämpfte sich unser Gecko im zweiten Gang mit relativ hoher Drehzahl vorwärts. Manchmal musste ich blitzschnell in den ersten Gang runterschalten, um genügend Vortrieb zu haben. Eine kleine Düne erwies sich dann doch als schwieriger als zuvor gedacht. Bis kurz vor den obersten Punkt schaffte es der Gecko, aber eben nicht darüber. Als es auch im vierten oder fünften Anlauf nicht klappte, half nur noch eins: Luftdruck in den Reifen reduzieren. Und siehe da, plötzlich stellte die Düne überhaupt kein Hindernis mehr dar. Es machte immer mehr Spaß, durch den Sand zu pflügen. Unser Vertrauen in den Gecko und an meine „Fahrkünste“ (so viel Offroad-Erfahrung habe ich ja nun auch noch nicht) wuchsen immer mehr. Doch wie es so oft im Leben ist, war es auch hier. Wenn es am schönsten ist, soll oder muss man aufhören. Wir hatten nach vielleicht zwei Stunden wieder Asphalt unter den Rädern.

Blick vom Osten auf den Erg Chebbi




Als wir hielten, um die Reifen wieder mit normalem Luftdruck zu versehen, war weit und breit kein Mensch zu sehen. Trotzdem tauchten wie aus dem Nichts innerhalb weniger Minuten nacheinander mehrere Leute auf, die uns irgendwelche Mineralien und Fossilien aufschwatzen wollten. Selbst wenn man schon fünf oder sechs Mal „Nein, danke“ gesagt hat, lassen sie nicht locker. Das ist es, was uns manchmal den Spaß an diesem sonst so wunderschönen Land etwas verdirbt. Vielleicht sollten wir uns da einfach eine dickere Haut zulegen...

Am späten Nachmittag erreichten wir nach knapp 140 km das Camp Hakkou in Aoufus. Wir wurden auf dem kleinen, hübschen Campingplatz freundlich mit Tee und Nüssen empfangen

Wir hatten uns auf eine kalte Nacht eingerichtet, doch eigenartigerweise war es hier nicht ganz so kalt wie in der Wüste, obwohl wir in knapp 900 m Höhe standen. Nachdem wir schon 20 oder mehr Kilometer gefahren waren, fiel uns ein, dass wir vergessen hatten, das große Brot, das wir am Vortag vom Besitzer bekommen hatten, zu bezahlen. Peinlich, peinlich. So ein Fladenbrot kostet zwar höchstens 2 Dirham, also weniger als 20 Eurocent, trotzdem ar es uns sehr unangenehm. Wir beruhigten uns dann mit dem Gedanken, dass wir dem Besitzer ein paar Kleinigkeiten für seine drei Kinder geschenkt hatten. Vielleicht oder hoffentlich behält er uns trotzdem in guter Erinnerung.

ein in Deutschland wohl eher seltenes Verkehrsschild

Oase im Ziz-Tal


der Hohe Atlas liegt vor uns

Nun lag der Hohe Atlas vor uns. Es war schon beeindruckend, wie sich dieses mächtige Gebirge über den gesamten Horizont vor uns auftürmte. Der Schnee glänzte allerdings nur in größeren Höhen. Die Straße wand sich immer höher hinauf, bis wir bei 2185 m den höchsten Punkt unserer Tour erreicht hatten. Allerdings hatten wir uns diese Überquerung ganz anders vorgestellt. Wir rechneten mit meterhohem Schnee und evtl. gesperrten Pässen. Auf der Nordseite des Gebirges fanden wir dann doch noch einige verschneite Stellen und konnten es uns natürlich nicht verkneifen, mit dem Gecko mal in den Schnee zu fahren. Hier gibt es sogar einige Skigebiete, doch wird bei so wenig Schnee kaum Betrieb dort sein.

Hoher Atlas



Nordseite des Hohen Atlas





Die Landschaft hatte sich inzwischen völlig verändert. Pinien, mächtige Zedern und Eichen wuchsen auf den Berghängen. In den tieferen Lagen grünte die frische Saat auf den Feldern. Kurz vor Azrou wunderten wir uns zunächst über die vielen Menschen, die hier unterwegs waren. Schnell wurde uns klar, dass wir uns dem Gebiet befanden, wo die Berberaffen leben. Einige dieser Affen sahen wir in den Bäumen herumturnen. Wir hatten aber absolut keine Lust, uns in diesen Touristenrummel zu stürzen. Schade um diese Attraktion...

Gestern hatte uns ein Franzose das Camp Amazigh nahe Azrou empfohlen. Es war ein guter Tipp. Wir standen in einer Plantage mit uralten Kirschbäumen. Der nette Besitzer Hassan spricht nahezu perfewkt deutsch, da er lange Zeit in Köln gelebt hat. Die eigentliche Attraktion dieses Camps aber sind die Störche, die die riesigen Nester auf den Dächern der benachbarten Häuser bevölkern. Insgesamt fünf Paare zählten wir, die am Abend mit ihren langen Schnäbeln um die Wette klapperten. Und ich dachte immer, die Störche ziehen im Winter in den Süden, weil es dort wärmer ist. Dabei stehen sie hier in 1500 m Höhe in ihren Nestern und trotzen der Kälte. Aber immerhin ist es hier ja wenigstens tagsüber entschieden wärmer als in Europa.

Da die Temperatur in der Nacht sicher wieder unter null Grad sinken würde, brachten wir erstmals die Vliesverkleidungen an den Zeltwänden des Klappdachs an. Und das war gut so...

Am Morgen des 17. Januar zeigte das Außenthermometer -3 Grad an. Im Auto herrschte immerhin ein Grad plus. Gefroren haben wir in der Nacht jedoch nicht. Es dauert auch nur wenige Minuten, bis die Standheizung eine fast gemütliche Temperatur im Auto erzeugt hat. Mit einem dampfenden Kaffebecher in der Hand ist die Welt in Ordnung. Ende März, Anfang April muss es auf diesem Platz herrlich duften, wenn die Kirschbäume blühen. Am besten bleibt man dann bis in den Mai, wenn die Kirschen reif sind.



So schön es auf diesem Platz war, zog es uns doch wieder in wärmere Gefilde. Und die hofften wir, an der Atlantikküste zu finden. Unser Tagesziel lautete Moulay Bousselham, wo wir ganz am Anfang unserer Marokkotour schon waren. Auf der gut 200 km langen Strecke rollten wir durch frühlingshafte Landschaften. Überall grünte es. Wie sich doch die Natur in den letzten fünf, sechs Wochen verändert hatte. Wir konnten kaum glauben, noch in Afrika zu sein, so viel Grün um uns herum. Die in den höheren Lagen befindlichen Obstplantagen wurden nun durch Zuckerrohrpflanzungen und weite Getreidefelder abgelöst. Zwischendurch sahen wir auch riesige Flächen, auf denen Wein angebaut wird.

es grünt so grün...

Auf dem Camp „Atlantic Gate“ in Moulay Bousselham konnten wir uns sogar auf den gleichen Fleck stellen wie schon einige Wochen zuvor, also etwas abseits der nun inzwischen zahlreichen Wohnmobile.

Hier stehen wir nun schon den zweiten Tag und genießen die Sonne, die tagsüber so herrlich warm ist. Nachts ist es allerdings immer noch sehr kalt. Es soll sogar noch kälter werden. Wir würden es heir schon noch ein paar Tage aushalten. Solte das Wetter jedoch schlechter werden, machen wir uns endgültig auf den Heimweg. Wie wir durch die Kälte in Frankreich und Deutschland kommen, werden wir erleben. Erfrieren werden wir schon nicht.

Dies ist mein letzter Bericht von unterwegs. Wie es uns auf der Heimreise ergangen ist, erfahrt Ihr dann im nächsten und auch letzten Bericht von dieser Reise.


Bleibt also weiterhin schön neugierig...

Moulay Bousselham

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