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Mittwoch, 20. Mai 2015

Birken, riesige Felder, Sumpf, Birken, riesige Felder, Sumpf, Birken, riesige Felder, Sumpf...

Birkenwälder ohne Ende
Die Überschrift beschreibt das, was wir schon seit Tagen sehen. Meistens wölbt sich darüber blauer Himmel mit vielen weißen Wolken. Ein wunderschöner Anblick, aber auf Dauer wird auch das irgendwie langweilig. Da ist dann so ein ganz übler Straßenabschnitt zwar eine unangenehme, aber immerhin überhaupt eine Abwechslung. Tiefe Querrinnen, zusammengeschobener und gequetschter Asphalt von manchmal 30 bis 40 cm Höhe oder nur grober Schotter, das ist eben auch eine Europastraße. Zum Glück werden diese Stellen seltener und wir rollen auf glatter Asphaltpiste mit konstant 90 km/h dahin. Dieses Tempo hat sich für uns als die günstigste Geschwindigkeit herausgestellt. Schneller darf man auf Russlands Landstraßen sowieso nicht fahren (glaube ich jedenfalls). Auf Autobahnen dürften wir 110 km/h fahren, doch dann entwickelt der Gecko einen gewaltigen Durst. So begnügt er sich im Schnitt mit 13 - 14 Litern Diesel pro 100 km.

Apropos Diesel. Es ist immer wieder eine Freude, an eine der zahlreichen Tankstellen zu fahren. Bisher haben wir zwischen 31 und 35 Rubel pro Liter bezahlt. Das entspricht ungefähr 63 Cent.  :-)  Das Tanken ist allerdings immer wieder mal ein geheimnisvoller Vorgang. Einmal lief es so ab, wie in Deutschland üblich. Also Fahrzeug betanken, zur Kasse schreiten und bar oder per EC- bzw. Kreditkarte bezahlen. Wir nutzten hier bisher immer die DKB-Kreditkarte völlig problemlos. An den meisten Tankstellen hier ist es aber so, dass man zuerst an die Kasse geht, sagt, was und wie viele Liter man kaufen möchte bezahlt und wieder zum Auto geht. Dann ist genau diese Menge freigeschaltet und der Tankvorgang wird genau bei der bezahlten Menge beendet. Man muss also möglichst genau wissen, wieviel man braucht. Vorgestern gehe ich also wieder zu einer Tankstellenkasse, nenne die Nummer der Zapfsäule und wünsche 80 Liter. Die junge Dame schüttelt den Kopf und schnattert wie wild los, wohl der Meinung, ich würde alles verstehen, bloß weil ich die zwei Zahlen auf russisch genannt hatte. Schließlich kam sie mit verzweifelter Miene mit mir nach draußen, steckte die Zapfpistole in die Tanköffnung des Gecko und nahm mich wieder mit nach drinnen. Dann folgte der normale Zahlvorgang per Karte. Was mir dabei immer wieder auffällt, ist die scheinbare Unfreundlichkeit der Russen. Nicht nur an der Tankstelle, sondern im Supermarkt an der Kasse ebenso wie im kleinen Tante-Emma-Laden. Dass die Sprache poltrig klingt, wissen wir ja, aber diese mürrischen Gesichter wundern uns immer wieder. Erst, wenn man mit ihnen ein wenig ins Gespräch kommt (soweit das mit meinen rudimentären Sprachkenntnissen möglich ist), tauen sie etwas auf. Selbst wenn man jemanden grüßt, kommt kaum mal ein Lächeln zurück. Vielleicht finden wir noch heraus, woran das liegt.

Nach der kurzen Nacht in Ishim legten wir eine Kurzetappe von nur 186 km ein und fuhren bis Tyukalinsk. Dort stellten wir uns gleich freiwillig auf einen Trucker-Parkplatz, der diesmal sogar asphaltiert war (die absolute Ausnahme!), denn in den Sumpfgebieten findet man keinen Parkplatz in der Natur. Wir stellten uns in die äußerste Ecke, um die großen Brummer nicht zu behindern. Etwa 20 m vor uns stand ein PKW-Kombi mit geöffneter Hecktür. Ein LKW-Fahrer schlenderte hinüber, verhandelte kurz und kehrte mit einem Päckchen so groß wie zwei Zigarettenschachteln zurück. Dieser Vorgang wiederholte sich innerhalb kurzer Zeit mehrmals, natürlich immer mit neuen Kunden. Der "Verkäufer" beäugte uns argwöhnisch. Wir saßen in unseren bequemen Campingstühlen und sonnten uns, als ein PKW demonstrativ auf uns zurollte und neben dem Gecke stehenblieb. Während der Fahrer in ein Funkgerät sprach (große Antenne auf der Heckklappe) und dabei finster dreinschaute, musterte er uns und den Gecko sehr kritisch, rollte aber dann ohne einen Ton davon. Vorsichtshalber hatte ich schon mal die Dashcam demontiert, die normalerweise hinter der Frontscheibe befestigt ist,.Danach fuhren noch zwei weitere Wagen mit Funkantennen direkt an uns vorbei. Danach wurden wir absolut nicht mehr beachtet. Der Handel florierte, wobei inzwischen ein anderer Händler das Geschäft übernommen hatte. Uns war schon etwas mulmig. Was lief hier ab? Wurde hier im großen Stil gedealt? Zumal die Trucks sofort nach ihrem Einkauf wider davon rollten. Uns musste es egal sein. Mit Einbruch der Dunkelheit füllte sich der Parkplatz innerhalb kurzer Zeit bis auf den letzten Platz mit Trucks, so dass wir uns doch einigermaßen sicher fühlten. Entweder war alles wirklich völlig harmlos, oder wir wurden als unwichtig oder ungefährlich eingestuft, denn niemand behelligte uns.


Seitenstraße in Tyukalinsk
Seitenstraße in Tyukalinsk
Es gibt auch hübsche Häuschen hier




Auch der folgende Tag wurde zum reinen Fahrtag. Wir durchfuhren die Großstadt Omsk auf katastrophalen Straßen. Auch hier werden wie in jeder russischen Großstadt riesige Wohnblocks gebaut. 540 km schafften wir durch immer die gleiche Landschaft. In Barabinsk erwischten wir einen ganz üblen Parkplatz. Von der Stelle, die wir uns ausgesucht hatten, wurden wir verwiesen, da dort nur die "Großen" parken dürfen. Wir durften uns dann direkt neben eine Baracke stellen, in der irgendwelche Maschinen in unregelmäßigen Abständen laut vor sich hinbrummten. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit fielen Myriaden von Mücken über uns her. Da half nur die Flucht ins Auto. Glücklicherweise hatten wir schon am Vorabend das Moskitonetz in der Hecktür befestigt. Die Raststätte, zu der der Parkplatz gehörte, schien zusätzlich ein Puff zu sein. Erst gegen 1 Uhr in der Nacht kehrte ein bisschen Ruhe ein.


  • riesige Felder benötigen auch riesige Landmaschinen


Heute, also am 20. Mai 2015, rollte es wieder hervorragend bei wunderschönem Wetter. Novosibirsk, die mit 1,7 Millionen Einwohnern größte Stadt Sibiriens und drittgrößte Stadt Russlands, umfuhren wir weiträumig. Endlich, endlich änderte sich die Landschaft etwas. Es tauchten auch mal ein paar Nadelbäume auf, die Straßen wurden wieder kurviger und es ging sogar mal leicht bergauf. Von Moskau bis hierher bewegten wir uns immer in Höhen zwischen 50 m und maximal 170 m. Damit wächst auch die Hoffnung auf schönere Stellplätze.

Wir steuerten das kleine Städtchen Moshkova an, in dem vor zwei Jahren Bekannte von uns einen Stellplatz fanden. Jutta nutzte die Gelegenheit zu einem Friseurbesuch. Waschen und Föhnen waren angesagt, Schneiden kam hinzu. Sie wollte ihr langes blondes Haar nur wenig gekürzt haben. Als sie zurück kam, erkannte ich sie kaum wieder. Die Haare sind nun mindestens 10 cm kürzer. Ein etwas gewöhnungsbedürftiger Anblick... Na ja, hat auch bloß 470 Rubel (rund 8,50 Euro) gekostet.

Nach diesem Schock fuhren wir noch ein paar Kilometer weiter, weil es uns in dieser Stadt nicht gefiel. Wir fanden ein wunderbares Fleckchen. Wieder mal eine Wiese am Waldrand, leider mit einem riesigen Nachteil. Innerhalb von fünf Minuten war ich von den riesigen Mücken total zerstochen. Jutta blieb natürlich verschont... Was soll man dazu noch sagen...

Nun sitze ich schon seit zwei Stunden hier im Auto hinterm Moskitonetz und schreibe. Und was passierte jetzt eben? Obwohl wir hier so völlig versteckt stehen, kommt eben ein junger Mann vorbeigelaufen. Er fragte irgendwas. Ich erklärte ihm, dass ich nix verstehe, und er zog lächelnd (!) wieder ab. Das ist wirklich verrückt. Bisher war es an jedem Stellplatz so, auch wenn er noch so versteckt war, dass innerhalb kurzer Zeit jemand auftauchte. Und das, obwohl das Land so riesig groß ist..

Zum Schluss für heute noch eine Zahl: 7120 km haben wir auf unserer bisherigen Reise zurückgelegt.




"Gute Reise" wird sehr oft gewünscht
ich hasse diese Plagegeister !!!



Montag, 18. Mai 2015

Nächtliche Flucht

Nun noch mal eine etwas ausführlichere Schilderung unseres letzten Moskau-Tages, der beim letzten Post etwas knapp weggekommen war. Es gibt dabei evtl. einige Wiederholungen. Das liegt daran, dass ich den alten Text beim Schreiben dieses neuen Posts nicht zur Verfügung hatte und nicht mehr genau wusste, was ich schon geschrieben hatte...  ;-)

Ein Taxi fuhr uns direkt bis zum Roten Platz, der allerdings immer noch gesperrt war. Wir bummelten noch einmal durch das Stadtzentrum, liefen wieder durch das riesige Kaufhaus GUM, in dem wohl wirklich fast alle Nobel-Modelabels der Welt vertreten sind (Preise sind größtenteils gar nicht erst angeschrieben und staunten eigentlich über alles, was es zu sehen gab, nicht zuletzt über die Moskauer Schönen, die mit unglaublich hohen Highheels durch die Stadt flanierten. In einer Fußgängerzone trafen wir sogar Lenin und Stalin, beide unglaublich gut zurecht gemacht, Lein mit Spitzbärtchen und der Iskra unterm Arm, Stalin mit großem, grauem Schnurrbart und der unvermeidlichen Tabakspfeife. Bereitwillig ließen sie sich mit uns fotografieren. Es kam, wie es kommen musste und wie ich es schon geahnt hatte: Stalin hielt die Hand auf. Sehr energisch verlangte er 1000 Rubel! Für sich! Und für seinen Genossen Lenin nochmals die gleiche Summe! Das waren mal locker rund 34 Euro für ein paar Fotos. Eine einträgliche Geschäftsidee! Wenige Minuten später beobachteten wir, wie die beiden Spätkommunisten auch russische Touristen auf die gleiche Art und Weise um den gleichen Betrag abzockten. Touristen-Pech oder -Blödheit...

Schon ziemlich pflastermüde ließen wir uns von einem Taxi zum Kiewer Bahnhof kutschieren. Von da fahren die Schiffe auf der Moskwa ab. Gut 1 ½ Stunden lang genossen wir das herrliche Wetter und die wunderbaren Aussichten vom Schiff aus. Die Moskauer (oder Moskowiter?) ließen es sich an den Ufern des Stromes gut gehen. Sie sonnten sich auf großen Liegen, picknickten, spazierten, joggten, radelten. Die Jüngeren waren mit Skateboards, Wakeboards, Rollern und Rollerblades unterwegs.

Auch vom Schiff aus bietet Moskau wunderschöne Ansichten. Moskau City, ein Geschäftsviertel mit vielen spektakulären Wolkenkratzern in atemberaubender Architektur, sieht auch von hier großartig aus. Die gewaltige rote Kremlmauer wird überragt von vielen goldenen Kuppeln und Zwiebeltürmen der Kirchen und Klöster. Und schließlich die riesigen Gebäude der Lomonossow-Universität im sogenannten Zuckerbäcker-Stil (in dem auch die damalige Stalinallee in Ostberlin errichtet wurde), an der 2012 über 38000 Studenten immatrikuliert waren.

Unser Fazit: Moskau ist wirklich großartig! Man müsste sich eigentlich mehr Zeit dafür nehmen. Und das sagen wir, die eigentlich gar nicht so sehr die „Städtegucker“ sind... 

(Alle Fotos zu Moskau findet Ihr im Post "Moskau - was für eine Stadt".)

Einen Tag später fuhren wir rund 220 km weiter ostwärts bis zu der fast 1000-jährigen Stadt Susdal. Ein wunderschöner Campingplatz am Rande der Stadt, der auch verwöhnten westlichen Ansprüchen standhält, gefiel uns sofort. Am Abend ließen wir uns den selbst gegrillten Schaschlik schmecken. Natürlich wurde ordentlich mit Wodka nachgespült.



Auf dem Campingplatz in Susdal


Schaschlik auf dem Feuer


Am nächsten Tag radelten wir mit gemieteten Fahrrädern in die kleine Stadt, die nur 11000 Einwohner zählt. So viele Kirchen und Klöster haben wir noch nie auf einem Fleck gesehen. Manche leider noch in erbarmungswürdigem Zustand (viele Kirchen wurden in der Sowjetzeit zu Lagerhallen, Klubhäusern oder Theatern umfunktioniert, andere verfielen einfach), doch einige wurden inzwischen aufwändig restauriert. Auch wenn wir keiner Religion angehören, üben diese Bauwerke einen großen Reiz auf uns aus. Wie international hier das Publikum ist, beweist ein junger Australier, der sich von uns mit seiner holländischen Frau vor dem Susdaler Kreml fotografieren ließ.

Auf dem Campingplatz konnten wir unsere Wäsche per Waschmaschine für 150 Rubel waschen, in Moskau kostete es das Dreifache!

in Susdal

typische russische Holzhäuschen


Der Susdaler Kreml

die Maria-Geburts-Kathedrale 


Nikolaus-Holzkirche


Einen Tag später ging es weiter auf der M7 in Richtung Kasan. In Wladimir stockten wir unsere Vorräte auf, und zwar in einem Globus-Markt in Dimensionen, wie wir sie noch nicht kannten. Hier gab es praktisch alles zu kaufen. Ein vielleicht 30 Meter langes Regal voller unterschiedlichster Wodkasorten in allen Preislagen. Gegenüber das Whiskyregal mit Flaschen, die wir noch nie gesehen hatten. Lebensmittel aus aller Herren Länder. Obst, Gemüse, Milchprodukte, eine 20 Meter lange Fischtheke, gefolgt vom ebenso langen Fleischstand, danach die Käseabteilung. Uns gingen die Augen über! Vielleicht 50 oder mehr verschiedene Biersorten, darunter deutsche, die ich in Alsfeld in noch keinem Getränkemarkt gesehen habe. Aber es gab auch Haushaltswaren, Kinderspielzeug, Computerzubehör und und und… Es war einfach der Hammer! Und ehe ich es vergesse: Wenige Kilometer vor Wladimir steht ein riesiges Ferrero-Werk. Vielleicht deswegen wird hier überall das volle Ferrero-Sortiment angeboten.

riesiger Globus-Markt in Wladimir

Genug Einkaufsstress. Nach gut hundert Kilometern stoppte uns eine Polizeikontrolle. Hm, was will der uniformierte Mann von uns? Ich verstand kein einziges Wort, obwohl ich doch einige Jahre lang die russische Sprache gelernt hatte (ist aber verdammt lange her), außer „Passport“. Ein zweiter freundlicher Herr gesellte sich dazu, auf dessen lila Weste „Immigration Control“ stand. Aha, alles klar.Er prüfte unsere Pässe und Visa. Zum Glück hatten wir in Susdal die berühmt-berüchtigte Registrazia machen lassen (ein Stempel auf einem bei der Einreise ausgestellten Papier, das bei der Ausreise unbedingt vorgewiesen werden muss!). So war er zufrieden und wünschte uns stschastliwowo puti (gute Reise).

Am späten Nachmittag fanden wir einen Stellplatz sozusagen auf der grünen Wiese. Ein herrlicher Sonnenuntergang über einer riesigen Weite beendete unseren Tag.

Am Folgetag trennten sich Michas und unsere Wege. Er fuhr weiter nach Süden in Richtung Samara, wir in Richtung Osten. Wir hatten eine schöne Zeit und viel Spaß mit ihm. Er hat noch einen weiten Weg vor sich, denn er will noch bis nach Wladiwostok! Einige Kilometer hinter Kasan legten wir unseren Schlaf-Stopp ein.

Ab jetzt liegen viele reine Fahrtage vor uns. Unser Fernziel ist der Baikalsee, der noch über 4000 km von uns entfernt ist.

Kurz vor Izhewsk, wo das berühmte AK47 hergestellt wird (um wieviel wäre die Welt schöner, wenn es dieses Gewehr nicht gäbe?) verließen wir die M7 (sie war ab hier sowieso gesperrt) in Richtung Chaykovskiy. Zum wiederholten Male stellten wir fest, dass es gar nicht so einfach ist, einen geeigneten Stellplatz für die Nacht zu finden. Waldwege gibt es kaum. Und wenn, dann führen sie direkt ins nächste Dorf. Wir pennten also fernab der Straße auf einer großen Wiese am Waldrand. Das Schönste daran: Die ganze Nacht trällerte ein Vogel wunderschöne Melodien. Ob es eine Nachtigall war? Keine Ahnung, wie die singen.

Einen Tag später gelangten wir quer durch die Pampa auf recht guten Straßen südlich von Perm auf die E22, der wir nun einige Tage folgen werden. Nach drei Wochen fast ununterbrochenem Sonnenschein gab es nun einen Regentag. Auch das muss mal sein.


die letzten Schneereste im Ural"gebirge"
Wir überqueren nun den den Ural, den man hier gar nicht richtig wahr nimmt. Es ist einfach eine schöne Mittelgebirgslandschaft, ähnlich wie zu Hause. Die größte Höhe, die wir erreichten, waren 437 m. Irgendwo hier auf dem Weg nach Yekaterinburg müssen wir auch die nicht genau definierte Grenze zwischen Europa und Asien überquert haben. Leider gab es keinerlei Hinweis darauf, so dass wir eben irgendwann einfach in Asien angekommen waren, ohne es bemerkt zu haben.

In Yekaterinburg verfuhren wir uns erstmals, da die Beschilderung hier einfach nur katastrophal bzw. nicht vorhanden ist. Auf dem gesamten Weg durch den Ural wunderten wir uns, dass wir diesen überhaupt nicht als Gebirge wahrnahmen. Er stellte sich uns als bezaubernde Mittelgebirgslandschaft dar. Der höchste Punkt, den wir erreichten, lag bei 439 Metern. Was uns besonders auffiel, waren die vielen unglaublich ärmlichen Häuschen in den weit auseinander liegenden Dörfern. Manche sind offensichtlich dem Verfall preisgegeben. Andere, die fast genau so verfallen und reparaturbedürftig erscheinen, sind aber bewohnt. Die Farbe der meisten Holzhäuser ist dunkelgraubraun, die Farbe des verwitternden Holzes. Nur wenige erfreuen sich eines farbigen Anstrichs. In den meisten Dörfern scheint es noch keine Wasserleitung bis in die Häuser zu geben. Stattdessen sieht man manchmal am Straßenrand verrostete Rohre aus der Erde ragen, an denen ein Hebel befestigt ist. Drückt man diesen nach unten, sprudelt Wasser aus dem Rohr. Für uns sehr günstig, da wir ja immer wieder mal unseren Wasservorrat auffüllen müssen. Doch die Dorfbewohner holen sich ihr Wasser auch an diesen Zapfstellen. Da kommt offensichtlich kein Wasser aus dem Wasserhahn, erst recht kein warmes... Manchmal erschreckt uns diese allgegenwärtige Armut. Aber ist das wirklich Armut? Oftmals steht vor einer halb verfallenen Hütte ein Lada, ein Golf, ein Mercedes (zugegeben, meistens älteren Baujahrs). Wir können das alles noch nicht richtig einordnen und bewerten.


hier mal ein wirklich prachtvolles Holzhaus, was aber eine Ausnahme ist
Was uns aber an diesem wunderschönen Land so richtig stört, ist der allgegenwärtige Müll. Jeder Parkplatz an den Magistralen ist total vermüllt. Die Raststätten, die ohnehin meistens schon nicht sehr einladend aussehen, strotzen nur so vor Dreck und Müll. In den Dörfern und Städten sieht es kaum anders aus. Das haben wir so noch nie gesehen. Der Vergleich sei hier erlaubt: In Afrika haben wir auch viel Müll gesehen. Doch dort liegt der Müll eines Dorfes auf EINEM Haufen und nicht vor jeder Hütte! Uns ist völlig klar, dass der Müll und Abfall der heutigen Zeit ein riesiges Problem ist, vor allem in Gegenden, wo bisher kaum Müll angefallen ist, weil man kaum Verpackungen kannte. Und wenn, dann waren diese biologisch abbaubar. Vor Tagen kauften wir Milch, natürlich auch in Russland im Tetrapack. Früher wurde die Milch im Krug geholt, also ohne Verpackung. Wohin sollen die Leute ihren Müll bringen, wenn es keine Müllabfuhr gibt (was wir hier annehmen)??? Jetzt stehen wir in einem wunderschönen Birkenwald in der Nähe eines Dorfes. Wirklich fast hinter jedem Baum liegt ein Müllhaufen, Plastikflaschen und -beutel, Matratzen, Pappkartons, abgefahrene Reifen... Es ist zum Ko... Aber wir wollen die Leute hier nicht verurteilen. Was würden wir mit unserem Müll machen, wenn er nicht regelmäßig abgeholt würde?

So oder ähnlich sehen hier fast alle Rast- und Parkplätze aus
Liebe Leute, lasst Euch von meinen Abschweifungen bitte nicht abschrecken, weiter unseren Blog zu verfolgen. Ich musste einfach mal Dampf ablassen...

Bleibt bitte weiter schön neugierig.

Den Text habe ich am 16.5.2015 auf unserem Standplatz mitten im Wald weit abseits der E22 geschrieben. Da dort das Telefonnetz ausnahmsweise mal ganz schwach bis nicht vorhanden war, konnte ich nichts hochladen. Gestern war ebenfalls keine Gelegenheit. Heute, also am 18. Mai, nehmen wir uns einfach die Zeit, um alles zu aktualisieren.

Erst mal noch ein paar Bilder:


bunt bemalte Erdölpumpen sahen wir oft in der Umgebung von Tjumen

auch in Tjumen wird in großem Stil gebaut

riesige Baustellen ohne Ende

Regen und unendlich große Felder
Fortsetzung zum 16. Mai:

Ich war gegen Mitternacht gerade fertig mit Schreiben des Blog-Textes, als wir ungebetenen Besuch bekamen. Zwei Autos mit einigen alkoholisierten Leuten fuhren ein Stück zu uns in den Wald, dann wieder zurück auf die Straße, grölten und johlten. Was tun in einer solchen Situation? Wir bereiteten klammheimlich unseren Rückzug vor, alles möglichst leise und in Stockdunklen. Schnell das Dach runterklappen, Jutta blieb hinten im Auto sitzen, da der Beifahrersitz nachts durch unsere großen Stühle besetzt ist. Plötzlich verzogen sich die Randalierer ohne persönlichen Kontakt zu uns. Wir nutzten die Gelegenheit und verdufteten bei strömendem Regen. Wir vermuteten, dass sie nur Verstärkung holen wollten. Vielleicht war auch alles ganz harmlos, aber so waren wir auf der sicheren Seite. Defensiv-Programm sozusagen. Wieder an der E22, brachen erst mal alles einigermaßen in Ordnung und fuhren 20 km weiter bis Bogdanowitsch. Dort verbrachten wir den Rest der Nacht auf dem extrem lauten Parkplatz einer kleinen Raststätte. Na ja, wenigstens vier Stunden geschlafen, dann fuhren wir weiter, der Sonne entgegen...

... Dachten wir, doch es regnete den ganzen Tag ununterbrochen. Was soll man an einem solchen Tag machen außer fahren, fahren, fahren... Die Erfahrungen der letzten Tage hatten gezeigt, dass wir frühzeitig mit der Suche nach einem geeigneten Stellplatz anfangen müssen, um vor Einbruch der Dunkelheit einen zu finden. Doch es gestaltete sich mehr als schwierig. Stundenlang fuhren wir durch eine Landschaft, flach wie ein Tisch, mit Feldern, die bis zum Horizont reichen. Unglaublich, diese Felder müssen mehrere Quadratkilometer groß sein. Wenn es dann doch mal ein Birkenwäldchen gibt, in dem man sich für vorbeifahrende Fahrzeuge unsichtbar machen könnte, ist dieses mit Sicherheit völlig versumpft. Nun, wir sind eben in Sibirien. Besonders nervend sind die üblen Straßenabschnitte, wo man wirklich Slalom zwischen den 20 Zentimeter tiefen Schlaglöchern fahren muss. Der Gecko mit seinem harten Fahrwerk ächzte und stöhnte unter dieser Tortur. Die russischen Trucker scheint das kaum zu stören... Uns blieb nichts weiter übrig, als in Ishim auf einem LW-Parkplatz zu übernachten. Links und rechts Ruinen einer ehemaligen Schule, riesige Trucks (sozusagen die großen Brüder unseres kleinen Geckos) rundum, Schlamm bis zu den Knöcheln. Ihr könnt Euch vorstellen, wie wir nach kurzer Zeit aussahen... Und dann sollten wir auch noch 100 Rubel bezahlen. Dafür gab es unzählige Mücken gratis, denen es in unserem Auto besonders zu gefallen schien.

Etwas später kam der Betreiber dieses Parkplatzes und interessierte sich sehr für den Gecko. Mit meinen nur noch rudimentär vorhandenen Russischkenntnissen war eine Unterhaltung schwierig, aber wenn man sich verstehen will, dann klappt das schon. Schließlich lud er uns zu sich in seinen Neubau ein. Ein kleines Gebäude, in dem die Trucker unter sehr einfachen Bedingungen sich frisch machen und auch etwas essen können. Vor einem Jahr fing Wladimir hier an, etwas aus dem Boden zu stampfen. Er lud uns zum Tee ein. Wir hatten ihm zuvor schon einen Wodka angeboten, doch er lehnte dankend ab. Ein Russe, der keinen Alkohol trinkt! Auch das gibt´s. Im strömenden Regen begleitete er uns zurück zu unserem Auto, wünschte uns "спокойной ночи" (gute Nacht) und versprach, extra auf uns aufzupassen. Das war ein netter Abschluss eines eher langweiligen Tages.

Wir schliefen nach der vorhergehenden sehr kurzen Nacht ruhig wie die Murmeltiere, bis uns gegen 6 Uhr die neben uns startenden Trucks weckten. Unser erster Blick gilt immer dem Himmel. Strahlendes Blau lachte uns entgegen. Nachdem wir schon wieder Dutzende Kilometer übelster Straßen, aber natürlich auch gute Abschnitte hinter uns haben. stehen wir jetzt am Straßenrand und ich tippe diesen Text, um ihn jetzt gleich hochzuladen. Danach geht es weiter in Richtung Omsk, immer in der Hoffnung auf einen eingermaßen vernünftigen Stellplatz. Also drückt uns die Daumen...


wenn diese Schilder auftauchen, wird die Straße ganz übel...

unendliche Weite





Sturm bei herrlichstem Sonnenschein 


auch gute Straßenabschnitte gibt es, ja sie überwiegen eindeutig

Sonntag, 10. Mai 2015

Moskau - was für eine Stadt

Gestern beschlossen wir spontan, noch einen Tag länger hier in Moskau zu bleiben. Und es hat sich gelohnt. Bei Traumwetter bewunderten wir die Sehenswürdigkeiten dieser faszinierenden Stadt. Mein Eindruck: hier ist einfach alles viel größer. Riesige Wohnhäuser, aus alten Sowjetzeiten und moderne Neubauten säumen Straßen mit vier, sechs, ja sogar acht Spuren in EINER Richtung! Dazwischen glänzen die vergoldeten Zwiebeltürme unzähliger Kirchen.

Schade, dass der Rote Platz auch heute noch nicht begehbar war, da wegen der gestrigen Parade, die angeblich die größte Militärparade aller Zeiten in Russland war, aufgeräumt wurde. Heute sahen wir zumindest eine kleine Ecke des Lenin-Mausoleums, das während der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestages des großen Sieges komplett versteckt worden war (warum auch immer).

Nachdem uns die Lenin- und Stalin-Doubles um sage und schreibe 2000 Rubel (fast 35 Euro!) für ein paar Fotos abgezockt hatten (Touri-Pech oder Blödheit), fuhren wir mit dem Taxi zum Kiewer Bahnhof. Von dort bewunderten wir per Schiff auf der Moskwa die Schönheiten dieser Mega-Stadt. Dass unsere Bundesmutti Angie auch heute hier in der Stadt weilte, erfuhren wir erst aus den Nachrichten. Bemerkt haben wir davon absolut nichts.

Für uns war es ein anstengender, aber auch ein wunderschöner Tag, den wir natürlich mit dem einen oder anderen Gläschen Wodka beendeten.

Bitte entschuldigt, dass ich bei den Bildern nicht überall dazu schreiben kann, welches Bauwerk gerade zu sehen ist. Ich weiß es nämlich oftmals nicht.

Morgen rollen wir weiter nach Susdal. Bis bald...   :-)

Kriegsveteranen aus Kirgisien lassen sich bewundern und fotografieren


Abzocker im großen Stil



Alte Wohnblocks aus Sowjetzeiten









Falls jemand eine Wohnung direkt an der Moskwa mit Blick zum Kreml sucht...