23. August 2015
Nach
einem opulenten Frühstück nutzten wir den Tag, um noch einmal durch
die alten Gassen der Stadt zu schlendern und das historische Flair
auf uns wirken zu lassen. Die Hitze ließ sich gut ertragen, da es
immer wieder schattige Plätze gab und fast überall ein leichter
Wind durch die Gassen wehte.
Gedenkstätte für die toten des 2. Weltkrieges |
auf diesen metallenen Buchseiten sind die Namen der gefallenen Soldaten aus Buchara eingraviert; es sind mehrere hundert |
was für ein Gesichtsausdruck; kein Hass, nur Trauer |
junge usbekische Mutter, die um Geld für ihr Kind bat |
Chor Minor - das Wahrzeichen Bucharas |
die Gasleitungen gehören zum Stadtbild |
24. August 2015
Nach 435
km Fahrt auf mehr oder weniger guten Straßen erreichten wir die über
1500 Jahre alte Stadt Chiwa. Die Altstadt steht seit 1990 unter dem
Schutz der UNESCO und gehört zum Weltkulturerbe der Menschheit.
Ziemlich
müde suchten wir nach einem Stellplatz in der Stadt. Wieder hatten
wir das „Glück“, dass die Innenstadt wegen eines Festes mit
vielen VIPs für Autos gesperrt war. Wir wollten zu einem Hotel, das
nur 150 m hinter einer der Polizeisperren lag. Selbst der
Hotelmanager diskutierte mit den Polizisten. Es half alles nichts,
wir durften nicht bis zum Hotel fahren.
Wir
nahmen das Zimmer trotzdem. Es war modern, sauber und kostete pro
Person 20 Dollar incl. Frühstück. In Europa würde man für ein
Zimmer mit der Qualität und der Lage mindestens das Doppelte zahlen.
Ein erster abendlicher Spaziergang ließ die Schönheit des alten
Stadtkerns schon erahnen.
der Mond über dem nächtlichen Chiwa |
unser Hotel |
25. August 2015
Leider
versteckte sich die Sonne am Vormittag hinter dicken Wolken, so dass
nicht das beste Licht für Fotos herrschte. Wir bummelten durch die
Stadt, wobei wir, wie eigentlich immer bei solchen Gelegenheiten,
gerne mal die Straßen und Gassen in zweiter und dritter Reihe
durchwanderten. Dort spielt sich das eigentliche Leben ab und nur
wenige Touristen verirren sich da hin.
das Minarett links sollte über 70 m hoch werden; bei 22 m musste man aufhören, da die Statik nicht stimmte |
wunderschöne geschnitzte Türen |
Immer
wieder interessant ist ein Besuch auf einem Basar. Hier gibt es
nichts, was es nicht gibt. An manchen Stellen herrscht vielstimmiger
Lärm. Die Händler preisen lautstark ihre Waren an, die Kunden
feilschen um den Preis. Es herrscht ein wirklich buntes Treiben an
allen Ecken.
Schuster |
Reis in unterschiedlichen Sorten (wehe, ein Sack fällt um...) |
Bäcker |
Fleischer |
auch Jeans gibt es hier |
Wir
staunten immer wieder über die prächtigen, alten Bauten, die
meistens mit Kacheln verziert sind. Auch beeindruckend sind die
geschnitzten Holztüren, die man selbst an relativ neuen Gebäuden
finden kann. Was uns besonders auffiel war, dass hier oft noch nach
uralter Methode die Häuser und auch die Festungsmauer verputzt
werden, nämlich mit einem Gemisch aus Lehm und Stroh. Dies hält
natürlich nicht ewig und muss immer wieder erneuert werden. Es geht
eben auch ohne Chemie...
Lehm mit Stroh als Putz |
Am
Nachmittag riss die Wolkendecke auf, so dass wir zu einem weiteren
Stadtbummel aufbrachen. Diesmal nutzten wir die Gelegenheit, uns in
einem hübschen, kleinen Restaurant auf einem dieser bettartigen
Möbel auszuruhen. Beim Essen ist es nicht ganz so bequem, aber um
ganz in Ruhe ein Tee zu trinken, ist es wunderbar geeignet. Diese
Möbel sieht man übrigens im ganzen Land, wie auch schon in
Tadschikistan. Die Einheimischen sitzen hauptsächlich im Türken-
oder Schneidersitz, doch diese Stellung ist für unsere alten Gelenke
erst recht unangebracht.
so lässt es sich aushalten |
26. August 2015
Als wir
Chiwa am Morgen verließen, waren wir froh, den Abstecher hierher
gemacht zu haben. Auch wenn es hier sehr touristisch zugeht, gefiel
uns diese Altstadt am besten nach Buchara und Samakand.
Am
Stadtrand von Chiwa fragte ich in einer sehr ordentlich aussehenden
Chevrolet-Werkstatt, ob man den Ölfilter am Toyota wechseln könne.
Mein dafür vorgesehenes Werkzeug hatte sich als untauglich erwiesen.
Der Meister schickte einen jungen Kfz-Mechaniker mit einem gewaltigen
Ölfilterschlüssel zum Gecko. Nach zehn Minuten war das Werk
vollbracht. Inzwischen stand die Hälfte des Personals um unseren
Gecko herum. Eine Bezahlung lehnte der Meister lächelnd und rigoros
ab. Man stelle sich das in einer deutschen Werkstatt vor...
Wir
wollten heute bis Moynaq gelangen, eine ehemalige Hafenstadt, die
einst am Südufer des Aralsees lag.
Bis
Qonghirat säumten viele Baumwoll- und Reisfelder die A380. Als wir
dann in Richtung Aralsee nach Norden abbogen, änderte sich die
Landschaft völlig. Flach wie ein Tisch war sie vorher schon, doch
hier gab es fast überhaupt keine Landwirtschaft mehr. Sumpf und Sand
wechselten sich ab. Links und rechts der Straße blühten bis zu drei
Meter hohe Büsche in zartem Lila. Sehr hübsch.
30 km
vor Moynaq fanden wir 200 m neben der Straße einen schönen
Stellplatz hinter solchen Büschen. Zwei Bauern, die auf einem
uralten Motorradgespann vorbeiknatterten, interessierten sich
überhaupt nicht für uns, die Mücken mit einsetzende Dämmerung
dafür um so mehr.
27. August 2015
In der
Nacht kühlte es stark ab, so dass wir seit längerer Zeit wieder mal
den Schlafsack nutzen mussten.
Gegen 10
Uhr erreichten wir Moynaq, ein erbärmliches Nest. Als sich der
Aralsee noch bis hierher erstreckte, gab es hier ein
Fischverarbeitungskombinat und die Fischfangflotte und natürlich
einen Hafen. Dann setzte Ende der sechziger Jahre eine der größten
menschengemachten Umweltkatastrophen ein. Das Wasser der beiden
größten Zuflüsse, nämlich des Syrdarja und des Amurdarja, wurde
intensiv zur Bewässerung der Baumwollfelder genutzt. In der Folge
schrumpfte die Wasserfläche des Sees extrem. Bis heute hat der See
sowohl neun Zehntel seiner Fläche als auch seines Wasservolumens
eingebüsst. Eine neue Wüste, die Aralkum, entstand. Moynaq liegt
inzwischen rund 80 km von der aktuellen Uferlinie entfernt. Ein
Großteil der Bevölkerung ist abgewandert. Eld im Laufe der Zeit
völlig verrostete Schiffe liegen im Sand vor der Stadt und mahnen
die Menschen zum vorsichtigen Umgang mit der empfindlichen Natur.
Ein
Gedanke beschäftigt mich aber. 10000 Menschen sollen rund um den See
ihre Arbeit verloren haben. Das ist schlimm. Ich konnte aber keine
Zahlen darüber finden, wie viele Menschen durch die Arbeit auf den
Baumwollfeldern und die Verarbeitung der Baumwolle leben und
überleben.
Nachdenklich
verließen wir diese traurige Gegend und fuhren auf relativ guter
Straße (bis auf einen ganz üblen Abschnitt von ca. 8 km) bis 40 km
vor der kasachischen Grenze. Wir bewunderten einen fantastischen
Sonnenuntergang in der Wüste Kysylkum und hofften, am nächsten
Morgen die Grenze problemlos passieren zu können.
bis hierher reichte einmal der Aralsee; im Vordergrund die Schiffswracks |
im Hintergrund ein Mahnmal |
kläglicher Rest des Aralsees nahe Moynaq |
Wohnhaus in Moynaq |
die meisten Autos in Usbekistan fahren mit Gas, doch nicht alle haben die Tanks auf dem Dach |
eins der vielen Colleges in Usbekistan |
solche Wohnsiedlungen entstehe überall im Land |
28./29. August 2015
Die
gestrigen Hoffnungen auf einen problemlosen Grenzübergang waren
leider vergeblich. Wir erreichten die Grenze gegen 10 Uhr und durften
uns als 45. Fahrzeug am Ende der PKW-Schlange einreihen. Wir ahnten
schon ,dass es sich hinziehen würde. Doch was dann kam, spottet
jeder Beschreibung.
Ziemlich
weit vorne in der Schlange standen ein paar Russen, die fast die
gleiche Tour gefahren sind wie wir. Sie schätzten, dass wir erst am
nächsten Tag die Grenze hinter uns lassen könnten. Sie schätzten,
dass pro Stunden vier Autos abgefertigt würden. Doch auch diese
Schätzung sollte sich als zu optimistisch herausstellen.
In der
Warteschlange standen fast nur Usbeken, Kasachen und einige Russen.
Direkt vor uns hatten sich Isabelle und Didier aus der Nähe von
Paris mit ihrem Landrover Defender angestellt.
Wir
schmorten in der Mittagshitze, und es tat sich einfach nichts.
Irgendwann rückte die Schlange ein kleines Stückchen vor, aber nur,
um die nächste Stunde oder länger stillzustehen. Richtige Toiletten
gab es nicht, lediglich zwei Bretterhäuschen, deren Gestank man
schon von weitem wahrnehmen konnte. Müllcontainer sucht man
ebenfalls vergeblich. Überall lagen Getränkeflaschen und anderer
Müll herum. Der Wind blies Plastiktüten in den Himmel. Es stank
nach Urin. Und hier sollten wir evtl. die Nacht verbringen?
Leider
wurde das bald zur Gewissheit. Die Grenzabfertigung lief zwar, aber
eben absolut langsam und schleppend.
Inzwischen
war es dunkel geworden. Der Vollmond beleuchtete dieses Elend. An
Schlaf war nicht zu denken, denn die Schlange rückte ja so ungefähr
aller Stunden ein kleines Stück vor. Wenn man da pennte, büßte man
eben gleich mal zwei, drei Plätze ein, gleichbedeutend mit einer
weiteren Stunde Wartezeit.
Um 4:30
Uhr fuhren wir endlich zusammen mit den Franzosen zur Grenzkontrolle
vor. Diese liefen korrekt ab und dauerten insgesamt 55 Minuten.
Natürlich konnte es sich ein Zöllner wieder nicht verkneifen, am
Tablet herumzuspielen und sich die gespeicherten Fotos anzusehen. Die
üblichen Fragen nach Waffen und Drogen kamen natürlich auch.
Allerdings wollte kein Mensch unsere Registrierungen von den Hotels
sehen. Auch nach einer Autoversicherung fragte niemand.
Anschließend
warteten wir eine weitere reichliche Stunde vor dem verschlossenen
kasachischen Grenztor. Die Abfertigung dort dauerte noch mal eine
knappe Stunde, so dass wir schließlich kurz nach acht Uhr endlich
die grenze hinter uns ließen. Rund 22 Stunden brachten wir hier zu;
neuer Rekord!
Auf
Nimmerwiedersehen, Usbekistan! Hier sehen sie uns mit Sicherheit
nicht wieder.
Kurzes
Fazit zu Usbekistan: Die historischen Städte sind wunderschön und
bestaunenswert, die Menschen liebenswürdig und hilfsbereit. Die
permanenten Polizeikontrollen, mit denen man aller 30 bis 50 km
rechnen muss, nerven total. Manchmal wurden wir durchgewunken,
manchmal trugen die Polizisten unsere Personalien sorgsam in ein
dickes Buch ein. Wozu das alles? In den Städten wimmelt es nur so
von Polizisten. Warum? Vielleicht gibt es eine Erklärung. In Buchara
unterhielten wir uns lange mit einem älteren Herrn, der Germanistik
studiert hatte und perfekt deutsch sprach. Er meinte, das Wichtigste
für dieses Land sei, dass Frieden herrscht. Vielleicht wird ja
dieser Frieden in dem muslimischen Land durch die extreme
Polizeipräsenz erreicht. Was sich jedoch an den Grenzübergängen
abspielt, ist für uns schlicht unbegreiflich. Vielleicht sind wir ja
durch offene Grenzen verwöhnt. Dabei wurden wir ja noch nicht mal so
intensiv kontrolliert, wie die Einheimischen, die jede Tasche, jeden
Koffer restlos auspacken und jedes Auto komplett entladen mussten. So
schreckt man Touristen ab, obwohl man sicher gerne mehr davon im
Lande hätte. Eine weitere Frage konnte uns niemand beantworten:
Warum existiert der US-Dollar praktisch als zweite Währung im Lande?
Fast alles und überall kann man mit Dollars bezahlen.
Nach
einem kurzen, improvisierten Frühstück in der Steppe (eigentlich
gab es nur Tee und Zwieback) verabschiedeten wir uns von den netten
Franzosen und fuhren auf der E40 gen Westen. Nach 60 km ganz übler
Piste tankten wir in Beineu 150 l Diesel und fuhren dann endlich mal
wieder auf guter Asphaltstraße.
Insgesamt
schafften wir 310 km und fanden dann noch einen ruhigen Platz mitten
in der Steppe. Nach rund 40 Stunden brauchten wir dringend Schlaf...
kasachische Steppe |
Fahrersicht |
zwei Stunden später... |
Wüstenschiff = Dromedar |
30. August 2015
Steppe,
Steppe, Steppe, und das den ganzen Tag, an dem wir 424 km
zurücklegten. Das Kaspische Meer war nicht weit entfernt von uns,
doch wir sahen es kein einziges Mal. Vormittags herrschte trübes
Wetter, ab Mittag wurde es immer ungemütlicher. Eine Mischung aus
Nebel und Staub trübte das Sonnenlicht immer stärker. Schließlich
reduzierte sich die Sichtweite auf gut hundert Meter. Heftiger Sturm
stemmte sich dem Auto entgegen und wirbelte immer mehr Sand auf.
Dieser brannte in den Augen und knirschte zwischen den Zähnen. Das
Fahren machte einfach keinen Spaß mehr, zumal die Straße auch immer
schlechter wurde.
Wenigstens
fanden wir einen richtig schönen Platz weitab der Straße hinter
einem dieser malerischen muslimischen Friedhöfe.
eine kilometerlange Staubfahne ziehen wir hinter uns her |
überall in der Steppe ausgetrocknete Seen mit salzverkrusteter Oberfläche |
Erdölpumpen am Kaspischen Meer |
gewaltiges Grabmal für den Ethnografen Ekim Makasch |
Vollmond über der Steppe |
31. August 2015
70
Kilometer bis zur russischen Grenze lagen noch vor uns, vierzig davon
waren der blanke Horror. Selbst Schritttempo war manchmal noch zu
schnell für diese extremen Schlaglöcher. Uns hielt die Hoffnung
aufrecht, dass ab der Grenze die Straßen wieder besser sein würden.
Horrorstraßen |
das ist kein Feldweg, sondern die E40! |
Der
Grenzübertritt war so, wie man es sich vorstellt. Die Beamten
zeigten sich nett, höflich und hilfsbereit. Nach 50 Minuten lag die
Grenze hinter uns. Was für ein Unterschied zur
usbekisch-kasachischen Grenze!
Unglaublich,
wir waren wirklich wieder richtig froh, in einem „normalen“ Land
zu sein, endlich wieder auf guter Straße fahren zu können. Und die
Freude nahm kein Ende. Auf einer gewaltigen Brücke überquerten wir
einen ersten Arm der Wolga und fuhren in eine grüne Landschaft
hinein, wie wir sie schon lange nicht mehr gesehen hatten. Saftig
grüne Wiesen, dunkelgrüne Laubbäume. Man glaubt es nicht, wie sehr
man sich an solch banalen Dingen erfreuen kann, wenn man sie länger
vermisst hat.
In
Astrachan konnten wir endlich mal wieder in einem kleinen Supermarkt
einkaufen. Alles, was wir brauchten, gab es tatsächlich. Lediglich
Fleisch gab es auch hier nicht. Darauf müssen wir nun schon
zwangsweise recht lange verzichten.
Spontan
änderten wir heute unsere Reiseroute und machen nun einen Abstecher
ins knapp 500 km entfernte Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad. Wir
folgten dem Lauf der Wolga stromauf und fanden nach ca. 50 km einen
wunderschönen Platz direkt am Ufer der Wolga. Hier lässt es sich
aushalten.
Ponton-Brücke bei Astrachan |
die Wolga |
Stellplatz am Wolgaufer |
1. September 2015
Herrlich
ruhig und herrlich kühl verlief die Nacht, die der Vollmond
erhellte. Da es hier einfach schön ist, bleiben wir einen Tag hier
und relaxen. Außerdem kann ich bei perfektem Netz und perfekter
Internetverbindung den Blog wieder aktualisieren.
Morgen
geht es weiter in Richtung Wolgograd. Wir werden berichten...
Bleibt
dabei und seid schön neugierig...