Eine Woche ist schon wieder vergangen
seit meinem letzten Bericht. Eine Woche voller schöner Eindrücke
und Erlebnisse. Wir haben das alte Jahr verabschiedet und sind gut
ins neue Jahr gestartet. Das, so wünschen wir, ist hoffentlich allen
Lesern und „Mitreisenden“ auch gelungen.
Am Abend des 28.12. kamen plötzlich
Dennis und die beiden Italiener, die am Morgen zusammen in Richtung
Plage Blanche aufgebrochen waren, wieder zurück nach Ksar Tafnidilt.
Was war geschehen? Dennis hatte auf der harten Piste die Spurstange
seines betagten, himmelblauen Landrover gleich zwei Mal ziemlich
stark verbogen. Zu dritt konnten sie sie zwar einigermaßen richten
und die Vorspur grob einstellen, doch eine längere Pistenfahrt wäre
für den Oldie zu riskant gewesen. Glücklicherweise konnte Dennis am
nächsten Tag in Tan-Tan eine gut gebrauchte Spurstange einbauen
lassen.
Biba, ein netter Mitarbeiter im Ksar Tafnidilt |
Wir hatten einfach keine Lust mehr auf
Dutzende Kilometer üble, holprige Steinpiste. So änderten wir
wieder mal unseren Plan und wandten uns am 29.12. direkt nach Osten.
Unser Fernziel: die beiden Dünengebiete Erg Chegaga und später noch
Erg Chebbi.
Wir folgten der bestens ausgebauten und
asphaltierten Nationalstraße N1 bis Guelmim und füllten dort in
einem riesigen Marjane-Supermarkt unsere Vorräte auf. Die netten
Holländer, mit denen wir in El Ouatia einen Abend verbrachten,
hatten uns eine Skizze mitgegeben, wo wir in Guelmim einen Laden
finden könnten, in dem es Bier und Wein zu kaufen gibt. Leider half
uns die Skizze nicht wirklich. Ein Deutscher, der mit seiner
marokkanischen Frau ebenfalls im Marjane einkaufen war, führte uns
dann zu diesem Shop, den wir selbst mit der besten Skizze niemals
hätten finden können. Danke auch hier noch mal an die beiden netten
Helfer. Bei den gepfefferten Preisen in dem Laden leisteten wir uns
jedoch nur zwei Flaschen marokkanischen Rotwein. Das muss nun reichen
für die nächste Zeit.
Am gleichen Tage wollten wir noch den
kleinen Ort Icht erreichen. Also folgten wir ab Guelmim der N12. Und
nun zeigte sich wieder einmal, wie fehlerhaft die Landkarten von
Reise-Know-How sind. Auf dieser Karte führt die als Fernstraße rot
eingezeichnete N12 fast schnurgerade nach Osten. Als sich ca. 30 km
nach Guelmim die Straße gabelte, meinten beide Navis, wir sollten
nach rechts abbiegen, weil wir ja der N12 folgen wollten. Nach der
Reise-Know-How-Karte hätten wir aber nach links abbiegen müssen.
Doch zwei Navis können sich ja wohl kaum gleichzeitig irren. Ich
wunderte mich dann doch, denn plötzlich führen wir kilometerlang
direkt nach Süden. Im nächsten Ort klärte sich dann alles. Wir
fuhren einen Umweg, der uns über die Oase Assa führen würde. Also
ist die N12 in unserer Karte völlig falsch eingetragen. Später
verglichen wir mit einer Michelin-Karte. Dort ist diese Strecke als
Piste gekennzeichnet. Der nächste Fehler in der Karte folgte auf dem
Fuße. Wir überquerten einen Pass, der uns wunderschöne Ausblicke
in die weite Steppenlandschaft bot. Diesen Abschnitt hätten die
Landkartengrafiker als landschaftlich schön markieren können und
nicht die Passage durch Assa, wo es wirklich nichts zu sehen gibt.
Meine Schlussfolgerung: die Reise-Know-How-Karten werden zwar auf dem
besten, weil beschriftbaren und fast unzerstörbaren Material
gedruckt (dieses war in der DDR als Hekosyn bekannt), aber sie
enthalten eben leider zu viele Fehler, wie wir schon 2015 auf unserer
großen Tour feststellen mussten. Zukünftig werde ich keine Karten
mehr von diesem Verlag kaufen.
Blick von der Passhöhe in Richtung Osten |
Der Ärger über die fehlerhafte Karte
war bald verraucht und wir genossen die Fahrt auf der einsamen
Straße. In Assa wurden wir von einer Polizeikontrolle zum ersten Mal
tatsächlich angehalten, nachdem wir bisher überall an den sehr
häufigen Kontrollstellen durchgewunken worden waren. Die beiden
Polizisten, von denen einer recht gut englisch sprach (wie ist das
bei unseren deutschen Polizisten?), erkundigten sich sehr höflich
und freundlich nach unserem Woher und Wohin. Unsere sogenannten
Fiches, die ich schon zu Hause vorbereitet und ausgedruckt hatte und
die unsere Daten enthielten, kamen jetzt zum ersten Mal zum Einsatz.
Sie waren eigentlich für die West-Sahara gedacht. Ich wusste nicht,
dass sie auch hier verlangt werden. Das Fiche beschleunigte das
Verfahren, und nach wenigen Minuten konnten wir unsere Fahrt
fortsetzen.
In einiger Entfernung zog sich eine
blau schimmernde Bergkette über viele Kilometer hin. Man könnte die
Landschaft eintönig nennen, doch wir lieben nun mal die Wüsten. Als
wir einige Kamele nahe der Straße sahen, fragten wir uns, ob es wild
lebende Tiere waren, denn sie trugen keinerlei Kennzeichen oder
Strick am Hals oder am Kopf.
wilde Kamele? |
In Icht fanden wir auf dem zur Auberge
Borj Biramane gehörenden Campingplatz ein windgeschütztes
Fleckchen. Weil uns diese Oase so gut gefiel, blieben wir gleich noch
einen weiteren Tag hier.
Einfahrt zum Camp Borj Biramane |
Der Campingplatz grenzt direkt an einen
kleinen Canon, in dem tatsächlich etwas Wasser floss. Entlang des
Canons gedeihen prächtige Palmen, an denen wir uns einfach nie satt
sehen können. Am zweiten Tag wanderten wir ein ganzes Stück im und
am Canon entlang hinaus in die Wüste, die hier immer noch sehr
steinig ist. Auch hier wachsen trotz der ewigen Trockenheit
vereinzelt Bäume und Sträucher. Im Sand entdeckten wir häufig
vielfältige Spuren von kleineren Tieren, von denen wir aber bisher
kein einziges zu Gesicht bekamen. Wie wir schon vor Jahren im
südlichen Afrika festgestellt hatten, gibt es auch hier in der Wüste
durchaus Leben.
Oase am Rand des Canons |
Auf dem CP lernten wir zwei junge
Schweizer kennen, die mit einem VW-Bus ihre zwei sportlichen
Enduro-Maschinen transportieren, um hier in der Sahara mal ordentlich
Gas geben zu können. Er bastelte den ganzen Tag an seiner Maschine
herum, weil sie nicht so hundertprozentig lief, wie er es sich
wünschte. Als er im Eifer des Gefechts ein winzig kleines Teilchen
in den Sand fallen ließ, halfen alle fleißig beim Suchen. Auch
diese Beiden fanden wir ausgesprochen nett. Leider habe ich die Namen
schon wieder vergessen. (In unserem Alter sollte man sich eben doch
alles aufschreiben...)
ja wo ist denn das winzige Teilchen? |
Am 31.12. verließen wir das Camp und
folgten wir erst mal für rund 50 Kilometer einer sehr gut
befahrbaren, weil fast überall sandigen Piste. Völlig verblüfft
waren wir, als wir unverhofft auf eine kleine Oase trafen, die nicht
in der Karte verzeichnet ist. Dort reicht das Wasser sogar für den
Anbau von Tomaten. Unglaublich, mit welch harter Arbeit die Menschen
hier dem kargen Boden doch noch Erträge abringen.
Nach der Oase ging die Sandpiste über
in eine breite, geschobene Schotterpiste, die sich aber inzwischen zu
einer üblen Wellblechpiste entwickelt hat. Dieses Rattern und
Rütteln schüttelt das Auto durch, dass es in allen Fugen nur so
ächzt und knirscht. Glücklicherweise erreichten wir nach gut 10 km
wieder die N12, der wir nun bis zur Oasenstadt Tata folgten. Dort
fanden wir den schön an einem sogar Wasser führenden Fluss
gelegenen Campingplatz Maison d'Hote Hayat. Ein französisches und
zwei holländische WoMos waren die einzigen Gäste.
Der Sylvesterabend war der ruhigste,
den wir jemals erlebt hatten. Wir waren schon gespannt, wie hier der
Jahreswechsel begangen wird. Als die Uhr 23 Uhr zeigte, stießen wir
mit unserem Rotwein an und tranken auf das Wohl all unserer Lieben in
der Heimat, wo eben das neue Jahr begann. Eine Stunde später war es
dann auch bei uns so weit. Und es tat sich nichts, einfach gar
nichts. Klarer Sternenhimmel, kalte Luft und totale Stille. Keine
Rakete stieg in den Himmel, keine Böller krachten, einfach nur
totale Ruhe. Lediglich ein Scheinwerfer auf dem Dach des
Sanitärblocks unseres CP wechselte unermüdlich die Farbe seines
Lichts, doch das tut er offensichtlich jede Nacht. Auch von den
Wohnmobilisten ließ sich kein Mensch blicken, so dass auch wir uns
bald aufs Ohr hauten.
Auch am ersten Tag des neuen Jahres
blieben wir auf diesem Platz. Wir liefen in die Stadt und besuchten
dort den Souk (Markt). Wahrscheinlich waren wir die einzigen
Touristen. Im Gegensatz zu Marrakesch quatschte uns hier niemand an
und keiner wollte uns irgendwas aufschwatzen. Es war wirklich
angenehm und interessant, das Markttreiben zu beobachten. Angefangen
von Haushaltswaren über Klamotten bis hin zu Obst und Gemüse und
Hühnern und Schafen wurde hier alles feilgeboten, was man hier eben
so zum Leben braucht. Zu gerne hätte ich hier viele Fotos
geschossen, denn Motive boten sich zu Hauf an, doch da die
Einheimischen Moslems sind und sich nicht fotografieren lassen,
unternahm ich erst gar keinen Versuch. Schade, aber nicht zu ändern.
Sicher hätte die eine oder andere Marktfrau oder Händler nichts
gegen ein Foto gehabt, aber die viele Fragerei war mir einfach zu
mühsam.
die Oasenstadt Tata |
Am 2. Januar 2017 fuhren wir lediglich
135 km auf der N12 bis Foum Zguid. Etwas außerhalb des Ortes
übernachteten wir auf einem simplen Schotterplatz, der zu einem
schönen Hotelkomplex gehört. Es gab zwar zwei Toiletten und zwei
Duschen, aber für diesen Platz noch Geld zu kassieren, ist schon
fast unverschämt.
on the road again... |
riesige Palmenoase |
Foum Zguid liegt vor einem gewaltigen Bergmassiv |
Die Nacht zum 3.1. bewies, dass auch
hier Winter ist. Am frühen Morgen zeigte das Außenthermometer –1
Grad und eine dünne Eisschicht überzog die Windschutzscheibe von
innen. Sobald jedoch die Sonne über den Horizont klettert, wärmt
sie sehr schnell alles auf.
Nun endlich sollte es so richtig in die
Wüste gehen. Rund 93 km Piste bis zum Erg Chegaga lagen vor uns.
Wieder einmal wurden wir und der Gecko so richtig durchgerüttelt,
denn die Steinpiste schien kein Ende nehmen zu wollen. Entschädigt
wurden wir aber durch die Landschaft, die sich uns darbot.
Steine, Steine, Steine... |
Da ich am Vorabend die Route ins Navi
eingespeichert hatte, gab es auch keinerlei Orientierungsprobleme.
Ich frage mich aber immer wieder, wie die Leute früher ohne Navi
klargekommen sind... Endlich tauchten dann auch die ersten kleineren
Sanddünen auf. In der zweiten Tiefsandpassage blieben wir erst mal
stecken. Ich hatte einfach zu wenig Gas gegeben. Doch mit der
eingeschalteten Untersetzung kamen wir im Rückwärtsgang problemlos
wieder frei. Ich musste mich eben auch erst mal wieder an das Fahren
im weichen Sand gewöhnen.
weicher Tiefsand |
Nach rund vier Stunden reiner Fahrzeit
erreichten wir ein Camp vor den großen Sanddünen des Erg Chegaga.
Obwohl das Camp mit einer großen Gruppe Spanier belegt war, hatte
niemand etwas dagegen, dass auch wir noch für die nächste Nacht
blieben.
Erg Chegaga |
Am späten Nachmittag kletterten wir
dann mühsam auf die zweithöchste Düne. Es ist schon ein bisschen
anstrengend, in dem losen, weichen Sand da hinauf zu steigen, weil
man bei fast jedem Schritt wieder einen halben Schritt zurückrutscht.
Dafür boten sich aber Fotomotive und Ausblicke, wie man sie sich
kaum schöner vorstellen kann. Mitten in den Dünen weideten ein paar
Kamele winzige Blümchen ab, die selbst hier in diesem riesigen
Sandkasten wachsen und gedeihen. Wir schauten von oben über dieses
riesige Dünenfeld bis hinüber zu einer in blauem Dunst liegenden
Bergkette, die vermutlich schon zu Algerien gehört. Als die Sonne
unter dem Horizont verschwand, tauchte sie den Himmel in die
herrlichsten Farben. Doch die Temperatur sinkt auch nach jedem
Sonnenuntergang sehr schnell ab, so dass wir uns schleunigst zurück
zu unserem Gecko begaben.
Unten angekommen, luden uns die Spanier
zu einem kleinen Drink ein. Einer präsentierte uns voller Stolz
seinen Landcruiser, der mit einer wirklich tollen Kabine eines
französischen Herstellers ausgestattet war. Die haben es noch etwas
bequemer als wir in unserem Gecko. Später luden sie uns ein, doch
mit ihnen am Feuer zu sitzen.
Dieser Abend wird uns sicher in
Erinnerung bleiben. Es war ein Freundeskreis, alles Offroad-Fans, die
hier zusammen Urlaub machten. Es wurde geplaudert und gesungen, zwei
Einheimische mit malerischen Kopfbedeckungen trommelten dazu. Eine so
entspannte, gemütliche Stimmung erlebt man selten. Und wir als
einzige Deutsche mittendrin. Die Verabschiedung am nächsten Morgen
war so herzlich, als würden wir uns schon seit ewigen Zeiten kennen.
die lustigen Spanier |
Während wir uns reisefertig machten,
donnerten immer wieder Motorräder am Camp vorbei. Bald war klar,
dass hier eine Rallye im Gange war. Ein Einheimischer meinte, es wäre
die Rallye Oilybia. Das kann aber nicht stimmen, denn lt. Internet
findet sie erst im Oktober 2017 statt. (Inzwischen habe ich herausgefunden, dass dien Rallye "Eco Race Africa" heißt.) Er bestätigte aber, dass auch
Autos dabei wären.
Die Motorräder kamen bisher alle genau
aus der Richtung, in die wir fahren wollten. Ich meinte zu Jutta, da
müssen wir aufpassen, dass uns keiner vorne drauf brummt. Wir
verließen das Camp, fuhren über die erste kleine Düne, als über
die nächste vor uns liegende Düne ein riesiger Truck geschwebt kam.
Mit allen sechs Rädern in der Luft, voll aufgeblendete Scheinwerfer
und gewaltiger Staubfahne hinter sich flog er uns entgegen.
Geistesgegenwärtig gab ich Vollgas und lenkte nach rechts in den
tiefen Sand. Gerade noch rechtzeitig, denn der Rallyepilot ging
natürlich nicht vom Gas und zeigte auch keinerlei Lenkbewegung. Ein
Rums, und er war vorbei. Das war echt knapp!
Schon oft sah ich diese Rallye-Trucks
im Fernsehen, aber so etwas live zu erleben, ist eben doch noch mal
ne ganz andere Nummer. Es folgten dann noch eine ganze Reihe andere
Rallyeboliden aus x verschiedenen Ländern. Hubschrauber donnerten
über uns hinweg. Rallyefeeling pur! Und ich war (fast) in meinem
Element. Seit ewigen Zeiten fotografiere ich schon Rallyes. Über 23
Jahre saß ich selbst als Co-Pilot in diversen Rallye-Autos. Wer
wollte es mir verdenken, dass ich nun doch lieber in solch einem
Geschoss gesessen und für die Navigation gesorgt hätte, als hier
draußen zu stehen und auf den Auslöser zu drücken...
Als der Tross vorüber war, machten wir
uns auf den Weg nach Mhamid. Steine und Sand wechselten sich nun ab.
Allmählich machte das Fahren im Tiefsand so richtig Spaß. Dabei
brauchte ich noch nicht mal den Allradantrieb zuzuschalten. Einfach
kräftig Gas geben und durch. Der Gecko macht das schon. Von mir aus
hätten die Sandpassagen ewig so weitergehen können.
Ungefähr 5 km vor Mhamid schlugen wir
uns seitlich in die Büsche, sprich Dünen, denn wir hatten keine
Lust auf ein Camp. Wir wollten endlich auch mal wieder alleine in der
Wüste die Nacht verbringen. Selbst am Nachmittag brannte die Sonne
noch. Das Thermometer zeigte in der Sonne 31 Grad! Herrlich!
Eine absolut ruhige Nacht mit
wunderschönem Sternenhimmel lag hinter uns. Am Morgen des heutigen
5. Januar zeigte das Thermometer immerhin 2 Grad plus. Und wir stehen
immer noch hier, weil es uns so gut gefällt, mittendrin in diesen
kleinen Dünen. Ich habe Zeit, die Fotos zu speichern und den Bericht
für den Blog zu schreiben. Ob die Internetverbindung zum Hochladen
reicht, wird sich später zeigen. Falls es nicht funktioniert, dauert
es eben noch einen oder zwei oder drei Tage länger.
Mit den beiden Schluchten Dades und
Todhra sowie dem Erg Chebbi liegen die nächsten Höhepunkte an den
folgenden Tagen vor uns. Ihr dürft weiterhin gespannt und neugierig
sein. Bis bald...
es gibt sie noch, die Kamelkarawanen |
endlich allein in den Dünen |
Sand und Staub überall |