10.
September 2015
Bis
Batumi waren es ja nur noch 120 km, also ließen wir uns Zeit beim
Frühstücken und Packen. Dass keine Autobahn auf uns wartete,
wussten wir ja, aber so eine abenteuerliche Piste hatten wir hier
nicht erwartet. Von der ehemals vorhandenen Asphaltdecke war so gut
wie nichts mehr übrig. Tiefe Schlaglöcher, Schotterpassagen, enge
Kurven, rechts steile Felsen, links gähnte der tiefe Abgrund. All
das kannten wir ja schon vom Vakhan Valley in Tadschikistan. Die
einzigen Unterschiede waren, dass wir uns hier nur auf 1500 bis 2000 m
Höhe bewegten und dass die Schluchten und Berge hier mit
hauptsächlich Nadelbäumen bestanden sind. Langer Rede kurzer Sinn:
wir brauchten also wesentlich länger als vermutet.
unterwegs im Kleinen Kaukasus |
Wasser holen in einem Bergdorf |
Auf
einer Passhöhe in 2044 m Höhe trafen wir ein buntes Völkchen
Einheimischer. Einer fragte, welche Sprache wir sprechen würden,
blätterte dann in einem kleinen Heftchen und überreichte es mir
aufgeschlagen auf einer deutsch bedruckten Seite. Ahnt ihr es schon,
was es war? Richtig, eine Werbeschrift der Zeugen Jehovas. Und das
mitten in den Bergen des Kleinen Kaukasus! Nicht mal hier hat man
Ruhe vor denen..
Nach
wenigen Minuten trudelte ein Deutscher aus Köln auf seinem Motorrad
ein. Er befindet sich ebenso wie wir auf der Heimreise. Allerdings
ist er schon eineinhalb Jahre unterwegs, durchquerte ganz Russland,
umrundete China, fuhr durch Japan und hofft nun, seine durch einige
Stürze doch etwas ramponierte Honda heil nach Hause zu bringen. Wir
drücken ihm die Daumen!
In der
Nähe des Passes hatte man schon vor drei Jahren begonnen, einen
Kabinenlift und einige Hotels zu bauen. Das Ganze ist dann wohl recht
schnell wieder ins Stocken geraten oder ganz eingeschlafen. Wie will
man Urlauber hierher locken, wenn diese hundert Kilometer praktisch
über Stock und Stein fahren muss, noch dazu im Winter? Da müssten doch zuallererst die Zufahrtswege in Ordnung gebracht werden.
Nach dem
Pass ging es zwar nur noch bergab, aber mehr als 20 km/h waren nur
selten drin. Wir bewegten uns in einer wunderschönen
Gebirgslandschaft, die immer wieder neue herrliche Ausblicke auf
Bergdörfer und Almen bot. Wenn die Straße nicht so schlecht wäre,
wäre es der reinste Genuss, durch so eine wunderbare Gegend zu
fahren.
hier war offensichtlich so etwas wie Almabtrieb im Gange, denn wir mussten uns durch Dutzende Kuhherden quälen |
Je
tiefer wir gelangten, desto wärmer wurde es. Innerhalb weniger Stunden kamen wir praktisch von der sauberen, kühlen Gebirgsluft
hinunter in das subtropische Klima an der Schwarzmeerküste. 34 Grad
Außentemperatur zeigte das Thermometer an. Und das am späten
Nachmittag. Die feuchtwarme Luft ließ uns den Schweiß aus allen
Poren brechen.
Ein
Stellplatztipp erwies sich als völlig unbrauchbar, da wir dort zwar
direkt am Meer, aber praktisch wie auf dem Präsentierteller völlig
im Freien gestanden hätten. Also fuhren wir quer durch Batumi, eine
quirlige Großstadt voller Touristenrummel, gen Norden. Im
Botanischen Garten hat man einen Campingplatz eingerichtet.
Westlichen Vorstellungen entspricht dieser zwar nicht, aber wir waren
froh, überhaupt etwas gefunden zu haben. Und unter Palmen haben wir
mit unserem Gecko auch noch nicht gestanden. Immerhin gab es eine
saubere Toilette und ein kleines Restaurant, in dem wir uns leckeres
grusinisches Bier, Schaschlik und seit Monaten die erste Pizza
genehmigten.
Stellplatz im Botanischen Garten Batumis |
11.
September 2015
Obwohl
es recht ruhig war in der Nacht (außer den Eisenbahnzügen, die in
100 m Entfernung ab und zu vorbei donnerten), schliefen wir nur
schlecht. Da wir mit dem Gecko zwischen großen Bäumen standen,
regte sich da kein Lüftchen und an Abkühlung war überhaupt nicht
zu denken. Diese schwüle Hitze blieb fast bis zum Morgengrauen.
Alles fasste sich feucht und klebrig an. Zudem ging es mir heute
morgen wirklich mies. Seit ein paar Tagen schon stimmt mit Magen/Darm
etwas nicht. Keine Ahnung, was ich mir da eingefangen habe. Heute
morgen kamen noch heftige Magenkrämpfe hinzu.
Aber den
Botanischen Garten wollten wir nicht ungesehen verlassen. Also ließen
wir uns mit einem kleinen Elektro-Bus durch das riesige, bergige
Gelände fahren. Wenn man den ganzen Garten zu Fuß erkunden wollte,
dürfte ein Tag kaum ausreichen. Er erstreckt sich immerhin über
mehr als 100 Hektar. Ich kenne einige Botanische Gärten, aber dieser
hier bei Batumi ist für mich der mit Abstand schönste. Wir waren
richtig froh, dass wir diese Tour mitgefahren sind.
Danach
fuhren wir weiter in Richtung Norden. Dort sollte es lt. Internet bei
Ureki einen Campingplatz geben. Es waren nur 40 km bis dorthin. Es
gibt hier eine Hauptstraße, die parallel zum Strand verläuft.
Unmengen von Klein- und Kleinsthändlern bieten hier den üblichen
Ramsch an, angefangen bei billigen Sonnenbrillen über bunte Bälle
und Schwimmflügel hin zu FC-Bayern-Handtüchern und sonstigem
China-Schrott. Dazwischen gibt es Obsthändler und
Schaschlik-Verkäufer, aber alles sieht wenig verlockend aus. Einige
schmucke, neu erbaute Hotels erwecken den Eindruck eines aufblühenden
Ferienortes, doch überwiegen immer noch abbruchreife Bauten aus
Sowjetzeiten.
Der
Campingplatz existiert auch nicht mehr in der beschriebenen Form. Man
erkennt zwar noch, dass da mal etwas war, doch z. Zt. existiert außer
vier oder fünf Müllkübeln keinerlei Campinplatzausstattung. Müll
liegt überall und reichlich herum. Toiletten oder gar Duschen sucht
man vergebens. Aber was will man verlangen bei einem Preis von 3 Lari
(ca. 80 Cent). Wir beschließen, wenigstens eine Nacht hier zu
bleiben.
könnte eigentlich ganz schön sein, wenn sich jemand darum kümmern würde |
hier kann man sich das Salzwasser abduschen... |
fast schwarzer Sandstrand |
Der
Strand besteht aus fast schwarzem Sand, der auf Grund seines hohen
Magnetitgehaltes sehr gesund für die Gelenke sein soll. Deshalb
buddeln sich viele vor allem ältere Menschen bis zum Hals im Sand
ein. Wir belassen es beim Zusehen und fragen uns, wie man das bei
dieser Hitze aushalten kann.
Das
Schwarze Meer machte heute seinem Namen keine Ehre, denn es leuchtete
den ganzen Tag im schönsten Blau.
Am Abend
kamen zwei junge Georgier, die mit ihrem Ford Transit einige Meter
neben uns parkten, zu uns herüber und brachten uns einen kompletten,
eben frisch gegrillten Schaschlik-Spieß. Obwohl mein Magen immer
noch verrückt spielte, konnten wir uns diese Köstlichkeit nicht
entgehen lassen. Wir revanchierten uns mit ein paar Flaschen Bier.
Der Ältere der Beiden sprach ein bisschen deutsch, ich ein bisschen
russisch, so dass wir uns ganz gut unterhalten konnten.
Gerade,
als wir schlafen gehen wollten, begann in unmittelbarer Nähe in
einer der vielen Kneipen eine Live-Band zu spielen. Sie spielten und
sangen gut, vor allem aber laut...
12.
September 2015
Die
Musik spielte bis Mitternacht. Danach fuhren ständig irgendwelche
Autos über den Campingplatz einschließlich der Polizei. Es kam
einfach keine Ruhe rein. Entsprechend unausgeschlafen packten wir
zusammen und fuhren wieder in Richtung Batumi. Heute wollten wir noch
in die Türkei ausreisen.
Die
Skyline von Batumi wirkt von Weitem schon beeindruckend. Solch
gewagte Architektur kennt man eigentlich nur von arabischen Staaten.
Von Nahem sollte man sich diese Gebäude aber lieber nicht anschauen.
Wie so oft in diesem Land fragt man sich dann, ob hier nur nicht bis
zu Ende gebaut wurde, oder ob schon wieder der Zahn der Zeit am
Gemäuer nagt.
gewagte Architektur in Batumi |
die abgesoffenen Kähne im Hafen passen nun wirklich nicht ins Bild |
Bis zur
türkischen Grenze waren es nur noch wenige Kilometer. Wir tankten
noch einmal voll, denn Diesel ist in der Türkei erheblich teurer und
setzten dann die letzten Lari (georgische Währung) in einem kleinen
Supermarkt in Lebensmittel um.
Schon
einen Kilometer vor der Grenze stauten sich die LKW. Wir ahnten
nichts Gutes. Während wir an den Trucks vorbeifuhren, wunderten wir
uns, dass sich der Badestrand wirklich bis zur Grenze erstreckte und
gut besucht war.
Ja, und
dann standen wir plötzlich vor dem Grenzabfertigungsgebäude ohne
ein weiteres Fahrzeug vor uns. Konnte das wahr sein? Ist die Grenze
für uns vielleicht doch nicht passierbar, wie uns unterwegs jemand
erzählte? Dann geschah das, was wir nie für möglich gehalten
hatten. Es dauerte insgesamt genau 14 Minuten, bis wir die Grenze
hinter uns gelassen hatten. Ausreise aus Georgien und Einreise in
die Türkei dauerte keine Viertelstunde! Neuer Rekord! Kann das nicht
an jeder Grenze so sein???
Wir
rollten auf einer vierspurigen Autobahn immer am Schwarzen Meer
entlang in Richtung Westen. Mit der ersten türkischen Stadt tauchten
auch die ersten Moscheen mit ihren spitzen Minaretten auf. Abgesehen
vom Müll, der sich teilweise an den Straßenrändern aufhäuft,
wirken hier die Ortschaften und Häuser irgendwie aufgeräumter und
sauberer als in den Ländern, die jetzt hinter uns liegen. Aber
dieser erste Eindruck kann natürlich auch täuschen. Wir werden es
noch erfahren.
teilweise sogar sechsspurige Autobahn |
Wir
fuhren bis zur Stadt Of und richteten uns dort hinter einer
Shell-Tankstelle für die Nacht ein. Ein kleines Restaurant gab es
auch, doch leider ohne Bier. Klar, wir sind wieder mal in einem
muslimischen Land, in dem Alkohol verpönt ist. Aber wir haben ja
noch unsere eigenen Reserven...
eine der vielen Küstenstädte am Schwarzen Meer |
die Werbung ist wohl doch schon ein paar Tage alt... |
13.
September 2015
Laut war
es in der Nacht, schließlich brummten die Autos keine hundert Meter
entfernt an uns vorbei, aber auch nicht mehr so schwül wie in den
letzten Nächten. Eine Meeresbrise machte es schon angenehmer.
Ein Tag
ohne Höhepunkte lag vor uns. Knapp 300 Autobahnkilometer legten wir
zurück. Zwischendurch verließen wir für einen Streckenabschnitt
die Autobahn, um direkt an der Küste weiterzufahren. Wir hofften, da
vielleicht einen schönen Stellplatz zu finden, doch leider blieb es
nur bei der Hoffnung. Der Himmel trübte sich immer mehr ein, bis es
schließlich sogar anfing zu regnen. Das hatten wir schon lange nicht
mehr erlebt.
Eine
Stadt reihte sich an die nächste. Überall werden große,
vielstöckige Wohnblocks hochgezogen, fast wie in Russland. Auf der
perfekten Straße kamen wir schnell voran, denn auch in den Städten
kann man fast überall mit 90 km/h durchfahren.
Für die
Stadt Ünye hatten wir wieder mal einen Stellplatztipp. Direkt am
Meer stellten wir uns auf einen bewachten Parkplatz. Fünf türkische
Lira für 24 Stunden parken (ungefähr 1,50 Euro) sind durchaus
gerechtfertigt. Im direkt daneben stehenden schönen Restaurant
leisten wir uns ein ordentliches Mittagessen und wundern uns über
die günstigen Preise. Natürlich wird auch hier kein Bier
ausgeschenkt, also begnügen wir uns mit reichlich Tee, der hier nur
wenige Cent kostet.
Bei
einem kleinen Stadtbummel versuchen wir, eine türkische SIM-Karte zu
kaufen. Bei zwei Anläufen erhalten wir jedesmal die gleiche
überraschende Auskunft. Ausländer dürfen in der Türkei keine
SIM-Karte kaufen. Die Türkei ist das 13. Land, das wir auf unserer
Reise besuchen, aber auch das erste, wo wir keine Telefonkarte kaufen
können. Bei manch anderem Land hätten wir uns vielleicht nicht
gewundert, hier in der Türkei aber doch. Also sind wir in diesem
Land auf Wifi bzw. WLAN angewiesen. Aber auch damit werden wir
klarkommen.
Am Abend
zog eine Gewitterfront auf und wir erlebten den ersten wirklich
heftigen Regen während unserer Reise, die nun schon 143 Tage dauert.
14.
September 2015
Gegen
fünf Uhr war die Nacht zu Ende. Der Muezzin schickte über voll
aufgedrehte Lautsprecher seinen Weckruf über die gesamte Stadt. Die
Stadt erwachte und der Lärmpegel schwoll an, so dass an Schlaf
sowieso nicht mehr zu denken war. Durch den nächtlichen Regen hatte
es sich auch angenehm abgekühlt. Die Luft war frisch und klar.
hier leuchtet gleich der gesamte Ampelmast in der entsprechenden Farbe |
Wir
fuhren nur 85 km bis zur Großstadt Samsun. Hier stehen wir jetzt auf
einem supermodernen Campingplatz mit allem Komfort. Eine Hochstraße
verläuft fast über uns und sorgt für die entsprechende
Geräuschkulisse. Ganz heftig wird es, wenn der Muezzin ruft.
Unterhalb der Hochstraße tönt es dann so laut, dass man meint, der
Ruf des Muezzin ist noch draußen auf den Schiffen, die hier auf
Reede liegen, zu hören.
Wir
schauten jungen Leuten zu, die die Wasserski-Anlage ausprobierten.
Stark besucht ist der Platz wirklich nicht, die Saison ist
offensichtlich zu Ende. Da hier Wifi recht gut funktioniert, kann ich
auch endlich den Blog aktualisieren.
Bei
nächster Gelegenheit erfahrt Ihr, wie es uns weiter in der Türkei
ergeht und wohin es uns verschlägt. Bis dahin, und bleibt schön
neugierig...