Um es
vorweg zu nehmen: Marrakesch hat uns nicht so sehr begeistert. Das
lag sicher am kalten und regnerischen Wetter, zum anderen vielleicht
auch an uns.
Doch der
Reihe nach. Mit dem Taxi fuhren wir ins Stadtzentrum zum „Platz der
Gehängten“. Dort begannen wir unseren Bummel durch die Medina,
einem unüberschaubaren Gewirr aus größtenteils überdachten
engen und dunklen Gassen und Gängen. Ein Verkaufsstand reiht sich an
den nächsten.Gehandelt wird praktisch mit allem. Fast jeder Händler
preist uns seine Waren an, Orangen, duftende Gewürze, Brot, Stoffe,
Kleider, Schuhe, Lederwaren, aber auch uralte, verdreckte
Fotoapparate und völlig abgetragene Klamotten.Ich tue meistens so,
als würde ich ihre Worte nicht hören und nichts verstehen. Sobald
man auch nur die kleinste Reaktion zeigt, haben sie dich schon am
Haken und verwickeln dich in ein Verkaufsgespräch, und das manchmal
ziemlich aggressiv. Es nervte zunehmend.
Manche
Gewürzläden locken mit verführerischen Düften, zwei Ecken weiter
stinkt es erbärmlich aus einem finsteren, verdreckten Hauseingang.
Wir sind hin- und her gerissen.
Nach
zwei Stunden spricht uns ein junger Bursche freundlich an und fragt,
ob wir Interesse an einem Berber-Festival hätten, das in der Nähe
stattfinden würden. Wir könnten dort richtig gute Fotos machen.
Gutgläubig
trabten wir hinter ihm her, während er in gebrochenem Deutsch
Smalltalk versuchte. Die Gassen wurden ein bisschen breiter und
führten nun vorbei an den braunroten Häusern der Berber-Stadt.
Wohlweislich versuchte ich, mir den Weg einzuprägen, schon ahnend,
dass es Schwierigkeiten geben könnte. Letztlich landeten wir eben
doch in einem Shop, in dem Lederwaren verkauft wurden. Das wollten
wir ja aber auf jeden Fall vermeiden!
Vorher
bekamen wir die Gerberei gezeigt. Zur Begrüßung bekam jeder einen
Zweig frische Minze. Mit diesem unter der Nase konnte man den üblen
Gestank,der über der ganzen Anlage hing, für einige Atemzüge
vergessen. In vielen in den Boden eingelassenen Betonbecken stand
dicke, graue Brühe, in der die Felle von Ziegen, Schafen, Kühen und
Kamelen behandelt wurden, zuerst mit Kalkschlamm, dann mit
Ammoniak.Fellfetzen gammelten in den Ecken vor sich hin. Vor einer
Hauswand trockneten aufgehängte Kamelhäute. Und überall hing
dieser widerwärtige Gestank in der Luft. Jutta kämpfte tapfer gegen
den Brechreiz.
In einem
weiteren Hinterhof stapelten sich Schaffelle zu großen, grauen
Haufen. Man konnte kaum noch atmen, so bestialisch stank es. Wie mag
es erst im Sommer bei großer Hitze sein? Wir sahen einem jungen
Burschen zu, der in einem fast stockdunklen Raum mit krumm gebeugtem
Rücken das Leder einer Ziege walkte. Arbeitsbedingungen, schlimmer
als im Mittelalter. Unglaublich, wie die Menschen das aushalten.
Mit dem
Wissen um diese unmenschlichen Zustände bearbeitete uns dann der
Verkäufer in dem Shop, in dem Schuhe, Taschen und hauptsächlich
Puffs (runde Sitzkissen) angeboten wurden. Wir sollten doch die hart
arbeitenden Menschen in dieser Kooperative unterstützen. Schließlich
kaufte ich doch einen Gürtel aus Kamelleder für viel zu viel Geld.
Richtig
ärgerlich wurde es aber, als beim Verlassen des Ladens der Führer
durch die Gerberei und der junge Schlepper auch noch energisch Geld
verlangten. Sie baten nicht, sie forderten! Schließlich trat noch
ein Dritter auf den Plan, der aggressiv Geld forderte. Um die
Situation nicht endgültig eskalieren zu lassen, gab ich ihnen statt
der geforderten zehn eben fünf Euro (Dirham wollten sie nicht!),
woraufhin alle mit grimmiger Miene abzogen. Situation gerettet,
Stimmung versaut.
Nun
zeigte sich, wie hilfreich es war, dass ich mir den Weg genau
eingeprägt hatte, denn unser Führer war ja verschwunden. Ohne
weitere Probleme langten wir wieder am Ausgangspunkt an.
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Berberstadt |
Wieder
zurück in der Medina spülten wir unseren Ärger in einem kleinen
Cafe mit köstlichem Tee runter. Vom zweiten Stock beobachteten wir
das bunte Markttreiben unter uns. Unsere Stimmung besserte sich noch
einmal, als wir jeder eine wunderbare Tajine serviert bekamen. Jutta
aß vegetarisch, ich hatte Rindfleisch mit Zitrone. Ein nie
gekannter, aber sensationell guter Geschmack.
Später
versuchten wir einige der Sehenswürdigkeiten Marrakeschs zu finden,
doch kam ich mit der Beschreibung eines Stadtrundgangs im Reiseführer
einfach nicht klar. Schade, sehr schade! Wir waren auch ziemlich
pflastermüde und doch ziemlich genervt vom ständigen Abwehren der
Verkäufer und Händler.
Den
Abend verbrachten wir gemütlich zusammen mit den beiden Bayern
Ritchie und Hermann, die mit einem komfortablen MAN unterwegs sind.
Es gab viel zu erzählen. Auch sie haben eine interessante Web site:
www.bayerman-on-tour.de
Nur 4
Grad am nächsten Morgen (18.12.2016) erleichterten uns den
Entschluss, wieder zurück an die Atlantikküste zu fahren, wo es
doch entschieden wärmer ist. Bis Essaouira waren es 174 km, wo wir
uns auf einem großen Parkplatz hinter den Dünen neben rund 20 WoMos
ein Plätzchen für die Nacht suchten. Wir liefen noch 2 km bis zur
nahen Stadt und genossen dort bei einem Tee den schönen
Sonnenuntergang.
Eine
landschaftlich sehr reizvolle Strecke führte uns durch viele Kurven
und über einige Hügel nach Imessouane, dessen Campingplatz schön
auf der Steilküste liegt. Direkt davor erfreuen sich viel Surfer an
den grandiosen Wellen.
Am
20.12. machten wir einen Abstecher durch das Paradise Valley
(Paradiestal) bis hinauf in eine Höhe von 1200 m bis zu den dortigen
Kaskaden. Wir wollten natürlich keinen Guide haben, um vom Parkplatz
zum Wasserfall zu laufen. Aber Mohammed, der sehr gut Deutsch
spricht, lief einfach vorweg und ließ sich auch durch meine Ablehnung nicht abhalten. Der große, 95 m hohe Wasserfall führt
schon seit drei Jahren kein Wasser mehr. Mohammed kletterte mit uns
über Felsen hinauf zu einem kleineren Wasserfall.
Obwohl
wir es hier nun wirklich nicht erwartet hatten, landeten wir auch
hier nach mühseliger Kraxelei und der Überquerung eines Baches vor
einigen Verkaufsständen. Mohammed lud uns schließlich noch in seine
selbst gebaute, dunkle und kalte Hütte ein. Er servierte uns Brot,
bestrichen mit einer Paste aus Arganöl und Mandeln. Den Namen dieser
sehr gut schmeckenden Pate habe ich leider vergessen.
Als wir
ihn nach seinem Lohn fragten, traute ich meinen Ohren kaum. Er
meinte, manche Leute würden 100 Euro geben, um seine Familie zu
unterstützen. Wir gaben ihm 400 DH, was einen Stundenlohn von rund
20 Euro bedeutete. Immerhin führte er uns an Stellen, an die wir
ohne ihn nie gelangt wären und erkärte uns vieles anschaulich.
Trotzdem blieb ein schaler Beigeschmack... Die Nacht verbrachten wir
in fast unheimlicher Stille auf dem CP von Aourir.
Nur 100
km weiter nach Süden fuhren wir am 21.12. bis nach Aglou, wo wir nun
auf einem großen CP mit fast ausschließlich französischen WoMos
stehen. Herrliche 23 Grad Wärme und Sonne pur verwöhnen uns hier.
Am Nachmittag bummelten wir hinunter in den kleinen Ort. Auf der
hübschen Strandpromenade verstand man kaum noch sein eigenes Wort,
solchen Höllenlärm verursachten die heranbrausenden Wellen. Ihre
Gischt zerstob zu feinem Nebel, der hinüber zu den nahen Bergen
zog.Die tiefer sinkende Sonne tauchte die gesamte Landschaft in ein
fast unwirkliches oranges Licht.
Heute
(22.12.) genossen wir wieder das traumhafte Wetter. Blog schreiben,
Auto abschmieren, in der Sonne sitzen und keinerlei Weihnachtsstress.
Herrlich!
Morgen
wollen wir noch weiter in den Süden fahren und uns dort am über 100
km langen Plage Blanche einen Stellplatz für die nächsten Tage
suchen. Dort werden wir vermutlich keinen Zugang zum Internet haben,
so dass wir uns erst später wieder hier im Blog melden werden.
Bis
dahin bleibt schön neugierig...
Ein frohes Weihnachtsfest wünschen Euch Micha und Elfi. Wir freuen uns das es Euch gut geht. Bleibt gesund und lasst Euch nicht abzocken, leider wollen alle nur Eure Kohle. Rutscht gut ins Jahr 2017. Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder.
AntwortenLöschenHallo Ihr 2!
AntwortenLöschenMit Interesse haben wir Eure Reise verfolgt. Der Rummel um Weihnachten und Silvester ist ja nun vorbei und Ihr seit etwas ruhiger ins Neue Jahr gerutscht als wir. Aber das wolltet Ihr ja auch so.
Ihr habt ja wieder viele Erlebnisse gehabt und wie man Eurem Bericht folgen kann, fühlt Ihr Euch ja recht wohl dabei. Also bleibt weiterhin schön gesund und genießt die herrliche Sonne.
Bei uns ist zur Zeit eine wahnsinnige Kälte, aber wir genießen trotzdem den Winter, indem wir oft im Schnee laufen gehen und abends dann den knisternden Kamin mit Blick in den schneegedeckten Garten genießen.
Wir freuen uns, wenn es klappen sollte, dass wir uns im März sehen.
Passt schön auf Euch auf und liebe Grüße
von Euren Chemnitzern