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Freitag, 21. August 2015

Ein Traum wird wahr - Samarkand

18. August 2015

Die Nacht verlief unerwartet ruhig. Sie war allerdings auch sehr kurz, denn schon gegen 6 Uhr lud ein Kipper eine ganze Ladung Erde direkt neben unserem Auto ab. Das war sozusagen unser Wecksignal. Nun, wir wollten sowieso zeitig aufstehen, um wenigstens etwas der Hitze zu entgehen.

Wir fuhren hinunter in die Stadt, probierten wieder mal einige Geldautomaten aus, wobei wieder kein einziger funktionierte, tauschten letztlich wieder Bargeld um und setzten dieses sofort in Diesel um. Danach hatten wir insgesamt 250 Liter Diesel gebunkert. In Usbekistan wird es sehr schwer werden, Diesel zu bekommen. Irgendwo müssen wir aber noch mal nachtanken, denn wir werden es mit unserem Dieselvorrat nicht bis Kasachstan schaffen.

Nachdem ich den Blog aktualisiert hatte, nahmen wir endlich die letzten 50 Kilometer auf tadschikischem Boden unter die Räder. Ziemlich genau 12 Uhr erreichten wir die Grenze zu Usbekistan. Wir waren sehr gespannt, was uns nun erwartete. Wir hatten bisher viel Negatives gehört und hofften, dass uns solches erspart bleibt. Doch wir sollten uns getäuscht haben.

Zunächst passierte erst mal gar nichts. Zwei usbekische Frauen, die ebenfalls über die Grenze wollten, erklärten uns, dass jetzt Mittagspause sei und wir eben warten müssten. Sie brachten uns gleich eine Holzbank an, damit wir uns im Schatten setzen konnten. Sehen wir denn wirklich schon so gebrechlich aus? Ich denke nicht, sie wollten einfach nur nett zu uns sein.

Lange warten mussten wir nicht mehr. Im Handumdrehen bekamen wir unsere Ausreisestempel. Auch der Zollbeamte wollte nur mal kurz ins Auto schauen, dann wurden wir freundlich verabschiedet. Auf Wiedersehen Tadschikistan! Uns hat es ausgesprochen gut gefallen!

Nur wenige hundert Meter weiter versperrte uns der usbekische Schlagbaum mit einem jungen Soldaten dahinter die Weiterfahrt. Mit der Kalaschnikow vor der Brust „unterhielt“ er sich ein Weilchen mit uns, prüfte gewissenhaft die Pässe und Visa, und wir durften passieren.

Nun zum berühmt-berüchtigten Zoll. Zunächst durften wir die Zollerklärungen ausfüllen, die allerdings nur in kyrillischer Schrift vorlagen. Immerhin hing ein englisches Muster aus, das uns als Vorlage diente. Der Schweiß lief in Strömen. Es müssen mehr als 40 Grad in dem Raum gewesen sein. Es dauerte eine ganze Weile, bis wir die heilige Halle des Zolls, übrigens gut klimatisiert, betreten durften. Doch zu früh gefreut. Wir mussten sofort wieder umkehren und jeweils ein zweites Exemplar der Zollerklärungen ausfüllen. Hätte man das nicht vorher bekanntgeben können?

Also noch mal schwitzen und dann wieder zurück in die kühle Halle. Eine Zollbeamtin wünschte, dass wir sämtliches Gepäck in die Halle tragen sollten. Ich erklärte ihr, dass das unmöglich sei, da wir ja nicht mit Koffern oder Rucksäcken unterwegs seien. Das sah sie sogar ein und meinte, ich müsste dann aber damit einverstanden sein, dass das Auto kontrolliert würde. Okay, erste Hürde genommen. Doch die nächste folgte sogleich.

Alle wertvollen technischen Geräte sollten auf der Zollerklärung angegeben, was wir auch treu und brav getan hatten. Die Folge: ich durfte zum Auto traben und sämtliche Geräte zum Zoll hineinschaffen. Die Zöllnerin beschäftigte sich mit Jutta und beiden Kameras, was relativ schnell erledigt war. Klar, die eine Speicherkarte war leer, und die zweite enthielt auch nur wenige Fotos. Das wunderte zwar die Beamtin, veranlasste sie aber nicht zu weiteren Fragen. Ein Glück, dass ich die beiden Festplatten, auf denen ich die Fotos regelmäßig speichere, nicht angeben hatte. Damit war Jutta „entlassen“ und musste die Halle verlassen.

Das Drama nahm seinen Lauf. Jutta musste in einem großen Raum mit großen Fenstern auf mich warten. Die Sonne heizte diesen Raum auf wie ein Gewächshaus. Einen Stuhl oder andere Sitzgelegenheit gab es nicht, auch keine Toilette. Eben einfach nichts außer großer Hitze.

Ich hingegen durfte erneut abtreten und meine Zollerklärung noch mal neu ausfüllen, weil ich lt. aushängendem Muster an zwei Stellen „NO“ eingetragen hatte. Dort sollte aber das Kennzeichen des Autos und das Fabrikat eingetragen werden. Einfach „NO“ durchstreichen und die geforderten Angaben hinschreiben war unzulässig. Also wieder schwitzen und schreiben.

Als ich zurück kam, hatte sich „mein“ Zöllner mein Tablet geschnappt und spielte erst mal mit der Landkarte der Navi-App herum. Wie ein kleiner Junge freute er sich, dass er den Kartenausschnitt vergrößern oder verkleinern oder vielleicht sogar nach seinem Wohnort suchen konnte. Als das langweilig wurde, nahm er sich zuerst die Galerie vor. Sämtliche Bilder schaute er sich an, wollte wissen, wo dies und jenes war und wer auf den Fotos zu sehen ist. Weiter ging es mit sämtlichen Apps, die irgendwie Videos anzeigen können. Ein Beispielvideo, das von Anfang auf dem Tablet gespeichert war, hatte es ihm besonders angetan. Es lief sicher vier- oder fünfmal ab.

Mit dem Garmin-Navi konnte er hingegen überhaupt nichts anfangen und legte es sofort beiseite. Nun war mein Handy an der Reihe. Auch hier begann das gleiche Spiel. Sämtliche Fotos sah er sich an, und das sind z. Zt. Über 1200. Doch damit nicht genug. Auch alles, was von Whatsapp gespeichert war, schaute er sich intensiv an. Dann war die Videoabteilung an der Reihe. Und ich stehe die ganze Zeit dabei wie ein Depp. Aber was soll ich machen. Der Kerl sitzt eindeutig am längeren Hebel. Mehr als eine halbe Stunde war schon vergangen.

Ihr ahnt es sicher schon, was nun kommt. Genau, der Laptop war an der Reihe. Jetzt hatte ich mal meinen kleinen Spaß, denn das Ding braucht ewig, bis das System hochgefahren ist. Der Zöllner wurde schon unruhig, als sich ein zweiter dazu gesellte. Jetzt fing der auch noch mit dem Tablet an. Ich dachte, ich spinne. Was suchen die denn nur??? Dann diskutierten beide über das Tablet und mein Handy. Plötzlich rief ein Dritter, ich müsste zum Auto kommen. Was denn nun, zerteilen kann ich mich nicht. Bei der einsetzenden Verwirrung vergaßen die Beiden offensichtlich den Laptop völlig.

Ich packte den ganzen Technikkram ins Auto, in dem ich kaum noch etwas anfassen konnte, denn es stand ja die ganze Zeit in der glühenden Sonne. Immerhin durfte ich jetzt unter das Schattendach vorfahren. Jutta rief mich und wollte mir die Reiseführer geben, die auch intensiv überprüft worden waren. Sofort setzte großes Geschrei ein. Sie durfte sie mir nicht geben.

Nun war das Auto an der Reihe. Erst war es nur ein Zöllner, am Ende dann drei. Diesen und jenen Schrank musste ich öffnen. Dann wollte er Medikamente sehen. Ich zeigte ihm den Verbandskasten. Der war offensichtlich sehr interessant. Da aber alles verschweißt war, gab er sich zufrieden. Nun Stuhl auspacken. Probesitzen musste natürlich sein. Er war begeistert von dem bequemen Stuhl. Inzwischen „kümmerte“ ein Zweiter sich um meinen Fotorucksack und wühlte darin herum. Er nahm das große Teleobjektiv heraus und sah hindurch und fragte, ob es ein Fernrohr wäre.Oh mein Gott...Der Dritte wühlte nun im Handschuhfach herum, fand aber nichts Interessantes. Nun begann auch noch eine Fragestunde. Ich sollte deutsche Städte aufzählen. Erst dachte ich, der interessiert sich für Deutschland. Ich nannte ihm drei, vier Städte. Er wollte mehr und dann noch mehr. Was ist das nur für ein Kaspertheater hier, dachte ich. Schließlich war die Dachbox an der Reihe. Leider war der Bursche zu klein, um hineinschauen zu können. Er wollte eine Leiter haben, doch mit diesem Luxus kann ich leider nicht dienen. Und zwei Leute auf dem Autodach sind unzulässig, machte ich ihm klar, was er auch einsah.

Nun durfte ich das Chaos beseitigen und alles wieder einräumen. Ein neuer Mann betrat die Szene. In gutem Englisch erklärte er mir, dass ich mit allen Papieren zu ihm kommen solle, wenn ich fertig wäre mit Einräumen. Das tat ich dann, aber nur um einem Ringkampf zweier weiterer Soldaten zusehen zu dürfen, den sie in ihrer Bude austrugen. Der Chef meinte dann, es wäre nur Spaß, nichts Ernstes. Von mir aus können sie sich prügeln, so oft und so lange sie wollen, wenn es nur endlich weiterginge. Doch es tat sich einfach nichts. Ich fragte, was denn nun noch das Problem wäre. Fünf Minuten sollte ich noch warten. Klar, nach der Rauferei mussten die Kerle erst mal ganz in Ruhe eine Zigarette rauchen.

Endlich erklärte man mir, dass die Videokamera, mit der die Autokennzeichen gefilmt werden, defekt sei. Ich müsste also mit einem Beamten schon mal schnell rüber nach Usbekistan fahren, dann dort umdrehen und von da die Grenzanlagen passieren, denn dort funktioniert die Kamera. Als auch das erledigt war, ging die Warterei immer noch weiter. Warum, verdammt noch mal, kann das nicht einfach mal zügig gehen???

Irgendwann bekam ich dann endlich alle meine Papiere. Der Chef verabschiedete sich höflich und entschuldigte sich für die defekte Kamera. Jutta durfte endlich zum Auto kommen. Und dann hieß es doch tatsächlich: „ Nu dawei, dawei!“ Ich konnte mir eine Bemerkung auf englisch nicht verkneifen, dass sie uns vier Stunden haben warten lassen, und nun kann es nicht schnell genug gehen.

Jutta war halb verdurstet, mir ging es nicht viel besser. Man kann sagen, vier Stunden, die wir ganz schnell abhaken und vergessen wollen. Wir fragen uns nur, warum so ein Theater veranstaltet wird. Sehen wir wie Terroristen oder Schmuggler aus???

Wir fuhren bis zum Ort Denav und wollten dort auf einem Hotelparkplatz übernachten. Wir brauchen ja eine Registrierung, und die stellen nur Hotels aus. Die Rezeptionistin wollte uns keine Registrierung geben, wenn wir nur auf dem Parkplatz stünden. Ein Zimmer war uns dort aber zu teuer. Bei zwei weiteren Hotels gab es erst gar keinen Parkplatz. 15 Kilometer weiter fanden wir noch ein Hotel, die konnten aber keine Registrierung ausstellen. Und nun?

Weiterfahren, irgendeine Lösung findet sich immer. Die Landschaft hatte sich inzwischen völlig verändert. Wir fuhren erst durch eine Art Dünenlandschaft. Auf den Dünen standen vereinzelt Häuser, zwischen den Dünen wurde Getreide und Baumwolle angebaut. Allmählich verschwanden sowohl die Häuser als auch jegliches Grün. Es war nur noch Wüste. In der Dämmerung folgten wir einer Fahrspur weg von der Straße hinter eine hohe Düne, und schon hatten wir einen guten Stellplatz. Könnt ihr nachfühlen, wie herrlich das kühle Bier mit Blick auf die ersten aufleuchtenden Sterne und bei einsetzendem kühlendem Wind geschmeckt hat?

doch noch einen ruhigen Platz gefunden

19. August 2015

Noch vor Sonnenaufgang standen wir auf. Ein Schäfer trieb seine Schafherde nahe an uns vorbei. Wir fragen uns immer wieder, wie die Tiere überleben können. Außer völlig vertrocknetem Gras, das aber nur wenige Millimeter lang ist, und stachligen, verdorrten Kräutern ist hier nichts, was sie fressen können. Die Tiere sahen aber gesund und wohl ernährt aus. Das Gebiet hier sieht aus wie in der Mongolei: völlig überweidet.

Wir erreichen die M39, auf der wir bis Samarkand fahren wollen. Doch schon wieder heißt es STOPP! Eine Kontrollstelle der Polizei. Unsere Daten werden säuberlich handschriftlich in ein Buch eingetragen, dann dürfen wir weiterfahren. Bei vielen der Einheimischen wird das ganze Gepäck kontrolliert. Keine Ahnung, was hier läuft. Schließlich liegt die Grenze schon weit hinter uns. Es war nicht die letzte Kontrolle. Auf den 300 km bis Samarkand wurden wir noch vier oder fünf Mal gestoppt oder kontrolliert. Haben die hier den Kontrollzwang wie zu Sowjetzeiten? Mit dieser Vermutung liegen wir gar nicht so daneben, wie uns später bestätigt wird.

Auf inzwischen fast durchgehend guter Straße rollen wir dahin. Die Wüste liegt hinter uns. Uns fällt auf, dass die Menschen hier offensichtlich Blumen lieben. Oft zieren ganze Blumenbeete die kleinen Gärten, selbst am Straßenrand blühen manchmal Rosen oder andere Blumen. Es sieht alles irgendwie europäischer aus. Und sie lieben Ausländer. Oder wie soll man es deuten, wenn uns ständig zugewunken wird. Und noch etwas sticht uns in Auge. Hier gibt es unheimlich viele hübsche Frauen. Vielleicht liegt es daran, dass sie alle Kleider tragen, lang, bis zum Boden reichend, in allen Farben. Die meisten Frauen sind schlank, zumindest die jüngeren. Manche tragen ihre mitunter extrem langen, bis über den Po reichenden schwarzen Haare offen oder zum Pferdeschwanz gebunden, andere verbergen sie unter dem traditionellen Kopftuch.

Wir klettern mit unserem Gecko wieder mal über einen Pass, diesmal aber nur in 1700 m Höhe, und genießen die hier etwas kühlere Luft. Und wir merken, dass hier öfter Touristen herkommen, denn die Kinder kennen das Wort „Hallo“ und sie betteln ziemlich aggressiv um Bonbons und Kulis.

bizarre Berglandschaft


Jutta beim Einkaufen

auf der Passhöhe

In Samarkand hatten wir wieder mal einen Stellplatztipp, der sich aber, wie so oft, für uns als unbrauchbar herausstellte. Ganz in der Nähe aber fanden wir ein kleines B&B-Hotel, in dem wir uns einmieteten. Wir brauchen bei dieser extremen Hitze dringend mal wieder eine Dusche! Gegen 14 Uhr kamen wir hier an. Das Thermometer zeigte 44,5 Grad im Schatten! Im Hotel bekamen wir erst mal Tee und Wassermelone geschenkt. So empfängt man hier Gäste! Über das Zimmer breiten wir mal den Mantel des Schweigens. Wir sind zufrieden, dass wir duschen können. Außerdem gibt es einen großen Schwenkventilator, der uns die Hitze erträglicher machen wird.

Am späten Nachmittag bummelten wir durch die historische Altstadt. Das Pflaster strahlte immer noch Hitze ab. Halb acht abends zeigte das Thermometer immer noch 33 Grad.

Einer dieser historischen Gebäudekomplexe, der praktisch vor unserer Haustür liegt, ist komplett abgesperrt. Hier wird für ein internationales Musikfestival geprobt, das am 26. August stattfinden wird. Unmengen von Polizisten sichern das Gelände ab. Die historischen Gebäude werden in herrlichen, wechselnden Farben beleuchtet. Fotografieren verboten, macht mir ein Polizist höflich und bestimmt klar. Aufregen nützt nichts. Ein Stück abseits machte ich dann doch noch meine Fotos.

Eine Frage blieb offen: Wie werden wir die Nach bei dieser Hitze überstehen?








20. August 2015

Der Ventilator war schon sehr hilfreich. Er pustete die ganze Nacht die Luft über uns hinweg. Gegen Morgen kam dann das Gefühl auf, dass es doch etwas abkühlte. Trotzdem war das Kopfkissen patschnass geschwitzt.

Ein unerwartet reichliches Frühstück ließ uns gut in den Tag starten. Heute nun sollte ein Kindheitstraum von mir wahr werden. Als kleiner Junge las ich unheimlich viel und gerne, unter anderem auch über Samarkand und Buchara. Für mich war das der Inbegriff von Exotik und damals schier unerreichbar. Jetzt, mehr als 50 Jahre danach, bin ich tatsächlich hier. Ein Traum wird wahr...

Schade nur, dass, wie schon in Moskau der Rote Platz, hier wieder mal eine Sperrung uns aufhielt. Kurz nach 11 Uhr durfte man dann jedoch die alten Gebäude besichtigen. Eine Schilderung und Beschreibung der Gebäude und deren Architektur erspare ich euch und mir. Schaut euch einfach die Bilder an. Für mich war heute ein ganz besonderer Tag...

Die extreme Hitze trieb uns dann doch am frühen Nachmittag wieder ins Hotel. Eine Nacht bleiben wir noch hier. Morgen soll dann mit Buchara der zweite Teil meines Kindheitstraumes in Erfüllung gehen.

Bis bald, liebe Mitreisende, bleibt schön neugierig...


der Gegenwert von 200 $: 800000 Sum = 800 Scheine






Restaurierungsarbeiten












die Blumen werden vor der sengenden Sonne geschützt

Montag, 17. August 2015

Von Khorog über Kulyab nach Dushanbe (Südroute)

13. August 2015

Das Frühstück im Serena Inn war heute noch besser als gestern. Na ja, 10 US-$ pro Person sind auch nicht gerade wenig. Aber endlich mal etwas anderes als Müsli oder Weißbrot mit Marmelade, das haben wir uns eben mal gegönnt.

Dieses gute Frühstück haben wir auch gebraucht, denn es wurde ein verdammt harter Tag.

das Serena Inn in Khorog

Die Straße folgte weiterhin dem Lauf des Flusses, der nach wie vor seine graubraunen Fluten donnernd talwärts wälzte. Wobei Straße nicht mehr die richtige Bezeichnung ist. Auch Feldweg wäre noch geschmeichelt. Die Straße wurde irgendwann zu Sowjetzeiten gebaut, später vielleicht mal geflickt und nun offensichtlich völlig aufgegeben. Vom ehemals vorhandenen Asphalt sind nur noch Bruchstücke erhalten geblieben. Tiefe Löcher, Rinnen, Auswaschungen, spitze Steine, runde Steine, sandige Passagen, alles wird aufgeboten, um das Fahren zur Qual zu machen. Dabei muss man aber noch bedenken, dass diese Piste oftmals nur so breit ist, dass gerade mal ein LKW darauf passt. Auf der einen Seite ragt die zerklüftete Felswand steil auf, auf der anderen Seite tobt der Fluss vielleicht 100 oder 200 Meter fast senkrecht unter dir. Du darfst dir einfach keine Unaufmerksamkeit leisten, denn dies wäre auf jeden Fall das Ende deiner Reise...!!!

In sieben Stunden legten wir heute gerade mal 170 km zurück, im Schnitt also nicht mal 25 km pro Stunde. Diese „Fahrerei“ strengt unheimlich an. Ständig versuchst du, eine Linie zu finden, auf der das Auto am wenigsten leidet, doch meistens gibt es diese Linie einfach nicht. Dann musst du eben durch die tiefen Löcher durchfahren. Der Gecko ächzt und stöhnt in allen Fugen, aber er hält tapfer durch. Bei jedem Stoß, der ihm durch das nächste Schlagloch oder einen großen Stein versetzt wird, leiden wir Insassen schon körperlich mit. Und das im wahrsten Sinn des Wortes, denn unsere Rücken und Nacken schmerzen inzwischen schon heftig.


hier ist die "Straße" ordentlich breit und kein Abgrund gähnt daneben

Beizeiten hielten wir schon Ausschau nach einer Übernachtungsmöglichkeit, wohl wissend, dass das in diesem engen Tal schwierig werden würde. Mit geübtem Auge entdeckten wir dann glücklicherweise doch noch einen geeigneten Platz. Eine ehemals asphaltierte Fläche nur 100 m neben der Strße direkt am Fuße der Berge diente uns als Stellplatz. Irgendwann hat hier irgendjemand (vermutlich die Russen, als Tadschikistan noch zur Sowjetunion gehörte) mal Fußball gespielt, denn zwei alte, wackelige Tore standen noch. Weit unterhalb der Straße rauschte der Fluss.

Auf der gegenüberliegenden Seite ragten die Berge steil in die Höhe. Unglaublich, in welcher Höhe und bei welcher Schräglage die afghanischen Bergbauern dort oben ihre Felder angelegt haben. Ich wüsste gern, was sie da oben anbauen.


ein Bergrutsch verschüttete ein halbes Dorf


so ähnlich sah es früher auf unseren Getreidefeldern auch aus

Durch die hohen Berge geht die Sonne relativ zeitig unter. Danach sehen wir, in welcher Höhe auf den Bergen Lichter leuchten. Da stehen Hütten und Häuser, die wir am Tage gar nicht bemerkt haben.

Anfängliche Bedenken, weil wir uns ja unmittelbar an der afghanischen Grenze befanden, schoben wir schnell wieder beiseite. Und wir bewunderten wieder den fantastischen Sternhimmel, den die helle Milchstraße in zwei Hälften teilte.





links Afghanistan, rechts Tadschikistan

die Berge gehören schon zu Afghanistan; weit oben sieht man Felder
afghanisches Bergdorf

afghanische Bauern trennen die Spreu vom Weizen (ob es wirklich Weizen war, weiß ich natürlich nicht)


14. August 2015

Erfrischt und gestärkt brachen wir nach einer sehr ruhigen und störungsfreien Nacht auf. Wir fragten uns zum wiederholten Male, was an dieser Grenze so gefährlich sein soll. Auf der afghanischen Seite sahen wir bisher nur ganz wenige Leute, meistens Bauern, die ihrer Arbeit nachgingen. Lediglich zwei Panzer auf tadschikischer Seite, deren Geschützrohre nach Afghanistan zeigten, machten uns etwas nachdenklich.

Was wir nicht für möglich gehalten hätten, trat heute ein: die „Straße“ wurde noch schlechter.Für die ersten 51 km bis Khaleikum benötigten wir knapp drei Stunden, was einem Schnitt von ca. 18 km/h entsprach.


Den negativen Höhepunkt dieses Abschnitts stellte allerdings einer der häufigen Kontrollposten dar. Ich stand an einem Tisch im Freien vor unserem Auto. Ein Offizier nahm unsere Pässe in Augenschein. Währenddessen ging ein Soldat mit vor der Brust hängender Maschinenpistole nach hinten und ließ Jutta die Hecktüren öffnen. Ich wunderte mich, dass Jutta ständig so komisch kicherte. Als ich mit den Pässen zurückging, sah ich gerade noch, wie der Grenzer Jutta begrapschte, aber sofort damit aufhörte, als er mich bemerkte. Ich dachte, ich wäre im falschen Film. Jutta meinte später, sie musste gute Miene zum bösen Spiel machen.Schließlich entdeckte der Grapscher eine halbe Flasche Wodka in unserem Auto. Die wollte er haben. Auf einen Wink seines Vorgesetzten hin änderte er seine Meinung und wollte nur noch eine Flasche Wasser haben. Wir haben schon so viele Reisen unternommen und schon viel erlebt, doch so etwas ist uns noch nicht passiert. Aber es hätte ja auch noch viel schlimmer ausgehen können.

In Khaleikum, einem hübschen, kleinen Städtchen, mussten wir uns entscheiden, ob wir weiter dem Pamir Highway M41 bis Dushanbe folgen oder lieber die 100 km längere Südroute über Kulyab fahren würden. Nachdem ich nochmal im Internet nach Infos gesucht hatte und dort regelréchte Horrorbilder von der Nordroute zu finden waren, stand unsere Entscheidung fest. Wir haben schon in genügend Abgründe geschaut und den Gecko genügend gequält. So dass wir uns für die Südroute entschieden. Und das war goldrichtig. Schon kurz nach Khaleikum eine superglatte, perfekt ausgebaute Asphaltstraße, wie wir sie hier in Zentralasien noch nicht gesehen haben. Was für ein Genuss, auf ihr förmlich dahin zu schweben... Warum man allerdings auf dieser perfekten, breiten Straße maximal 50 km/h und in Ortschaften gar nur 30 km/h fahren durfte, blieb uns völlig unklar.

in Khaleikum

Moschee in luftiger Höhe bei Khaleikum

Wie schwierig es ist, solch eine Gebirgsstraße in Ordnung zu halten, sahen wir an einer Stelle, an der die Straße durch einen gewaltigen Bergrutsch völlig verschüttet war und die Autos über den Schuttberg fahren mussten.


ein Erdrutsch versperrt die Straße

Nach rund 80 km endete der Fahrspaß leider schon wieder. Auf breiter Schotterpiste ging es nun weiter über einige Serpentinen weit hinauf in die Berge. Auf einer im Dienst liegenden Hochebene fuhren wir weiter bis Kulyab. Da es schon dämmerte und wir immer noch keinen Stellplatz gefunden hatten, gönnten wir uns eine Nacht im Hotel. 150 Somoni, also ca. 23 Euro ohne Frühstück, aber mit Dusche und Klimaanlage. Wir mögen Klimaanlagen nicht wirklich, aber bei dieser Hitze war es doch ganz angenehm.

Im Restaurant aßen wir jeder einen Chicken-Schaschlik (was es alles gibt!), der hauptsächlich aus Knochen bestand. Also gab es zusätzlich noch ein gebratenes Hühnerbein. Die Strafe: flotter Otto am nächsten Tag. Im Zimmer schauten wir dann im Fernsehen ZDF, den einzigen empfangbaren deutschen Sender und merkten sehr schnell, wie sinn- und hirnlos Fernsehen eigentlich ist.

Hotel in Kulyab
auf dem Basar




fast jeder Standinhaber wollte fotografiert werden

15. August 2015

Schon am Morgen glühte die Sonne wieder (9 Uhr: 32 Grad).

Auf guter Asphaltstraße, die die Chinesen gebaut haben sollen (wie fast überall auf der Welt) rollten wir u. A. Auch durch zwei Tunnel bis ca. 40 km vor Dushanbe. Kurz vor Vahdat bogen wir links ab und fanden sehr schon gegen 14 Uhr ein hübsches Plätzchen in einer aufgegebenen Aprikosenplantage. Leider hingen keine Früchte mehr an den Bäumen.

Es dauerte nicht lange, bis drei Hirtenjungen mit ihrer Ziegen- und Schafherde zu uns kamen und um Wasser baten, was sie natürlich bekamen. Ein richtiges Gespräch kam mangels Sprachkenntnissen auf beiden Seiten nicht zustande, aber trotzdem war es eine nette Begegnung.

Die fast undurchdringliche Dunstglocke über Dushanbe lieferte einen ganz eigenartigen Sonnenuntergang ganz in Orangetönen. Mit Verschwinden der Sonne sank endlich auch die Temperatur auf ein erträgliches Maß.
der Nurek-Stausee; seine Staumauer ist mit 300 m die zweithöchste der Welt


16. August 2015

Schon gegen 6 Uhr schlich der erste Hirtenjunge samt Herde ums Auto. Aber auch die Sonne trieb uns unbarmherzig aus dem Schlafsack. Dieser etwa 13-jährige Junge benahm sich eigenartigerweise wie ein Mongole. Er sprach kein Wort, stand dicht bei uns und beobachtete alles, was wir taten, ganz genau. Ein paar Schluck Wasser nahm er an, mehr nicht. Über einen Kuli und unsere Visitenkarte freute er sich aber offensichtlich sehr, bedankte sich aber nicht. Als wir losfuhren, formte er mit seinem Zeigefinger und Daumen einen Kreis und blies mehrmals lächelnd hindurch. Wer weiß, was diese Geste bedeuten mag.

Wir fuhren hinein nach Dushanbe, die Hauptstadt Tadschikistans. Auch hier wird gehupt, was das Zeug hält, aber das Chaos ist längst nicht so schlimm wie in Bishkek oder Ulan Bator. Auch die Stadt selbst macht einen viel gefälligeren Eindruck. Vielleicht liegt es an den vielen grünen Bäumen. Richtige Alleen mit großen, alten Bäumen ziehen sich kreuz und quer durch die Stadt. Und es liegt, wie schon im ganzen Land, kaum Müll herum, ein wirklich wohltuender Unterschied zu den bisher auf dieser Reise von uns besuchten Ländern!

Wir finden das Serena Inn Hotel recht schnell. Dort soll man kostenlos auf dem Parkplatz stehen können. Die nette englisch sprechende junge Dame an der Rezeption zeigt uns den Parkplatz und erklärt dann, dass wir ihn zwar nutzen können, aber nicht kostenlos. Wieviel es kostet, müsste sie erst beim Management erfragen, doch die Herrschaften seien erst ab 12 Uhr erreichbar, da Sonntag ist.

Noch während wir auf der Straße im Auto saßen und beratschlagten, sprach uns ein Schwabe an, der seit sechs Jahren hier lebt. Er gab uns den Tipp nach Romit zu fahren, da gäbe es schöne Stellplätze.

Gesagt, getan. Fast 50 km fuhren wir.Es ging wieder hinauf bis auf 1200 m Höhe, immer entlang eines kleinen, aber nicht minder wilden Bergflusses, der herrlich klares, hellblau leuchtendes Wasser führte.

Es kam dann so, wie wir es schon befürchtet hatten. Wir hätten uns direkt neben der Straße hinstellen können, die hier auch nicht mehr diese Bezeichnung verdiente. Also aktivierten wir wieder mal Plan B und fuhren zurück zu unserem gestrigen Stellplatz in der ehemaligen Obstplantage.

Stellplatz in der ehemaligen Obstplantage 


17. August 2015

Wieder lag eine total ruhige und entspannte Nacht hinter uns. Aber diese erbarmungslose Hitze schon am frühen Morgen!

Heute fiel uns ein, dass wir von zwei deutschen Trucker-Pärchen, die wir vorgestern getroffen hatten, den Tipp bekommen hatten, dass man in Dushanbe im Park Pobjedy (Siegespark) gut übernachten könnte. Das wollten wir uns ansehen und evtl. auch nutzen, denn wir können erst morgen nach Usbekistan einreisen.

Doch vorher brauchten wir Geld aus dem Automaten und Diesel für unseren Gecko. Nach dem vierten nicht funktionierenden Bankomat tauschte ich 50 $ bar in einer Bank und bekam dafür 326 Somoni. Geht doch...

Nach dem Tanken fuhren wir hinauf zum Siegespark, der oberhalb der Stadt auf einem Berg liegt. Weit kamen wir allerdings nicht. Eine Schranke versperrte den Weg. Wir parkten das Auto auf dem Parkplatz der Bergstation einer Seilbahn, die schon seit Jahren nicht mehr in Betrieb ist.

Blick auf Dushanbe

der mit 165 m angeblich höchste Fahnenmast der Welt

Nach einem kleinen Rundgang mit Ausblick auf die im Dunst versunkene Stadt sprach uns ein älterer Security-Mann an. Vor einigen Tagen wären schon zwei Trucks aus Deutschland hier gewesen. Wir dürfen auch hier bleiben und auch hier übernachten. Das passt ja wunderbar. Dann öffnete er uns sogar die Schranke und erlaubte uns, auf den Berg hinaufzufahren. Dort befindet sich eine große Gedenkstätte für die Gefallenen des Großen Vaterländischen Krieges. In großen Lettern prangt eine Inschrift an der Wand: „Niemand ist vergessen, nichts ist vergessen“ (ich hoffe, meine Übersetzung ist korrekt). Und wir werden wieder sehr nachdenklich. Der Security-Mann hätte uns ja auch rausschmeißen können, auch wenn wir nichts mit diesem verdammten Krieg zu tun haben. Und wieder geisterte mir diese unvorstellbare Zahl von 27 Millionen Toten auf Seiten der damaligen Sowjetunion durch den Kopf.

"Niemand ist vergessen, nichts ist vergessen"


Wir fuhren wieder hinunter zum Parkplatz an der Seilbahn und fanden ein hübsches Restaurant. Endlich lagen wir auch mal auf so einem riesigen Bettgestell mit Tisch in der Mitte. So oft hatten wir sie schon hier gesehen. Das kühle Bier schmeckte hervorragend bei dieser extremen Hitze. Bis dann der junge Mann von der Theke kam und 20 Somoni für die Nutzung dieses Pavillons kassierte. Auch hier weiß man, wie Geld verdient wird...


so lässt es sich aushalten...

Am heutigen Abend findet hier im Restaurant irgendeine Feier mit betuchten Leuten statt, die sich in ihren fetten Autos vom eigenen Chauffeur herkutschieren ließen. Ich schreibe wieder mal am Blog, während draußen die Musik dröhnt. Die Security-Leute haben uns klar gemacht, wo sie sind und dass sie jederzeit für uns da sind, falls es Probleme geben sollte. Besoffene Russen sind unangenehm, mal sehen, wie es mit Tadschiken wird.

Morgen gehen wir über die Grenze nach Usbekistan. Davor ist uns ein bisschen bange, weil wir von diesem Grenzübergang bisher nur Negatives gehört bzw. gelesen haben. Wir lassen uns überraschen.

Also, bleibt gespannt. Wir werden berichten, wie es uns dabei erging. Bis bald...




Satellitenschüsseln ohne Ende

Putzbrigade (nur Frauen) bei der Arbeit

solche Plakate sieht man überall im Land
Feldarbeit 2015