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Montag, 14. September 2015

Stalingrad – Wolgograd und danach durch Georgien in die Türkei

2. September 2015

Bevor wir nach einem geruhsamen Ruhetag wieder losfuhren, blies ich mit dem Kompressor den Luftfilter durch und befreite ihn von Unmengen Staub. Kein Wunder nach vielen hundert teilweise extrem staubigen Kilometern durch die Steppen Usbekistans und Kasachstans. Nun kann der Gecko wieder frei durchatmen.

Auf der E40 rollten wir immer weiter in Richtung Wolgograd und genossen dabei regelrecht die perfekte Asphaltstraße. Das war eine Wohltat für die Nackenmuskulatur und für die in den zuletzt bereisten Ländern arg beanspruchten Bandscheiben und auch für unsere Nerven.

Obwohl wir den ganzen Tag parallel zur Wolga fuhren, sahen wir sie nur selten, da sie meist einen oder zwei Kilometer neben der Straße dahinfließt.Auch hier ist das Land extrem flach und besteht aus Steppe und wenigen Ortschaften.

Wir erreichten die Stadtgrenze von Osten her viel eher als erwartet, da wir nicht ahnten, dass sich diese Stadt über 100 Kilometer hinzieht. Die Außenbezirke wirkten erschreckend auf uns, denn sie bestanden fast vollständig aus Industrieruinen. Wahrscheinlich sind das alles alte Fabriken aus Sowjetzeiten, die nun unrentabel geworden sind und aufgegeben wurden. Ab und zu sieht man noch etwas Rauch aus einem Schornstein aufsteigen oder Dampf aus einem Kühlturm. Und mittendrin stehen abgewohnte Wohnblocks. Die Menschen, die hier leben müssen, tun uns wirklich leid.


Je mehr wir uns dem Stadtzentrum näherten, desto moderner wirkte die Stadt. Riesige Einkaufsmärkte locken die Leute mit bunter Reklame. Überhaupt spielt Werbung auf den Straßen eine sehr große Rolle. Unmengen von überdimensionalen Werbetafeln säumen die Straßen.

Wir befolgen einen Stellplatztipp und parken unseren Gecko auf dem Parkplatz des Hotels Tourist, das seine besten Jahre auch schon lange hinter sich hat. Die Wolga ist zwar nur 100 Meter entfernt, doch leider versperrt ein Bauzaun die Sicht.

Noch am Nachmittag laufen wir los und erreichen schon nach wenigen Minuten den Eingang zur Gedenkstätte, die sich auf dem Mamai-Hügel befindet. Schon von weitem leuchtet uns die 85 m hohe Betonskulptur (es existieren unterschiedliche Höhenangaben) entgegen. Ihr Titel „Mutter Heimat ruft“. Eine athletische, vorwärts stürmende Frauenfigur reckt den rechten Arm mit langem Schwert in den Himmel und ruft, halb nach hinten gewandt, mit weit geöffnetem Mund zur Verteidigung der Heimat. Man mag solche monumentalen Kunstwerke schön finden oder auch nicht, beeindruckend ist dieses Mahnmal auf jeden Fall. Es erinnert und mahnt an die Schlacht, die hier vom Herbst 1942 bis 2. Februar 1943 tobte und über 700000 Menschen das Leben kostete.





Wir stiegen eine breite Treppe hinauf, die zum Teil von Mauerresten zerstörter Gebäude gesäumt wird, die man hierher brachte und dann mit Szenen der Schlacht versah. Aus Lautsprechern ertönt Gefechtslärm, kurze Ausschnitte aus originalen Radiosendungen von damals sind zu hören sowie Kampflieder der Roten Armee. Eine teilweise beänstigende Szenerie.



"Für unsere sowjetische Heimat"

Später betraten wir die kreisrunde Ruhmeshalle, in der ehrfürchtige Stille herrscht. In der Mitte der Halle reckt eine weiße Hand eine Fackel mit dem nie erlöschenden Feuer in die Höhe. Mehrere Meter vor ihr stehen links und rechts regungslos zwei junge Soldaten und halten Ehrenwache. Die Hallenwand trägt die Namen Tausender gefallener Sowjetsoldaten stellvertretend für alle, die in dieser Schlacht ihr Leben lassen mussten. Die Wachablösung zieht natürlich viele Touristen an. In eigenartiger, langsamer Schrittfolge, die bei einigen Bewegungen an den Stechschritt der NVA der DDR erinnert, betreten fünf junge Soldaten mit Gewehren und aufgepflanztem Bajonett die Halle. Zuerst werden die Soldaten vor der Fackel und danach die zwei am Ausgang der Halle abgelöst. Ein weiterer Soldat tupft den Wachsoldaten mal den Schweiß von der Sturm und rückt dann eine Mütze zurecht. Die Verschlüsse der Kameras klicken, Blumen werden niedergelegt. Auch wir steuerten einen kleinen Blumenstrauß bei. Nicht, weil viele es tun, sondern weil es uns ein Bedürfnis war.


in der Ruhmeshalle



Viele Gedanken gingen uns durch den Kopf. Unzählige Menschen haben in dieser Schlacht und in diesem unseligen 2. Weltkrieg ihr Leben verloren. Ich persönlich kann keine Schuld empfinden, auch wenn ich Deutscher und demzufolge Angehöriger des Volkes bin, von dem dieser Krieg ausging. Nicht das deutsche Volk hatte den Krieg angezettelt, es waren die Faschisten, denen leider zu viele Deutsche vertrauten. Wir sind froh, dass wir hier sein dürfen und dass uns niemand feindlich gegenübertritt, auch wenn viele bemerkt haben dürften, dass wir Deutsche sind.


Aufmarsch zur Wachablösung



Mutter Heimat ruft
Blick vom Mamai-Hügel zur Wolga

3. September 2015

Eine unruhige Nacht lag hinter uns. Gegen zwei Uhr ging die Alarmanlage des neben uns parkenden Lada los und verstummte erst nach einigen Minuten. Wir dachten, es musste ein Fehlalarm sein, denn es war in der Dunkelheit niemand zu sehen. Am Morgen stellten wir jedoch fest, dass die rechte Hintertür des Lada offen stand. Hatte sich doch jemand daran zu schaffen gemacht?

Am Panorama-Museum, das erst 10 Uhr seine Pforten öffnete, trafen wir viel zu zeitig ein. Wir nutzten die Gelegenheit, um das einzige nach der Schlacht erhalten gebliebene Gebäude zu besichtigen. Es war das damalige Zentralkaufhaus, in dessen Keller am 31. Januar 1943 Feldmarschall Paulus gefangengenommen wurde. Ich stamme aus Dresden, das im Krieg auch schwer zerstört wurde. Doch wenn ich mir vorstelle, dass von der Millionenstadt Stalingrad nur ein einziges Gebäude erhalten blieb, und das auch nur als Ruine, nein, ich kann es mir nicht wirklich vorstellen, wie grausam dieser Krieg gewesen sein muss.

Im Museum, das der Schlacht um Stalingrad gewidmet ist, mieteten wir uns ein Audiogerät, das uns im Museum wichtige Dinge erklären sollte. Im modern gestalteten Museum wird der Verlauf der Schlacht detailliert beschrieben und viele der sowjetischen Offiziere und Soldaten geehrt. Uns beeindruckte am meisten ein riesiges Modell eines Teiles der Stadt, an dem mittels mehrerer Beamer anschaulich der Verlauf der Schlacht dargestellt wird und natürlich die vier Panorama-Gemälde. Auf den Gemälden werden Original-Personen an Original-Schauplätzen ziemlich realistisch dargestellt. Den Eindruck verstärken diverse Gegenstände, die ähnlich wie bei einer Collage vor den Gemälden platziert sind und das Dargestellte ergänzen. Alle diese Gegenstände wie der verbogene Propeller eines abgeschossenen Flugzeugs, Munitionskisten, Granathülsen, verbeulte Benzinfässer usw. stammen von den Schlachtfeldern.

Verblüffend und angenehm empfand ich in diesem Museum, dass die Sowjetsoldaten nicht als die Superhelden und die deutschen Angreifer nicht als fiese Schurken dargestellt werden. Es wird der Sieg der Roten Armee über den Aggressor geschildert. Logisch, dass dabei immer Stolz mitschwingt, doch wer freut sich nicht über einen Sieg, noch dazu über einen so schwer erkämpften? Ich jedenfalls verstehe die Russen und ihren Nationalstolz. Und dann frage ich mich manchmal, worauf ich stolz sein kann...

Panorama-Museum
das einzige erhalten gebliebene Gebäude Stalingrads



Teil eines der vier Panorama-Gemälde

die Wolga bei Wolgograd


In einem dieser irrsinnig großen Supermärkte ergänzten wir unsere Lebensmittelvorräte, was dringend nötig war. Man stelle sich vor, vierzig Kassen, und alle sind besetzt. Und ein Warenangebot, wie es breiter nicht sein kann. Auf Grund des zur Zeit sehr günstigen Wechselkurses macht das Einkaufen erst recht Spaß.

Als wir den wohltemperierten Konsumtempel wieder verließen, schlugen uns 33 Grad schwüle Hitze entgegen. Was für ein Schock.

Nach nur 115 km Fahrt durch die hitzeflimmernde Steppe fanden wir einen Platz in einem dieser Windschutzstreifen. Es sah fast wie in Afrika aus.


nicht in Afrika, sondern in der russischen Steppe

4. September 2015

Weiter ging es durch die Steppe. Elista erreichten wir am Vormittag. In Elista steht die mit neun Metern Höhe derzeit größte Buddha-Statue Europas und ein großer, 2005 fertig gestellter buddhistischer Tempel. Den mussten wir natürlich sehen. Er beeindruckte uns schon ob seiner Größe. Wir durften ihn sogar betreten, obwohl die Mönche eine Art Gottesdienst abhielten. Der für unsere Ohren eintönige Singsang der Mönche hatte auf Dauer etwas Beruhigendes, Besänftigendes. Viele der anwesenden Buddhisten saßen im Schneidersitz, die Hände mit nach oben gekehrten Handflächen ruhten auf den Knien. Tief versunken lauschten sie dem Gesang der Mönche. Die gesamte Atmosphäre gefiel uns sehr gut.


buddhistischer Tempel in Elista



typische buddhistische Gebetsfahnen

Draußen empfing uns wieder Gluthitze. In Elista, in dem Schach eine große Rolle spielt, gibt es einen Stadtteil Chess City, den wir uns eigentlich noch ansehen wollten. Die Gebäude wurden anlässlich der Schacholympiade 1998 errichtet, sollen jetzt aber größtenteils leer stehen. Da wir aber bis ans andere Ende der Stadt hätten fahren müssen, opferten wir diesen Punkt einfach der Hitze.

So allmählich können wir keine Steppe mehr sehen. Wir sind sozusagen steppenmüde. 380 km schafften wir heute und fanden 60 km nordöstlich von Stavropol einen ganz ähnlichen Stellplatz wie gestern, also wieder in einem Windschutzstreifen, der uns Schutz vor der nachmittäglichen Sonne und dem fast schon obligatorischen Nachmittagswind oder -sturm bot. Doch ausgerechnet heute blieb der Wind, der uns ein bisschen Abkühlung verschafft hätte, aus. Mit der Folge, dass Unmengen von Stechfliegen uns das Leben schwer machten. Diese Biester, deren Stich richtig weh tun kann, hatten es natürlich wieder hauptsächlich auf mich abgesehen. Was habe ich nur verbrochen, dass sämtliche stechenden Insekten sich immer an mir austoben müssen???

Aber ein Highlight gab es noch am Abend. Jutta brutzelte uns zwei wunderbare Koteletts, die wir schon in Wolgograd gekauft hatten. Seit Wochen das erste Mal wieder ein ordentliches Stück Fleisch! Was für ein Genuss!

wieder stehen wir in der Steppe in einem Windschutzstreifen
vertrocknete Blätter an den Bäumen
und das bis zum Horizont
5. September 2015

Was für eine Nacht! An Schlaf war anfangs überhaupt nicht zu denken. Es regte sich kein Lüftchen, die Hitze in unserem Klappdach nahm uns förmlich den Atem, obwohl wir alle Seitenfenster geöffnet hatten. Noch vor Sonnenaufgang standen wir auf. Das Thermometer zeigte 30 Grad!

Heute ließen wir offensichtlich die Steppe hinter uns. Das Land wurde welliger und grüner. Fast schien es, als würden wir durch einen riesigen Gemüsegarten fahren, denn überall an den Straßenrändern boten Leute Unmengen von Tomaten zum Kauf an. Ganze Türme aus Tomatenkisten standen am Straßenrand. Wer sollte nur diese Mengen von Tomaten kaufen? Äpfel, Birnen, Wein, Gurken, Melonen, Zwiebeln, alles wurde angeboten. Das Fahren machte wieder Spaß, weil es wieder Abwechslung gab.

Am späten Nachmittag kamen wir an die Grenze Nord-Ossetiens. Viel Militär, kleiner Rückstau. Ein Uniformierter fragte nur, ob wir Touristen seien und winkte uns lächelnd weiter. Wenige Kilometer danach „verschwanden“ wir wieder mal für die Nacht von der Bildfläche. Am Rand eines Feldes hinter Büschen und Bäumen versteckt schlugen wir unser Lager auf. Zum Glück wehte hier ein leichter Lufthauch und machte die abendliche Hitze erträglicher. Gegen 22 Uhr knallten plötzlich in der Nähe Pistolenschüsse. Stimmen drangen durch die Dunkelheit zu uns. Es klang aber alles irgendwie ungefährlich. Wahrscheinlich ballerte jemand aus Jux und Dollerei in der Gegend rum. Die Stimmen klangen eher belustigt als aufgeregt. Bis Mitternacht knallten immer wieder mal zwei, drei Schüsse, mal näher, mal weiter entfernt. Wir beschlossen, dass die Situation ungefährlich für uns ist und versuchten zu schlafen.


sehen von Weitem täuschend echt aus
Fake-Polizeiwagen


6. September 2015

In der Nacht gegen halb drei schreckten wir doch noch einmal auf, als die Schüsse plötzlich von der linken Seite her ertönten. Danach blieb alles ruhig.

Wenn man draußen in der Natur übernachtet, schläft man eh anders als zu Hause oder in einem Hotel. Obwohl man ruhig und fest schläft, sind die Sinne doch nicht ganz abgeschaltet.Speziell das Gehör arbeitet immer noch recht gut. Sobald dann ein Geräusch ertönt, dass irgendwie ungewöhnlich ist, ist man sofort hellwach. Wahrscheinlich schlafen alle Wildtiere so. Doch in dieser Nacht schliefen wir doch etwas unruhiger, da wir die Ursache für die nächtliche Knallerei nicht kannten.

Etwas unausgeschlafen machten wir uns schon beizeiten auf den Weg zur georgischen Grenze, die wir gegen 10 Uhr erreichten. Bis dahin bewunderten wir immer wieder die herrlichen schneebedeckten Gipfel des Kaukasus. Scheinbar greifbar nahe ragten sie vor uns auf, u.a. der dritthöchste Berg des Kaukasus, der Kasbek mit seinen 5033 Metern.


Kaukasus


Schon weit vor der Grenze wunderten wir uns über den kilometerlangen LKW-Rückstau. Sollte die Grenze etwa geschlossen sein? Letztlich standen 24 PKWs vor uns in der Reihe. Schnell stellte sich heraus, dass die Abfertigung recht zügig vonstatten ging. Sowohl auf russischer als danach auch auf georgischer Seite wurden wir schnell, korrekt und freundlich behandelt. Nach nur 1:45 Stunden lag die Grenze hinter uns. Wenn es doch immer so stressfrei und schnell gegangen wäre...

Auf der georgischen Seite stauten sich noch viel mehr LKWs. Es müssen hunderte gewesen sein. Die armen Trucker, wie lange werden sie wohl hier zubringen müssen?


Hunderte LKWs stauen sich auf der georgischen Seite

Die Georgische Heerstraße wand sich durch eine wunderschöne Gebirgslandschaft immer weiter in die Höhe, bis wir den Jvari-Pass in 2395 m Höhe überquerten. Immer neue wunderbare Ausblicke boten sich uns. Alte Kirchen, Klöster und Burgen thronen auf Bergspitzen oder schmiegen sich an den Hang. Wir können uns kaum satt sehen. Uns fallen auch eine Unmenge kleiner Restaurants entlang der Straße auf. Das eine oder andere werden wir sicher mal ausprobieren.

Neben einem malerischen Fluss schlugen wir unser Lager auf. Wir beobachteten, wie die Sonne hinter den Bergen versank, als uns kurz darauf ein eigenartiger, unangenehmer Geruch um die Nasen wehte. Der Wind hatte sich gedreht. Dank meiner Spürnase folgte ich dem widerlichen Gestank und entdeckte keine hundert Meter weiter eine tote Kuh am Flussufer. Verwesungsgestank wehte also ab und zu zu uns herüber. Doch es war schon zu spät und zu dunkel, um einen anderen Stellplatz zu suchen. Glücklicherweise ließ der Wind nach und drehte wieder zurück in seine ursprüngliche Richtung, so dass wir in der Nacht bei klarer Luft schlafen konnten.



Jvari-Pass
Aussichtsplattform
etwas in die Jahre gekommen



die Festung Ananuri aus dem 17. Jahrhundert





7. September 2015

Tbilisi, die Hauptstadt Georgiens, wollten wir heute besuchen. Sie empfing uns mit viel Autoverkehr und großer Hitze schon am Vormittag. Einen Parkplatz zu finden erwies sich als sehr schwierig. Wir kurvten durch die quicklebendige Stadt mit vielen modernen Gebäuden. Nachdem wir endlich einen Parkplatz gefunden hatten und durch ein paar Straßen gelaufen waren, erschlug uns die Hitze förmlich. Wie gesagt, wir sind nicht so die Städtegucker, und so verabschiedeten wir uns recht schnell von der georgischen Metropole.

Auf der wie eine Autobahn perfekt ausgebauten E60 fuhren wir in westlicher Richtung, verließen aber bei Khashuri die Hauptroute, die nach Batumi am Schwarzen Meer führt. Batumi ist zwar auch unser Ziel, doch wir wollen es auf einer Nebenstrecke, die durch den Kleinen Kaukasus führt, erreichen.

In der Kleinstadt Khashuri gelang es uns auch endlich, eine georgische SIM-Karte zu kaufen. Ein entsprechendes Geschäft zu finden, erschien fast unmöglich.Ich sprach einen jungen Mann an, der eben mit seinem Handy telefonierte. Er sprach gut englisch und führte mich sofort zu einem Beeline-Laden, den ich ohne nie gefunden hätte. Für rund vier Euro können wir nun einen Monat lang online gehen.

Auch heute stellten wir uns wieder an einem Fluss in einem schönen Tal für die Nacht auf. Als uns am Abend vom gegenüberliegenden Ufer aus zwei Männer lange Zeit mit dem Fernglas beobachteten, wunderten wir uns schon etwas. Man kann ja nie vorsichtig genug sein. Als die Dunkelheit hereinbrach, klärte es sich allerdings schnell auf. Hinter Bäumen verborgen stand ein Haus, das wir erst jetzt sehen konnten, da dort Licht eingeschaltet worden war. Neben dem Haus erstreckte sich ein riesiger Obstgarten. Die zwei Beobachter waren sicher in Sorge um ihr Obst. Beruhigt gingen wir schlafen.


8. September 2015

Wir hatten letzte Nacht sogar einen Wächter, der auf uns aufpasste. Ein junger Hund, der gestern Abend plötzlich neben uns stand und uns so treuherzig ansah, bekam natürlich etwas zu fressen. Selbst trockenes Brot schlang er gierig herunter. Er musste großen Hunger haben. Zum Dank blieb er die ganze Nacht neben unserem Auto liegen. Natürlich belohnten wir ihn am Morgen mit einem ausgiebigen Hunde-Frühstück.


unser "Nachtwächter"


Gemächlich rollten wir dann durch eine herrliche Mittelgebirgslandschaft mit sanften, grünen Hügeln und kleinen Dörfern. Auf vielen winzigen Feldern waren ganze Großfamilien mit der Kartoffelernte beschäftigt, die hier noch nach traditioneller Art mit krumm gebeugtem Rücken per Hand aufgesammelt werden. Einmal fragte Jutta, ob sie ein paar Kartoffeln kaufen könnte. Sie kam mit einem großen Plastikbeutel voller erntefrischer wunderbarer Kartoffeln zurück. Der Bauer wurde richtig böse, als sie ihm Geld für die Kartoffeln anbot. Auf keinen Fall wollte er Geld annehmen. Er schenkte uns die Kartoffeln und freute sich, dass wir uns freuten.

In Ahalcihe stießen wir auf die P1 und folgten ihr westwärts. Als es wieder in die Höhe ging, endete die Asphaltstraße und wir holperten wieder mal auf einer Schotterpiste immer weiter hinauf. In knapp 1600 m Höhe fanden wir auf einer großen Waldlichtung einen herrlichen Stellplatz. Große Fichten und Tannen umgeben uns und rauschen leise im Wind. Es ist so wundervoll friedlich hier. Von der Schotterstraße sind wir ein gutes Stück entfernt, so dass wir wieder mal „unsichtbar“ sind. Beste Voraussetzungen also für eine ruhige Nacht.

eine der vielen Burgruinen

der Gecko in leichter Schräglage
unser einsamer Stellplatz für zwei Nächte

9. September 2015

Wie erhofft lag eine absolut ruhige, aber auch recht frische Nacht hinter uns. Klare, saubere Luft, angenehme Temperatur, wunderbare Ruhe, hier bleiben wir einen ganzen Tag zum relaxen. Und zum Blog schreiben. Hochladen kann ich nichts, da es hier in den Bergen natürlich kein Netz gibt. Morgen werden wir weiter in Richtung Schwarzes Meer fahren, wo dann sicher Gelegenheit ist, Text und Fotos für unsere neugierigen Mitleser hochzuladen.

Am späten Nachmittag gab es nach einem völlig relaxten Tag doch noch eine eigenartige Überraschung. Wir saßen beide in der sanften Nachmittagssonne und lasen, als plötzlich 15 Meter neben uns ein Mann den Berg hoch kam. Er rief etwas, das wir natürlich nicht verstanden. Als er sich uns näherte, kamen wir erst recht ins Grübeln. Er sah völlig verwahrlost aus. Mit einem angespitzten Stock fuchtelte er in der Gegend herum, was aber nicht bedrohlich wirkte. Er trug eine uralte, ehemals schwarze Trainingshose und ein dunkelblaues speckiges Jackett. Wir begrüßten uns per Handschlag, eine Verständigung war jedoch nicht möglich.

Er sah so völlig verwahrlost aus, aber nicht verhungert. Parkinson schüttelte ununterbrochen seine Hände und Arme. Sein Blick wirkte irgendwie gehetzt oder verängstigt. Nun standen wir schon zum zweiten Mal vor solch einer eigenartigen Situation. Was macht man da? Auf Zeichensprache reagierte er überhaupt nicht. Er plapperte ununterbrochen wahrscheinlich auf grusinisch. Das einzige verständliche Wort war immer wieder „maschina“, was auch hier vermutlich „Auto“ heißt. Aber was wollte er nur? Wir zuckten nur verständnislos die Schultern, obwohl wir uns alle Mühe gaben, zu verstehen, was er wollte. Nach vielleicht zehn Minuten lief er langsam mit seinem Stock fuchtelnd davon. Was für eine Begegnung! Und das mitten in den Bergen, wo weit und breit kein Dorf ist. Vielleicht haust er ja als Eremit irgendwo im Wald? Wir wissen es nicht und werden es auch nie erfahren.