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Mittwoch, 9. Mai 2018

Von Nova Scotia nach New Brunswick


(5.5.18) Wir hatten uns eben noch von den Bodensee-Overlandern verabschiedet und waren im Begriff, Ingonish zu verlassen, als vom Sturm umgebrochene Bäume uns fast den Weg versperrten. In diesem Moment wussten wir,dass es richtig war, den Campingplatz von Ingonish zu verlassen. Tapfer kämpfte unser Gecko gegen den Sturm an.

vom Sturm gefällte Bäume bei Ingonish

An einer etwas windgeschützten Bucht legten wir eine Pause ein. Dort bot uns die Natur ein Schauspiel, das wir so noch nicht erlebt hatten. Der Sturm blies inzwischen so heftig vom Land aufs Meer hinaus, dass wir uns kaum noch auf den Beinen halten konnten. Die Sturmböen rissen ganze Wolken von Wassertropfen von den Wellenkämmen, die dann wie weiße Nebelschwaden aufs Meer hinaus rasten. Das Verrückte daran war, dass strahlender Sonnenschein diesen Sturm begleitete. Manchmal, wenn die Sonnenstrahlen günstig trafen, leuchteten die Wassertropfen-Schwaden in matten Regenbogenfarben auf. Das dunkelblaue sturmgepeitschte Meer, die dahinrasenden weißen Wellenkämme, darüber weiße und farbige Wassernebel und über allem strahlend blauer Himmel, das war Natur pur in ihrer wahrlich gewaltigen Schönheit.






auf dem Cabot Trail

Volle Konzentration war auf der weiteren Fahrt nach Meat Cove gefordert, denn immer wieder rüttelten Sturmböen den Gecko durch, und ich hatte alle Hände voll zu tun, um ihn einigermaßen in der Spur zu halten. Auf und ab schlängelte sich die Straße entlang der Atlantikküste. Die letzten paar Kilometer fuhren wir dann auf Schotter, bis wir am frühen Abend Meat Cove an der nördlichen Spitze der Insel erreichten. Von einer hohen Klippe hatten wir eine wunderbare Aussicht auf das immer noch aufgewühlte Meer. Gern wären wir da oben über Nacht geblieben, doch der Sturm tobte immer noch.

Wir fanden dann einen Stellplatz tief unten in einer Art Schlucht, wo der Sturm nicht gar so heftig blies. Ein kleiner Fluss rauschte aus den Bergen herab neben uns ins Meer.

Stellplatz bei Meat Cove


Am nächsten Morgen (6.5.18) fuhren noch mal hinauf auf die Klippe, wo sich auch ein offizieller Zeltplatz befindet. Der Sturm hatte sich endlich verzogen, und die Sonne beschien diese herrliche Küstenlandschaft.




Wir machten uns auf den Weg gen Süden über Pleasant Bay und Cheticamp. Ab da hielten wir schon Ausschau nach einem Stellplatz für die Nacht. Da der Wind wieder heftig blies, brauchten wir Windschutz. An der Küste einen solchen Platz zu finden, gelang uns vorerst nicht. Wir versuchten es im Inland am Lake Ainslie. Dort trafen wir auf einen Campingplatz, auf dem sich riesige Caravans der kanadischen Dauercamper aneinander drängten. Also auch nix für uns.

Letztlich fuhren wir bis Port Hawkesbury, wo wir direkt am Conso Causeway standen, einem Meeresarm, der die Insel Cape Breton vom Festland trennt.

Es regnete die ganze Nacht hindurch. Nachdem es am Vortag relativ mild war, zeigte das Thermometer am Morgen (7.5.18) nur noch 5 Grad an. Bleigrauer Nebel hing über uns. Also war ein Fahrtag angesagt.

Normalerweise wären wir der Küstenlinie in Richting Westen gefolgt, doch bei dem Nebel gab es eh nix zu sehen. Deshalb nahmen wir den Highway 4 über Antigonishund New Glasgow bis Truro. Dort stockten wir unsere Vorräte auf. Als wir den Walmart-Einkaufstempel verließen, schien plötzlich und unerwartet die Sonne.

Weiter fuhren wir auf dem Highway 2 bis zu dem kleinen Nest Economy. Auf dem Weg dorthin machten wir zwei kurze Abstecher ans Ufer der Cobequid Bay, einem Zipfel der berühmten Bay of Fundy. Berühmt ist sie deswegen, weil hier der Tidenhub (Unterschied zwischen Ebbe und Flut) bis zu 16 m beträgt. Weltrekord! Als wir die Bucht sahen, bestand sie fast nur aus schokoladenbraunem Schlamm.



Bei Economy nutzten wir wieder mal einen bei iOerlander.com verzeichneten Stellplatz auf einem kahlen Hügel. Von da hatten wir einen wunderbaren Blick über die Bucht. Absolute Stille herrschte da. Die Sonne beschien die Szenerie. Nur selten unterbrach ein Vogel oder das Summen einer Fliege diese eindrucksvolle Stille, die es so in Deutschland wohl nirgends mehr gibt.

bei Economy, Blick zur Bay of Fundy

Am Abend jedoch war es vorbei mit der Ruhe. Mit einem Piepsen wie von einem kleinen am Boden sitzenden Vogel begann es. Dann piepte aus allen Richtungen in verschiedenen Tonlagen. Trotz aller Bemühungen fanden wir nicht heraus, wer die Urheber dieses doch recht lauten Konzerts waren, das fast die ganze Nacht anhielt. Vögel waren es sicher nicht. Die Tierchen leben sicher hauptsächlich unter der Erde, denn wir sahen einzelne kleine Löcher, doch eben leider nicht die Bewohner. Vielleicht klärt uns ja einer unserer Leser auf.

Sonnenschein weckte uns am nächsten Tag (8.5.18). Herrlich, beim Frühstück in der Sonne sitzen zu können. Wir machten uns auf den Weg über Amherst, wo wir kurz danach die Provinz Nova Scotia verließen und nach New Brunswick kamen. Von Moncton aus fuhren wir parallel zum Chocolate River, der seinen Namen wirklich zu Recht trägt. Sein Wasser sieht wirklich aus wie Trinkschokolade, gefärbt vom braunen Schlamm, der den Grund des Flusses bildet.

am Chocolate River

Wenige Kilometer nach dem Hopewell Cape besuchten wir den noch geschlossenen Hopewell Rocks Provincial Park. Er stellt die attraktivste Sehenswürdigkeit in New Brunswick dar. Bizarre Kalkfelsen ragen bei Ebbe aus dem braunen Schlamm. Steigt die Flut, kann man mit dem Kajak zwischen ihnen herumpaddeln. Die Felsen werden auch Flowerpots genannt, weil einige Blumentöpfen ähneln.

im Hopewell Rocks Provincial Park




braune Schlammfluten in der Bay of Fundy

Flowerpot Rock


Noch ein Stück weiter südlich kamen wir bei dem kleinen Fischerdorf Alma zum Fundy National Park. Der dortige Campingplatz war schon geöffnet. Wir standen noch nicht lange da, als zuerst die Kölner Ute und Hans mit ihrem Wohnmobil und später auch noch Ritschie und Hermann aus Bad Tölz (www.bayerman-on-tour.de) mit ihrem MAN eintrafen (sie hatten wir vor 1 ½ Jahren in Marrakesch kennengelernt). Was für ein Zufall! Nichts war abgesprochen oder vereinbart. Die Welt ist eben doch klein wie ein Dorf.


v.l.n.r.: wir zwei (Wolfgang und Jutta), Hermann, Ritschi, Ute und Hans

Den Abend verbrachten wir zu sechst in gemütlicher Runde. Wenn sechs Reisende zusammentreffen, gibt es natürlich eine ganze Menge zu erzählen.


Besuch am Nachmittag

Wohin es uns demnächst verschlagen wird, lest Ihr demnächst hier im Blog. Also schaut demnächst wieder mal rein. Oder Ihr abonniert den Blog, dann werdet Ihr automatisch per Mail über neue Beiträge im Blog informiert (https://gecko-reisen.blogspot.ca/p/blog-page.html).

Und wenn Ihr wissen wollt, wo wir uns gerade aufhalten, schaut einfach auf „Route 2018 Kanada/USA“ (https://gecko-reisen.blogspot.ca/p/route-u.html). Das ist zwar nicht tagesaktuell, doch ich versuche, die Karte so aktuell wie möglich zu halten.

Ebbe im Hafen von Alma (ein Bild bei Flut folgt noch)
Leider hatte ich mich mit der Zeit für die Flut verrechnet, so dass es nun nur ein Bild mit etwas mehr Wasser gibt. Sorry.

Sonntag, 6. Mai 2018

Großartige airbnb-Gastgeber und Zoff beim Zoll


Die Ankunft im Hafen von Halifax verzögerte sich dann doch noch bis in den frühen Morgen des Freitag, den 27.4.18. Damit stand auch definitiv fest, dass wir das Auto erst am Montag würden abholen können. Vom Käpt'n hatten wir uns schon am Vorabend herzlich verabschiedet.

Langsam näherte sich unser Schiff der Skyline von Halifax. Eben stieg die Sonne über den Horizont und ein eisiger Wind pfiff uns um die Ohren, als wir vom obersten Deck aus beobachteten, wie das winzige Bugsierboot beim „Einparken“ half. Absolute Präzisionsarbeit ist dabei angesagt.

ein Teil des Hafens von Halifax

Skyline von Halifax


"unser" Pier

klein, aber oho - ein Bugsierboot

kurz vorm Anlegen

Dann ging alles sehr schnell. Im Handumdrehen gingen alle Passagiere von Bord. Mit Shuttle-PKW wurden wir vor das Hafentor gebracht. Einer der Shuttle-Fahrer rief uns ein Taxi, mit dem wir dann zu unserem schon vor Wochen bei airbnb.com gebuchten Quartier brachte. Selbst der Sonnenschein vermochte nicht, das Haus auch nur ein bisschen gastlich aussehen zu lassen. Mit anderen Worten: es sah ziemlich verkommen aus.

Wie schon fast erwartet, öffnete nach dem Klingeln niemand. Mehrfach hatte ich versucht, der Vermieterin mitzuteilen, dass sich unsere Ankunft verschiebt. Das hatte offensichtlich nicht funktioniert. Auch telefonisch war die jetzt nicht erreichbar. Ich versuchte, per Internet ein anderes airbnb-Quartier in der Nähe zu finden, was auch nach kurzer Zeit gelang.

Ein Taxi war schnell gerufen, und wenige Minuten später begrüßte uns Paige, unsere neue Gastgeberin, sehr herzlich schon vor ihrem Reihenhaus. Von der ersten Minute an fühlten wir uns wohl. Sie brauchte noch etwas Zeit, um unser Zimmer zu richten. Deshalb fuhren wir mit dem Bus in die Stadt, um ein bisschen durch Halifax zu bummeln.

Die Sonne lachte vom Himmel, während wir an der Waterfront entlang spazierten. Wir spürten regelrecht, wie sich die Leute nach Sonne und Wärme sehnten, denn der Frühling hat hier gerade erst begonnen. Trotzdem liefen schon einige Spaziergänger in Shorts und T-Shirts herum. Einige Informationstafeln beeindruckten uns. Auf ihnen wird an die verheer3ende Explosion im Jahr 1917 erinnert, als ein voll mit Treibstoff beladenes Schiff mit einem anderne Schiff zusammenstieß. Die Detonation kostete viele Menschenleben und zerstörte einen Großteil der Stadt.
Bummel an der Waterfront in Halifax

Wieder zurück bei Paige begrüßte uns ihr Ehemann Paul mit einem verschmitzten Lächeln. Bis in den Abend unterhielten wir uns über Gott und die Welt. Wir hatten unser eigenes gemütliches Schlafzimmer und nutzten ansonsten alle Einrichtungen des Hauses wie Bad, Küche und Wohnzimmer gemeinsam mit Paige und Paul, als gehörten wir zu ihrer Familie

Für den späten Nachmittag des folgenden Tages fragten sie uns, ob wir Lust hätten, mit einem befreundeten Pärchen ein neu eröffnetes Restaurant zu besuchen. Zu sechs verbrachten wir dann den Abend in „The Brown Hound“, einem urgemütlichen kleinen Restaurant mit sehr gutem Essen. Nach wenigen Minuten fühlten wir uns, als kennten wir uns schon seit langer Zeit. Auch Jim und seine Frau waren sehr interessiert an uns. Er bekam eine Gänsehaut, als ich über unsere letzten Tage in der DDR und unseren Neuanfang in Hessen erzählte. Bei einem weiteren Bier wieder zu Hause bei Paige und Paul endete der gemütliche Abend.

mit Paige (2. v.r.) und Paul (3. v.r.) im "Braunen Hund"

Unsere beiden Gastgeber sind wirklich unglaublich! Den ganzen Sonntag widmeten sie uns ihre Zeit. Zuerst fuhren sie mit uns zu Freunden, bei denen sie ihr Wohnmobil geparkt haben. Die jungen Leute bewohnen ein traumhaft schönes Blockhaus auf einem großen Waldgrundstück. Da lässt sich's gut leben. Anschließend fuhren wir zu Peggy's Cove, einem winzigen ehemaligen Fischerdorf an der Atlantikküste. Ein rot-weiß gestrichener Leuchtturm überragt die felsige Küste. Schilder warnen vor den gefährlich hohen Wellen, die manchmal auftreten können und jedes Jahr ihre Opfer finden. Wenige hundert Meter entfernt besuchten wir eine Gedenkstätte für die Opfer eines Flugzeugabsturzes. Nicht weit von hier endete der Flug 111 der Swiss Air vor 25 Jahren für alle Insassen tödlich.

Peggy's Cove



Wieder zurück in Halifax zeigten sie uns noch das mondäne South End mit seinen großen Villen. Schließlich zeigten sie uns noch die Zitadelle, von der aus man einen guten Überblick über die Stadt hat. Am Abend bereitete Paige ein köstliches Dinner für uns Vier.

Am Montag Morgen fuhren sie mit uns zuerst zum Spediteur, wo wir innerhalb weniger Minuten die Papiere für die Abholung unseres Gecko in Händen hielten. Danach ging es zum Zoll, wo wir auf die anderen Passagiere trafen, die ebenfalls ihre Fahrzeuge abholen wollten. Zwei junge Frauen standen hinter den Schaltern. Wie schon so oft zeigte sich auch hier, dass beim Zoll beschäftigte Frauen meistens Zoff bedeuten (und das hat nichts mit Chauvinismus zu tun!).

Sie fragten, ob wir Lebensmittel dabei hätten. Ehrlich, wie wir nun mal sind, gaben wir an, ein paar Fleischkonserven im Auto zu haben. (Ich hatte auf einer kanadischen Website gelesen, dass Konserven erlaubt seien.) Andere Passagiere hatten Ravioli-Dosen dabei. Wir mussten genau beschreiben, wo im Auto die Konserven zu finden sind und denn Schlüssel abgeben. Nach einer Dreiviertelstunde kam ein Zollbeamter mit besagten Ravioli-Dosen sowie unseren fünf Fleischkonserven und zwei Gläsern Leberwurst zurück. Alles wurde fein säuberlich protokolliert, ich durfte unterschreiben, und das war's dann auch schon. Selbst der Zollbeamte schüttelte den Kopf. Er meinte, das wären eben völlig veraltete Regeln, aber sie müssten sich eben dran halten. Wir haben ihm guten Appetit gewünscht...

Bye bye Gulasch, Rouladen und Leberwurst...

Im Hafen wurde im strömenden Regen kurz und oberflächlich geschaut, ob am Auto irgendwelche Schäden eingetreten sind, was nicht der Fall war, und dann saßen wir endlich wieder in unserem Gecko. Kein Mensch interessierte sich dafür, ob das Auto sauber war, wie es lang und breit angekündigt worden war. Nun konnte unsere Reise durch Nordamerika richtig beginnen!

Bei Paige und Paul demontierte ich die Trennwand im Gecko, die wir auch gleich bei ihnen deponierten, um sie vor unserer Rückreise wieder bei ihnen abzuholen. Wir packten unsere Klamotten ins Auto und verabschiedeten uns von unseren großartigen Gastgebern.

Nur ca. 40 km fuhren wir an diesem Tag und fanden einen schönen Stellplatz östlich von Halifax direkt am Atlantik. Ein paar Bäume boten genügend Windschutz. Wir standen noch nicht lange da, als die Hamburger Marion und Bernd mit ihrem Land Cruiser neben uns parkten. Sie haben ein Jahr in Kanada, USA und Mexiko verbracht und fliegen in wenigen Tagen wieder nach Hause. Natürlich gab es so einiges zu erzählen.



Am nächsten Morgen schenkten sie uns ihr Bärenspray. Sehr nett! Später stellten wir zu unserem Erschrecken fest, dass wir versehentlich eine Jacke von Paul eingepackt hatten.Uns blieb also nichts anderes übrig, als noch einmal zurück nach Halifax zu fahren. Paige und Paul staunten nicht schlecht, als wir plötzlich wieder vor ihrer Tür standen.

Nach einem Großeinkauf bei Walmart starteten wir nun endlich wirklich in unser Kanada-Abenteuer. An einer Tankstelle, wo wir Wasser auffüllen wollten, trafen wir Isabelle und Dani, die auch mit dem Schiff gekommen waren. In ihrem Land Cruiser lief die Standheizung nicht. Wir konnten ihnen nicht wirklich helfen. Hoffentlich bekommen sie es geregelt. Da es schon später Nachmittag war, nutzten wir noch einmal den gleichen Stellplatz wie am Vorabend. Zu mehr als einem kurzen Spaziergang am steinigen Strand reichte es nicht, denn bald setzte wieder Regen mit eisigem Wind ein.

Am Mittwoch, den 2.5.18, schien endlich mal wieder die Sonne. Wir folgten dem Marine Drive immer entlang der Atlantikküste gen Osten. Dörfer mit weit auseinander stehenden Häusern sahen wir und viele einzeln stehende Gebäude. Fast alle Häuser wurden aus Holz gebaut und weiß oder grau gestrichen. Dabei fiel uns auf, dass relativ viele Häuser verlassen und dem Verfall preisgegeben sind. Wahrscheinlich zieht es auch hier die jungen Leute in die Städte.

Sumpfige Wälder wechselten sich immer wieder mit malerischen Seen ab.Schließlich erreichten wir Sand Point an der Chedabducto Bay, wo wir zwei bei iOverlander.com ausgewiesene Stellplätze ansteuerten, die uns aber beide nicht gefielen. Wir suchten weiter und fanden in der Nähe eines Stausees ein hübsches Fleckchen. Wir standen an einem kleinen Fluss, in dem das Wasser aus dem Stausee abfloss. Ich dachte, hier gibt es sicher keine Lachse und demzufolge auch keine Bären. Und wir nahmen an, dass sich keine Menschenseele bis hierher in den Wald verirren würde. Dreimal falsch gedacht.

Es dauerte keine halbe Stunde, als ein Quad vorbeigerattert kam. Als der Fahrer seinen Helm absetzte und uns begrüßte, grinste uns ein verschmitztes Gesicht voller Falten an. Zuerst verstand ich kein Wort von dem, was der alte Mann aus seinem fast zahnlosen Mund herauskaute. Nach ein paar Versuchen klappte die Verständigung dann doch besser. Er wollte Lachse angeln, aber es war zu windig. Bären gäbe es natürlich auch hier und Koyoten. Diese hörten wir dann später am Abend, gesehen haben wir aber kein einziges Tier, weder Koyote, noch Bär, noch Lachs. Aber wir waren gewarnt und bewegten uns ab sofort etwas vorsichtiger.

Am nächsten Morgen (3.5.18) gelangten wir über einen Damm hinüber zur Cape Breton Island. Später genossen wir herrliche Aussichten auf den sonnenbeschienenen riesigen See Bras d'Or Lake, an dessen Ostufer wir nach Norden fuhren. In Sydney (nein, wir sind nicht in Australien!) bogen wir in westlicher Richtung ab. Die Suche nach einem Stellplatz gestaltete sich recht schwierig. Ähnlich wie in Norwegen ist entlang der Küsten alles bebaut bzw. befindet sich in Privatbesitz. Erschwerend kam hinzu,dass der Boden überall nioch sehr nass ist, da der Schnee, der dieses Jahr sehr reichlich gewesen sein soll, gerade erst weggetaut ist. An manchen Stellen zeugen jetzt noch Schneereste vom strengen Winter.

Endlich fanden wir dann bei Wreck Cove einen sehr schönen Platz direkt am Meer. Windgeschützt hinter ein paar Bäumen hatten wir freien Blick auf den Atlantik. Hier blieben wir einen weiteren Tag stehen. Am Nachmittag kam Geri, den wir ja schon von der Überfahrt her kannten. Er hat mit seinem MAN den Cabot Trail, der ja noch vor uns liegt, im Uhrzeigersinn bewältigt (www.bluedove.ch). Wir werden den Trail in entgegengesetzter Richtung fahren.




Am 5.5.18 fuhren wir nur 25 km weiter bis Ingonish, wo wir auf dem noch geschlossenen Campingplatz die Bodensee-Overlander (www.bodensee-overlander.com) trafen. Dort wollten wir auch über Nacht stehen bleiben, doch bald setzte ein heftiger Sturm ein, der den Gecko nur so durchschüttelte. Die Bäume bogen sich extrem. Bald mussten wir einsehen, dass wir hier nicht bleiben konnten. Es wurde einfach zu gefährlich. Im vergangenen November hatte hier schon einmal ein Sturm eine Menge Bäume umgerissen und die Schäden waren noch nicht vollständig beseitigt. Zusammen mit den Overlandern wollten wir den Sturm in der nächsten Pizzeria „aussitzen“, doch die hatte geschlossen, weil im gesamten Norden der Insel der Strom ausgefallen war. Claudia und Bernd entschieden sich, weiter gen Süden zu fahren. Wir machten uns auf in entgegengesetzter Richtung bis nach Meat Cove an der Nordspitze der Insel.

Wie wir den Sturm überstanden haben, lest Ihr demnächst im nächsten Bericht. Bleibt also schön neugierig...

Samstag, 28. April 2018

Mit dem Frachtschiff über den Atlantik: Antwerpen – Liverpool – Halifax


Am Nachmittag des 15. April 2018 war es endlich so weit: Wir standen am Kai 1333 vor der riesigen ATLANTIC SEA. Über die gewaltige Laderampe betraten wir das Schiff. Nach einer kurzen Passkontrolle brachte uns der Sicherheitsoffizier zu unserer Kabine. Um auf die Höhe unseres Decks zu kommen, nutzten wir zwei verschiedene Fahrstühle, die uns jeweils fünf Etagen nach oben brachten. Unsere Kabine befand sich also in der 10. Etage in ungefähr 35 m Höhe über dem Wasser. Überrascht waren wir von der Größe der Kabine. Sie misst ca. 7 x 3 m, hat ein großes Fenster, das man aber nicht öffnen kann, ein geräumiges Bad mit Dusche und Toilette, zwei hintereinander stehende Betten, zwei Schränke, zwei Stühle und einen Schreibtisch. Klimaanlage und Frischluftzufuhr sorgen für das Wohlbefinden.

unsere geräumige Kabine

Nachdem wir unser Gepäck abgestellt hatten, begrüßte uns Piotr Kaminski, der polnische Kapitän. Wie alle hier an Bord trug er T-Shirt, eine Schlabberhose und Croqs an den Füßen. Ein Crew-Mitglied zeigte uns dann, wo wir die Messe (Speiseraum), die Brücke, den Konferenzraum, den Sportraum, die Sauna und die Wäscherei finden. Die langen Gänge und diverse Treppen wirkten anfangs schon etwas verwirrend, was sich aber schnell änderte.

Durch schwere Stahltüren gelangt man auf eins der Decks. Hier dürfen wir uns frei bewegen. Eiserne Treppen führen auf das oberste Deck. Wenn man da an der Reling steht und hinabschaut, kann einem schon erst mal etwas schwindlig werden. Immerhin befindet man sich dann in ca. 40 m Höhe, also wie auf dem Dach eines zehn- oder elfstöckigen Hauses.

schwere Stahltüren 

Die Mahlzeiten werden zu festen Zeiten eingenommen. Frühstück gibt es 8 Uhr, Mittagessen 12 Uhr und Abendessen 17:30 Uhr. Wir bekamen einen eigenen Tisch zugewiesen. Alle Mahlzeiten werden uns von den beiden mess man serviert. Beide stammen, wie auch fast die gesamte Crew, von den Philippinen. Insgesamt besteht die Besatzung aus Leuten fünf verschiedener Nationen: Polen, Russland, Ukraine, Bulgarien und Philippinen.

ein langer Gang führt zur Messe

Offiziere, Crew und Passagiere essen gemeinsam in der Messe
angekettete Stühle

Die erste Nacht an Bord artete fast zur Quälerei aus, da die Matratzen bretthart sind. Außerdem sind wir es gewohnt, immer bei geöffnetem Fenster zu schlafen, was hier an Bord aber eben nicht möglich ist.

Am Montag gegen 9 Uhr setzte sich das 296 m lange Schiff bei strahlendem Sonnenschein langsam in Bewegung. Zwei Bugsierschiffe brachten es in die richtige Position. Wir passierten die weltgrößte Schleuse und erreichten dann die Schelde, vorbei an den gewaltigen Hafenanlagen Antwerpens, dem nach Rotterdam zweitgrößten Hafen Europas. Für die Fahrt durch den Ärmelkanal hatte ich eigentlich mit ordentlich Seegang gerechnet, doch die Fahrt verlief erstaunlich ruhig. Das änderte sich allerdings schlagartig, als wir den Kurs von Südwest auf Nord änderten. Nun bekamen wir die doch schon beachtlichen Wellen breitseits und das Schif schaukelte beachtlich. Im Konferenzraum ist ein Gradmesser an der Wand angebracht, wo man die Neigung des Schiffes ablesen kann. 8,5 Grad war das Maximum. Das klingt zwar nicht viel, aber wenn man es nicht gewöhnt ist... Jutta ging es nicht ganz so gut bei der Schaukelei, aber dank der Reisetabletten, die sie eingenommen hatte, überstand sie diese Phase doch ganz gut.

die ATLANTIC SEA (Foto von Claus Schaefe)

unser Schiff wird beladen

im Hafen von Antwerpen

Unmengen von Autos warten auf ihre Verladung

Einfahrt in die weltgrößte Schleuse in einem Hafen


immer noch in Antwerpen

In der Nacht vom 18. zum 19.4. liefen wir in den Hafen von Liverpool ein. Dort machten wir zusammen mit den anderen Passagieren einen Abstecher in die City. Ein Taxi brachte uns bis fast vor die Tür des Cavern Club, den wir natürlich sofort enterten. Mehrere Treppen führten tief hinunter ins Kellergeschoss. Laute Live-Musik empfing im schwach beleuchteten Kellerraum. Das Publikum bestand aus überwiegend älteren Herrschaften, die offensichtlich in Erinnerungen an ihre Jugendjahre schwelgten. Die Füße wippten im Takt zu hauptsächlich Beatles-Songs, die der junge Mann auf der Bühne live sang. Hier begann also vor knapp 50 Jahren die steile Karriere der Beatles. Die damals noch völlig unbekannte Gruppe spielte 292 mal in der Zeit von Februar 1961 bis März 1963 in diesen Räumen. Heute kann man hier täglich bei Live-Musik sein Guinness-Bier trinken und Souvenirs kaufen.

es schaukelte schon ein bisschen...

im Ärmelkanal

Regenbogen in der Gischt der Bugwelle

heftiger Wind weht

Off-Shore-Windkraftanlage vor Liverpool

Bohrinsel

im Hafen von Liverpool


Cavern Club in Liverpool








Währenddessen liefen im Hafen die Ent- und Beladungsarbeiten an unserem Schiff auf Hochtouren. Die riesigen Kräne transportierten ohne Unterbrechung die Container hin und her. Autos verließen den Bauch des Schiffes, andere fuhren hinein. Das dauerte bis weit nach Mitternacht, bis dann von uns unbemerkt das Schiff den Hafen wieder verließ.

An den folgenden drei Tagen zeigten und erklärten uns der Kapitän und sein 1. Offizier das ganze Schiff. Es war unglaublich interessant, so ein riesiges Schiff besichtigen zu können. Es ist immerhin das weltgrößte ConRo-Schiff. Wirklich beeindruckend wirkten die gewaltigen Laderäume, wo man meinen könnte, in einer riesigen Werkhalle zu stehen. Sehr viel Fracht hat das Schiff z. Zt. nicht an Bord, dafür aber schwere und sehr wertvolle Ladung.

Blick zum Heck



dichter Nebel

auf der Brücke

Kapitän Piotr Kaminski

unser kleiner Gecko im Bauch des riesigen Schiffes

langer Gang zum Heck

riesige Frachträume


In schwindelerregender Höhe liegt auf einer 45-Grad-Rampe das 45 Personen fassende und angeblich unsinkbare Rettungsboot. Aus gut 20 Meter Höhe wird es ins Wasser fallen gelassen, wenn alle Mann an Bord sind. Bei einem Probealarm wurde das Anlegen der Rettungswesten geübt. Wer wollte, konnte auch den roten Neopren-Rettungsanzug anprobieren, der das Überleben im eiskalten Wasser des Nordatlantik für für bis zu einer Stunde sichern soll. Wir hoffen, dass wir all diese Dinge nicht wirklich brauchen werden.

Sammelplatz für den Notfall

das Rettungsboot...

...liegt auf einer Rampe
der Käpt'n in seinem Lebensrettungsanzug

das Anlegen der Rettungswesten wird geübt


Am beeindruckendsten fand ich jedoch den gewaltigen Motor des Schiffes. Der 8-Zylinder-Reihenmotor ist geschätzt 10 Meter lang und vielleicht 5-6 Meter hoch. Ein gewaltiges Getöse herrscht in dem riesigen Raum, in dem dieses Ungetüm unermüdlich seine Arbeit verrichtet. Hier ein paar technische Daten:
  • Leistung: 22000 kW
  • Verbrauch bei normaler Fahrt: 80 Tonnen Schweröl / Tag
  • Tankkapazität: 1600 Tonnen Schweröl
  • Motoröl-Verbrauch: 400 Liter / Tag
  • Kolbendurchmesser: 68 cm
  • Drehzahl bei normaler Fahrt: 90 Umdrehungen / Minute
Mit der gleichen Drehzahl dreht sich auch der Propeller am Heck des Schiffes. Die Verbindung zwischen Motor und Propeller stellt eine stählerne Welle mit ca. 70 cm Durchmesser her. Vier riesige Generatoren können den benötigten Strom produzieren. Das Schiff besitzt eine Meerwasser-Entsalzungsanlage mit einer Kapazität von 50 Tonnen Frischwasser / Tag. Es gibt eine komplette Schlosserwerkstatt mit einer Drehbank an Bord, um anfallende Reparaturen durchführen zu können. Und was uns auch noch auffiel: Es herrscht auf dem gesamten Schiff peinliche Sauberkeit! Kein Ölfleck, kein Putzlappen, nichts! Wir spürten, dass sowohl der Kapitän als auch sein 1. Offizier stolz auf ihr Schiff sind. Zu recht, wie ich meine.

der 1. Offizier erklärt die Steuerzentrale des Motors

Windgeschwindigkeit 88,6 km/h!

der gewaltige 8-Zylinder-Motor


die kleine Jutta am Zylinder 8

die Antriebswelle

Eines Morgens wurden wir schon sehr früh wach, weil das Schiff wieder heftig schwankte und in den 4 – 5 m hohen Wogen hin und her rollte. Weiße Schaumkronen riss der mit über 90 km/h über den Ozean brausende Sturm von den Wellenkämmen. Gut, dass die Schaukelei am späten Nachmittag wieder nachließ. Von da an lag das Meer sehr ruhig vor uns. Manchmal schien die Sonne, trotzdem mussten wir uns dick einpacken, wenn wir hinaus aufs Deck gingen. Der Wind brauste hier ständig sehr heftig und blies uns eiskalte Luft um die Ohren. Einmal trauten wir unseren Augen kaum, als wir in mehreren hundert Metern Entfernung Wasserfontänen aufsteigen sahen. Wale! Leider waren wir zu weit entfernt, dass wir die Tiere selbst hätten sehen können.

bei diesen Wellen schwankt das Schiff schon ganz schön




Sonnenaufgang vor unserem Fenster

Die Tage vergingen fast wie im Fluge. Die Crew war ständig freundlich, das Essen gut und sehr reichlich (mittags und abends warm mit Vorsuppe und Obst als Nachtisch), aber trotz des asiatischen Kochs fast ohne jede Gewürze zubereitet. Alkohol haben wir zugeteilt bekommen. Pro Person und Tag gab es zwei kleine Dosen bzw. Fläschchen, wobei man die Wahl hatte zwischen Bier (Oettinger Export, igittigit!), Rotwein oder Weißwein. Wasser, Kaffee und Tee konnte man trinken, so viel man wollte.

Heute ist nun der letzte Tag an Bord. Bei dickem Nebel und Regen steuern wir auf den Hafen von Halifax zu, den wir voraussichtlich gegen 20 Uhr erreichen werden. Das Schiff müssen wir auf jeden Fall nach Ankunft im Hafen verlassen, da es schon am frühen Morgen weiter nach New York fährt. Wenn wir Glück haben, können wir noch in der Nacht oder am Morgen unser Auto in Empfang nehmen. Es kann aber auch passieren, dass wir es erst am Montag, den 30.4. bekommen. Hoffen wir, dass beim Zoll und vor allem bei der Sauberkeitskontrolle alles reibungslos verläuft.

Wie es uns im Hafen und in Halifax ergangen ist, erfahrt Ihr dann im nächsten Bericht. Bis dahin bleibt schön neugierig!