Nur ungern verließen wir den Erg
Znigue, weil es uns dort wirklich richtig gut gefiel. Diese totale
Ruhe, Sanddünen rundum, die ihre Farbe je nach Tageszeit von
blassgelb bis fast dunkelrot ändern, darüber strahlend blauer
Himmel. Vom Vormittag bis zum Abend herrschten sehr angenehme
Temperaturen so um 23 bis 24 Grad. Die Sonne brannte manchmal schon
richtig. Nach Sonnenuntergang kühlte es sehr schnell ab. Dafür
erstrahlten am immer dunkler werdenden Nachthimmel tausende und
abertausende von Sternen, aber nur so lange, bis der Mond am Horizont
aufstieg und die Wüste in seinem weißen Licht badete.
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letzter Abend am Erg Znigue |
Am Morgen des 14. Januar brachen wir in
nördliche Richtung auf, nachdem wir die Windschutzscheibe vom Eis
befreit hatten. Merzouga ließen wir links liegen, da wir den Erg
Chebbi auf der Ostseite umfahren wollten. 35 Kilometer Tiefsand lagen
nun vor uns. Anfangs konnte man die Piste beim besten Willen nicht
verfehlen. Später zeigte sich dann, dass uns die wenigen Wegpunkte,
mit denen ich die Navi-App auf dem Tablet gefüttert hatte, nicht
unbedingt helfen würden. Entweder versperrten Dünen den Weg, oder
ein Graben mit zu steilen bzw. zu hohen Rändern. Wir folgten dann
irgendwelchen Spuren, die gerade noch so im tiefen Sand erkennbar
waren.
Hier in diesem tiefen, weichen Sand wäre ohne
Allradantrieb kein Vorwärtskommen möglich. Meistens kämpfte sich
unser Gecko im zweiten Gang mit relativ hoher Drehzahl vorwärts.
Manchmal musste ich blitzschnell in den ersten Gang runterschalten,
um genügend Vortrieb zu haben. Eine kleine Düne erwies sich dann
doch als schwieriger als zuvor gedacht. Bis kurz vor den obersten
Punkt schaffte es der Gecko, aber eben nicht darüber. Als es auch im
vierten oder fünften Anlauf nicht klappte, half nur noch eins:
Luftdruck in den Reifen reduzieren. Und siehe da, plötzlich stellte
die Düne überhaupt kein Hindernis mehr dar. Es machte immer mehr
Spaß, durch den Sand zu pflügen. Unser Vertrauen in den Gecko und
an meine „Fahrkünste“ (so viel Offroad-Erfahrung habe ich ja nun
auch noch nicht) wuchsen immer mehr. Doch wie es so oft im Leben ist,
war es auch hier. Wenn es am schönsten ist, soll oder muss man
aufhören. Wir hatten nach vielleicht zwei Stunden wieder Asphalt
unter den Rädern.
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Blick vom Osten auf den Erg Chebbi |
Als wir hielten, um die Reifen wieder
mit normalem Luftdruck zu versehen, war weit und breit kein Mensch
zu sehen. Trotzdem tauchten wie aus dem Nichts innerhalb weniger
Minuten nacheinander mehrere Leute auf, die uns irgendwelche
Mineralien und Fossilien aufschwatzen wollten. Selbst wenn man schon
fünf oder sechs Mal „Nein, danke“ gesagt hat, lassen sie nicht
locker. Das ist es, was uns manchmal den Spaß an diesem sonst so
wunderschönen Land etwas verdirbt. Vielleicht sollten wir uns da
einfach eine dickere Haut zulegen...
Am späten Nachmittag erreichten wir
nach knapp 140 km das Camp Hakkou in Aoufus. Wir wurden auf dem
kleinen, hübschen Campingplatz freundlich mit Tee und Nüssen
empfangen
Wir hatten uns auf eine kalte Nacht
eingerichtet, doch eigenartigerweise war es hier nicht ganz so kalt
wie in der Wüste, obwohl wir in knapp 900 m Höhe standen. Nachdem
wir schon 20 oder mehr Kilometer gefahren waren, fiel uns ein, dass
wir vergessen hatten, das große Brot, das wir am Vortag vom Besitzer
bekommen hatten, zu bezahlen. Peinlich, peinlich. So ein Fladenbrot
kostet zwar höchstens 2 Dirham, also weniger als 20 Eurocent,
trotzdem ar es uns sehr unangenehm. Wir beruhigten uns dann mit dem
Gedanken, dass wir dem Besitzer ein paar Kleinigkeiten für seine
drei Kinder geschenkt hatten. Vielleicht oder hoffentlich behält er
uns trotzdem in guter Erinnerung.
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ein in Deutschland wohl eher seltenes Verkehrsschild |
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Oase im Ziz-Tal |
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der Hohe Atlas liegt vor uns |
Nun lag der Hohe Atlas vor uns. Es war
schon beeindruckend, wie sich dieses mächtige Gebirge über den
gesamten Horizont vor uns auftürmte. Der Schnee glänzte allerdings
nur in größeren Höhen. Die Straße wand sich immer höher hinauf,
bis wir bei 2185 m den höchsten Punkt unserer Tour erreicht hatten.
Allerdings hatten wir uns diese Überquerung ganz anders vorgestellt.
Wir rechneten mit meterhohem Schnee und evtl. gesperrten Pässen. Auf
der Nordseite des Gebirges fanden wir dann doch noch einige
verschneite Stellen und konnten es uns natürlich nicht verkneifen,
mit dem Gecko mal in den Schnee zu fahren. Hier gibt es sogar einige
Skigebiete, doch wird bei so wenig Schnee kaum Betrieb dort sein.
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Hoher Atlas |
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Nordseite des Hohen Atlas |
Die Landschaft hatte sich inzwischen
völlig verändert. Pinien, mächtige Zedern und Eichen wuchsen auf
den Berghängen. In den tieferen Lagen grünte die frische Saat auf
den Feldern. Kurz vor Azrou wunderten wir uns zunächst über die
vielen Menschen, die hier unterwegs waren. Schnell wurde uns klar,
dass wir uns dem Gebiet befanden, wo die Berberaffen leben. Einige
dieser Affen sahen wir in den Bäumen herumturnen. Wir hatten aber
absolut keine Lust, uns in diesen Touristenrummel zu stürzen. Schade
um diese Attraktion...
Gestern hatte uns ein Franzose das Camp
Amazigh nahe Azrou empfohlen. Es war ein guter Tipp. Wir standen in
einer Plantage mit uralten Kirschbäumen. Der nette Besitzer Hassan
spricht nahezu perfewkt deutsch, da er lange Zeit in Köln gelebt
hat. Die eigentliche Attraktion dieses Camps aber sind die Störche,
die die riesigen Nester auf den Dächern der benachbarten Häuser
bevölkern. Insgesamt fünf Paare zählten wir, die am Abend mit
ihren langen Schnäbeln um die Wette klapperten. Und ich dachte
immer, die Störche ziehen im Winter in den Süden, weil es dort
wärmer ist. Dabei stehen sie hier in 1500 m Höhe in ihren Nestern
und trotzen der Kälte. Aber immerhin ist es hier ja wenigstens
tagsüber entschieden wärmer als in Europa.
Da die Temperatur in der Nacht sicher
wieder unter null Grad sinken würde, brachten wir erstmals die
Vliesverkleidungen an den Zeltwänden des Klappdachs an. Und das war
gut so...
Am Morgen des 17. Januar zeigte das
Außenthermometer -3 Grad an. Im Auto herrschte immerhin ein Grad
plus. Gefroren haben wir in der Nacht jedoch nicht. Es dauert auch
nur wenige Minuten, bis die Standheizung eine fast gemütliche
Temperatur im Auto erzeugt hat. Mit einem dampfenden Kaffebecher in
der Hand ist die Welt in Ordnung. Ende März, Anfang April muss es
auf diesem Platz herrlich duften, wenn die Kirschbäume blühen. Am
besten bleibt man dann bis in den Mai, wenn die Kirschen reif sind.
So schön es auf diesem Platz war, zog
es uns doch wieder in wärmere Gefilde. Und die hofften wir, an der
Atlantikküste zu finden. Unser Tagesziel lautete Moulay Bousselham,
wo wir ganz am Anfang unserer Marokkotour schon waren. Auf der gut
200 km langen Strecke rollten wir durch frühlingshafte Landschaften.
Überall grünte es. Wie sich doch die Natur in den letzten fünf,
sechs Wochen verändert hatte. Wir konnten kaum glauben, noch in
Afrika zu sein, so viel Grün um uns herum. Die in den höheren Lagen
befindlichen Obstplantagen wurden nun durch Zuckerrohrpflanzungen und
weite Getreidefelder abgelöst. Zwischendurch sahen wir auch riesige
Flächen, auf denen Wein angebaut wird.
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es grünt so grün... |
Auf dem Camp „Atlantic Gate“ in
Moulay Bousselham konnten wir uns sogar auf den gleichen Fleck
stellen wie schon einige Wochen zuvor, also etwas abseits der nun
inzwischen zahlreichen Wohnmobile.
Hier stehen wir nun schon den zweiten
Tag und genießen die Sonne, die tagsüber so herrlich warm ist.
Nachts ist es allerdings immer noch sehr kalt. Es soll sogar noch
kälter werden. Wir würden es heir schon noch ein paar Tage
aushalten. Solte das Wetter jedoch schlechter werden, machen wir uns
endgültig auf den Heimweg. Wie wir durch die Kälte in Frankreich
und Deutschland kommen, werden wir erleben. Erfrieren werden wir
schon nicht.
Dies ist mein letzter Bericht von
unterwegs. Wie es uns auf der Heimreise ergangen ist, erfahrt Ihr
dann im nächsten und auch letzten Bericht von dieser Reise.
Bleibt also weiterhin schön
neugierig...
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Moulay Bousselham |