Vor gut drei Wochen startete unser neues Abenteuer. Okay, Abenteuer ist vielleicht doch etwas übertrieben. Also, unsere neue Reise begann. Unser erstes Ziel hieß Wasserbillig, ein kleiner Ort in Luxemburg, der direkt an der deutschen Grenze in der Nähe von Trier liegt. Warum ausgerechnet dieser Ort mit dem eigenartigen Namen? Nicht etwa, weil dort das Wasser billig wäre. Die alten Römer nannten ihren Hafen an dieser Stelle der Mosel Billiacum. Daraus wurde später (965 n. Chr. erstmals urkundlich erwähnt) Billich. Und weil es auf der deutschen Seite des Flusses den Ort Oberbillig gibt, gibt es zur besseren Unterscheidung eben das Wasserbillig.
Wir fuhren aus einem einzigen Grund da hin, nämlich um billigen Diesel zu tanken. Wirklich billig war er dort auch nicht, aber immerhin rund 20 Cent günstiger als in Deutschland. Bei 90 Litern sparten wir also 18 Euro. 🤗
 |
| Tankstopp in Wasserbillig |
Zur Tankstelle gehört auch ein Wohnmobilstellplatz, den wir für unsere erste Übernachtung nutzten.
Belgien durchquerten wir ohne größeren Halt.
In der Nähe von Reims, also schon in Frankreich, fanden wir einen wunderschönen Platz am Ailette-See. Eine kleine Wanderung um den östlichenTeil des Sees brachte unsere alten Knochen wieder in Bewegung.
 |
| Stellplatz am Ailette-See |
Schon einen Tag später erreichten wir den Atlantik. Bei Belleville-sur-Mer ragt die Steilküste 100 Meter in die Höhe. Man fühlt sich schon recht winzig am Fuße dieser gewaltigen Klippen. Du musst den Kopf weit in den Nacken legen, wenn Du die Oberkante der Felsen sehen willst. Wenn dann noch der Sturm dich mit heftigen Böen kaum noch gerade stehen lässt und du dein eigenes Wort im Tosen der Wellen nicht mehr verstehst, dann spürst du die Kraft und Gewalt der Elemente. Aber du merkst auch, wie lebendig du bist, wenn du dich den Sturmböen entgegenstemmst und du doch das tobende Meer mit seinen heranrollenden Wogen übertönen kannst.
 |
| Steilküste bei Belleville-sur-Mer |
Drei Tage lang beutelte uns dieser Sturm mit Windstärke 9 durch und durch. Windstärke 9 bedeutet, der Sturm braust mit 75 bis 88 Stundenkilometern übers Land. Halte mal bei gut 80 km/h die offene Hand aus dem fahrenden Auto, dann spürst du die Gewalt! Und deine Hand ist im Verhältnis zum ganzen Körper nur klein.
Bei Quiberville trotzten wir den Naturgewalten. Wir leckten uns das Salz von den Lippen und stemmten uns dem Sturm entgegen, bis uns im wahrsten Sinne des Wortes die Fetzen um die Ohren flogen.
Rund 200 km weiter südlich besuchten wir Courseulles-sur-Mer. Das Städtchen liegt direkt am Juno Beach. Hier landeten am 6. Juni 1944, dem D-Day, 14000 kanadische Soldaten. Sie waren Teil der insgesamt 170000 Alliierten, die mit knapp 10000 Booten und Schiffen sich auf einem 140 km langen Küstenabschnitt ans rettende Ufer kämpften. (Es gibt sehr unterschiedliche Zahlen dazu!). Der Hafen der kleinen Stadt war der erste, der durch die Alliierten befreit wurde. Eine Gedenkstätte liefert viele Informationen zu diesem geschichtsträchtigen Teil von Frankreichs Küste.
 |
| Am Juno Beach von Courseulles-sur-Mer |
 |
| Die deutschen Bunker des Atlantikwalls versinken allmählich im Sand. |
 |
| Hier wird jedes Jahr am 6. Juni des D-Days gedacht |
 |
| Gedenkstein |
 |
| Hafen von Courseulles-sur-Mer |
In unserem Alter braucht man eben auch die eine oder andere Tablette. Und natürlich vergisst man ab und zu auch mal etwas. Zum Beispiel Tabletten. Wenn diese verschreibungspflichtig sind, kann es schwierig werden. Das merkten wir, als wir versuchten, die Tabletten zu bekommen, die ich zu Hause vergessen hatte einzupacken. Der erste Arzt, bei dem ich versuchte, ein entsprechendes Rezept zu bekommen, ist seit vier Jahren Rentner und praktiziert nicht mehr. Die zweite Arztpraxis existiert nicht mehr (danke, Google Maps!). Beim dritten Versuch hätte ich am späten Nachmittag einen Termin bekommen können. In einem anderen Ort stellte sich die vermeintliche Arztpraxis als Psychiatrie heraus. Herzliches Gelächter bei den beiden Empfangsdamen, als ich mein Anliegen vorbrachte. Sie gaben mir aber den Tipp, es doch einfach in der örtlichen Apotheke zu versuchen. Und siehe da, ich bekam meine Tabletten völlig problemlos. Und das noch dazu wesentlich billiger, als die Zuzahlung in einer deutschen Apotheke. Verrückt, oder?
Allmählich näherten wir uns einem Ort, der schon lange auf meiner Wunschliste stand. Du siehst ihn auf dem folgenden Bild am Horizont.
 |
| Erkennst du, was da am Horizont thront? Gleich mehr dazu... |
Bei Dragey-Routhon wandern wir auf dem schier endlosen und unglaublich breiten Sandstrand und staunen über die unendlichen Sandhäufchen. Google bringt dann die Aufklärung. Diese Häufchen werden von Wattwürmer produziert, indem sie den Sand fressen und die darin enthaltenen Algen und Bakterien herausfiltern und schließlich den unverdaulichen Sand wieder in Form dieser Häufchen ausscheiden. Sie sind sozusagen der Reinigungstrupp für den Wattboden.
 |
| unendlicher Strand bei Dragey-Routhon |
 |
| Der Wind bläst immer noch heftig |
 |
| belebter Wattboden |
 |
| die Hinterlassenschaften der Wattwürmer |
Zwei Tage später besuchten wir schließlich den Mont-Saint-Michel, den wir zuvor schon am Horizont ausgemacht hatten. Wir hatten extra auf einen Montag gewartet, da dann hoffentlich nicht so viele Besucher sich dort drängeln würden. Unsere Vermutung war stimmte haargenau, denn nur wenige Leute pilgerten zu der Zeit durch die engen Gassen. Immerhin ist der MSM, wie ihn die Franzoden gern abkürzen, das am zweithäufigsten besuchte Touristenziel in Frankreich. Über zwei Millionen Besucher staunen hier jährlich über das alte Gemäuer.
Schon im Jahr 1022 begann man mit der Errichtung der befestigten Abtei auf der 92 m hohen Insel, die ungefähr einen Kilometer vom Festland im Wattenmeer liegt. Seit 1979 gehört der gesamte Komplex zum UNESCO-Welterbe.
Unsere Begeisterung hielt sich letzten Endes doch in Grenzen. Eine enge Gasse windet sich hinauf zur Abtei. In den alten Gebäuden reihen sich Bars, Restaurants, die typischen Touri-Souvenirläden und einige kleine Museen usw. aneinander. Die Abtei selbst haben wir nicht besucht. Es ist schön, es mal gesehen zu haben, doch das eine Mal reicht. Wesentlich besser gefiel uns Sainte-Enemie mit seinen verwinkelten Gassen und ebenfalls uralten Gebäuden in der Tarn-Schlucht in Frankreich, das wir schon zweimal besucht haben.
 |
| Doppelkopfbus |
Damit verließen wir die Normandie und kamen anschließend in die Bretagne. Auf dem Weg nach Süden fuhren wir stundenlang durch riesige Weinfelder. Hier haben es die Weinbauern wesentlich leichter, als zum Beispiel die Winzer an den Steillagen der Mosel. Bei Les Sables wanderten wir am wunderschönen Sandstrand und wurden erneut durch heftigen Sturm durchgerüttelt und geschüttelt. Die Biskaya ist ja schließlich bekannt für schwere Stürme.
 |
| Der Ozean verzeiht keine Fehler |
Irgendwie hatte sich auf dieser Reise der Wind gegen uns verschworen. Solange wir in Frankreich in Richtung Westen fuhren, blies er uns entgegen. Als wir dann nach Süden abschwenkten, drehte er sich und unser Gecko musste wieder mit dem oftmals heftigen Gegenwind ankämpfen. Klar, dass dadurch der Dieselverbrauch in die Höhe schnellte. Der Durchschnittsverbrauch über die Gesamtfahrstrecke von rund 230000 km liegt nach wie vor bei 14,7 l/100km. Unter normalen Bedingungen kommt er auf solch guten autobahnähnlichen Straßen mit lediglich 12 bis 13 Litern klar. Zur Zeit steigt der Verbrauch allerdings 15 bis 16 Liter an. Zum Glück konnte ich in Spanien meistens recht günstig für unter 1,30 Euro pro Liter tanken.
Die Fahrt bis zur spanischen Grenze machte echt keinen Spaß. Unendlich viele Kreisverkehre und Ampeln. Und jede Ampel, wirklich jede zeigte rot. Das nervte!
Die erste Nacht in Spanien verbrachten wir auf einem nicht so schönen Stellplatz bei Costra Urdiales. Die Stadt wirkte wie ausgestorben. Keine Ahnung, wo sich die 30000 Einwohner alle versteckt haben. Immerhin gibt es hier eine schöne felsige Küste mit türkisfarbenem Wasser. Die Reste einer alten Laderampe zeugen vom früher in der Gegend betriebenen Bergbau. Das Erz wurde über die Rampe auf Schiffe verladen.
 |
| Costra Urdiales |
 |
| historische Laderampe |
 |
| bei Sonnenschein sicher noch viel schöner |
Ursprünglich wollten wir der Küste weiter folgen und Santiago de Compostella, dem Ziel des Jacobsweg, einen Besuch abstatten. Da die Wetterprognose für ganz Galizien nichts Gutes verhießen, heftiger Regen und Stürme wurden vorausgesagt, beschlossen wir, direkt nach Südwesten in Richtung Portugal zu fahren.
Nächster Stopp in Sahagun. Hier siedelten schon vor 2000 Jahren die alten Römer. Im frühen Mittelalter erlangte der Ort vor allem durch sein Kloster große Bedeutung. Schon damals pilgerten die Menschen hierher, wie heute auch noch. Der Jacobsweg führt direkt hier entlang. Für uns reichte ein kleiner Stadtbummel. Uns gefielen besonders die hübsch bemalten Häuserwände.
 |
| südliches Portal des ehemaligen Kloster San Benito, erbaut 1663 |
 |
| Iglesia de San Lorenzo |
 |
| Prozessionsfiguren in der Kirche Iglesia de San Tirso |
 |
| Jacobsweg |
 |
| schöne Graffiti an den Hauswänden |
 |
| unser Stellplatz in Sahagun |
Auf vielen kilometerlangen Geraden durch riesige, manchmal bis zum Horizont reichender Felder ging es weiter gen Süden. Irgendwann lösten Wälder die Felder ab. Den Grenzübergang nach Portugal nahmen wir kaum wahr. Lediglich ein schlichtes Schild weist darauf hin, dass man nun durch Portugal fährt.
Am wunderschönen Azibo-Stausee fanden wir eine Stelle mit Blick über den See. Der Parkplatz gehört zu dem ehemaligen Hotel Ecopark Azibo in 200 Meter Entfernung, das zu Covid-Zeiten geschlossen, dann von Vandalen heimgesucht und schließlich wohl aufgegeben wurde. Nun gammelt es vor sich hin und verfällt ganz offensichtlich immer mehr. Neudeutsch nennt man solche Objekte lost place. Wirklich schade um so ein schönes Hotel!
 |
| Stellplatz mit Blick auf den Azibo-Stausee |
 |
| das ehemalige Hotel Ecopark Azibo |
 |
| das war einmal die Rezeption |
 |
| ehemalige Küche neben der Bar |
 |
| das wahrscheinlich schönste Appartement mit Balkon und Blick zum See |
 |
| schade, schade, schade... |
Sehr gut gefiel es uns einen Tag später im tief eingeschnittenen Tal des Duoro. Die Landschaft erinnerte uns ein bisschen an die Mosel, nur sind hier die Berge wesentlich höher. Auch hier ziehen sich die Weinberge bis weit hinauf zu den Bergrücken. Das Laub der Rebstöcke prangt in leuchtenden Farben von Gelb über Orange bis zu intensivem Rot. Eine wahre Farbexplosion, an der wir uns kaum satt sehen können.
Im Gegensatz zu den Tagen vorher, als wir uns auf über 800 m Höhe aufhielten und es entsprechend kalt war, genießen wir hier milde Temperaturen um die 20 Grad. Auf Spaziergängen bieten sich immer wieder wunderbare Ausblicke in diese herrliche Landschaft. Am Wegrand naschen wir von den Trauben, die bei der Lese wohl übersehen worden sind. Köstlich, zuckersüß schmecken sowohl die tiefroten wie auch die gelben Weinbeeren. Zu allem Überfluss kommen wir an einem verwilderten Grundstück vorbei, wo goldgelbe Orangen und Mandarinen an den Bäumen prangen. Wir hörten ganz deutlich, wie sie riefen:"Nimm mich mit, nimm mich mit!" Da mussten wir ihnen natürlich helfen und einige in unseren Rucksack packen.
 |
| im Douro-Tal |
 |
| 6 bis 7 Meter hoher Bambus |
 |
| sooo süß und lecker! |
 |
| auch seeehr lecker! |
Am zweiten Abend gönnten wir uns in dem kleinen und erst vor zwei Monaten eröffneten Restaurant Salma ein Abendessen. Die Söhne der Besitzer heißen Salvador und Matias, was den Namen des Restaurants ergab. Die freundlichen Gastgeber servierten uns eine Schinken-Käse-Wurst-Platte, die schon alleine ein Augenschmaus war. Ein dunkelroter Wein, natürlich alles aus der hiesigen Umgebung, passte bestens zum Essen und schmeckte vorzüglich. Ein gelungener Abend! Nebenbei: Portwein wird ausschließlich aus Trauben vom Douro-Tal gekeltert. Probiert haben wir ihn leider nicht.
 |
| im neuen und sehr hübschen Restaurant Salma |
 |
| köstliche Schinken-Käse-Wurst-Platte |
Für die nächsten paar Tage waren starke Regenfälle vorausgesagt worden. Diese Periode wollten wir auf einem Stellplatz aussitzen, wo es kostenlos Strom, Wasser, Toiletten, Duschen und WLAN gibt, nämlich im Städtchen Souselo. Ich hatte mir vorgestellt, dort hin ähnlich wie an der Mosel entlang des Douro fahren zu können. Das erwies sich allerdings als unmöglich, da es schlicht und ergreifend keine Straße gibt, die direkt am Ufer entlang führt. Stattdessen absolvierten wir einen 58 km langern Slalom auf einer Berg- und Talbahn, die noch dazu meistens sehr schmal war. Größtenteils verläuft diese Straße weit oberhalb des Duoro. An einigen Stellen gibt es wunderschöne Ausblicke, doch Fotos sind kaum möglich, da sich keine Haltemöglichkeit bietet.
 |
| Wolken schieben sich über das Douro-Tal |
 |
| das sieht schon bedrohlich aus! |
Die dunklen, fetten Regenwolken schoben sich schon drohend über den südlichen Bergkamm. Wir erreichten diesen Stellplatz und fanden auch einen freien Platz. Schnell im wenige Schritte entfernten kleinen Supermarkt ein paar Lebensmittel eingekauft und zurück zum Gecko. In dem Moment, wie ich den Gecko aufschloss, öffnete der Himmel seine Schleusen. Zum Glück hatte ich das Stromkabel schon vorher angeschlossen.
Doch das Blatt sollte sich bald wenden. Der Nachbar wechselte mit seinem Womo den Platz. Bald stellte sich heraus, warum. Es floss kein Strom mehr! Uns blieb nichts anderes übrig, als ebenfalls einen anderen Platz aufzusuchen. Zum Glück war noch eine Stelle frei. Doch auch hier Fehlanzeige. Kein Strom. Dann standen wir zusammen mit zwei Spaniern und einem Portugiesen ratlos da. Offensichtlich war eine Hauptsicherung rausgeflogen. Doch warum? Und wo befindet die sich?
Der Eine meinte dann, dass er Strom hatte, bis wir kamen und unser Kabel an die Stromsäule angeschlossen hatten. ??? Der Spanier fand schließlich die Ursache. Unser Stromkabel hing so blöd, dass Wasser eingedrungen war. Peinlich, aber nicht zu ändern. Die Frau des Spaniers organisierte Hilfe, die binnen weniger Minuten eintraf. Ein Mitarbeiter der Stadt brachte die Sicherung wieder in Ordnung und alle hatten wieder Strom. Nur wir nicht, weil die Steckdose unseres Kabels nicht so schnell zu trocknen war. Oliver, der Spanier, lieh uns ein Kabel, das er nicht benötigte.
Inzwischen stehen wir nun schon den fünften Tag auf diesem Platz. Fünf Tage Dauerregen mit Gewitter- und Sturmeinlagen. Doch hier sind wir bestens aufgehoben und versorgt. Und das alles kostenlos! Ein großer Dank gebührt der Stadt, die das ermöglicht!
Am zweiten Tag besuchten uns Oli und Elena, die beiden Spanier. Sie sprechen beide Englisch, so dass wir uns ganz gut unterhalten konnten. Die Zwei leben ausschließlich in ihrem großen Womo und arbeiten von da aus. Es war ein wirklich sehr netter Abend. Am nächsten Tag luden sie uns zum Kaffee in ihr Womo ein. Wieder gab es viel zu erzählen. Sie sind zwar wesentlich jünger als wir, trotzdem stimmen unsere Einstellungen zum Leben und Reisen in vielen Punkten überein.
Heute ist Sonntag, der 16.11.2025. Ab morgen soll endlich das Wetter besser werden und endlich wieder die Sonne scheinen. Wohin es uns dann treibt und wie es weitergeht, könnt Ihr wieder hier im Blog verfolgen.
Bis dahin und bleibt schön neugierig!