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Dienstag, 23. Juni 2015

Sommer, Sonne, Freunde am Baikal

22. Juni 2015

Gut eine Woche verbrachten wir an diesem wunderschönen Sandstrand an der Ostküste des Baikal. Das Wetter konnte gar nicht besser sein. Kaum ein Wölkchen zeigte sich mal am blauen Himmel.

Die Tage vergingen mit kleinen Strandwanderungen, Gesprächen mit Einheimischen, dem täglichen Holzsammeln, Sägen und Hacken, Wäsche waschen, Auto abschmieren, lesen und auch einfach mal nur faulenzen.
Wäsche waschen
Strandwanderung
Abendstimmung
Nach ein paar Tagen stießen Zarah und Matthias, ein nettes, junges Pärchen aus Belgien, das wir schon in Riga getroffen hatten, zu uns. Sie fahren fast die gleiche Route wie wir, lassen sich dafür aber ein ganzes Jahr Zeit. Zwei "Luxe auf Fernreise" (jeder fährt einen Toyota Hilux, deswegen der Name, http://zwei-luxe-auf-fernreise.myblog.de/), nämlich Stefan und Hanjo, kamen auch noch hinzu, so dass wir schließlich zu siebent am abendlichen Lagerfeuer saßen. Der Gesprächsstoff ging natürlich nie aus. Jeder hatte Spannendes und Interessantes zu erzählen. Die Luxe sind auch auf einer ähnlichen Route unterwegs wie wir, jedoch in der entgegengesetzten Richtung wie wir. Sie waren also schon da, wo wir noch hin wollen und konnten uns deshalb so manchen wertvollen Tipp geben.

Heute Vormittag trennten wir uns dann alle. Micha und die beiden Belgier fuhren nur wenige Kilometer weiter zu den heißen Quellen in der Nähe unseres bisherigen Stellplatzes. Die Luxe brachen nach Irkutsk auf, und wir in Richtung Mongolei.

Der heutige 100. Kilometer war zugleich der 10000. unserer Reise. Damit dürfte schon gut ein Drittel der Gesamtdistanz hinter uns liegen. Wenig später erreichten wir Ulan Ude. Dies war der östlichste Punkt unserer Route. Von nun an geht es sozusagen wieder zurück in Richtung Heimat. Zunächst fuhren wir jedoch nach Süden. Fast schlagartig änderte sich sowohl die Temperatur als auch die Landschaft. Am Baikal war es in der Sonne immer wunderbar warm, sicher ca. 22 oder 23 Grad. Abends blies jedoch fast jeden Tag der kalte Nordostwind. In Ulan Ude zeigte das Thermometer schon 29 Grad an, dabei befanden wir uns gerade mal 200 km weiter im Süden. Und die Landschaft wirkte manchmal schon fast wie in Afrika. Steppe und Baumsavannen wechselten sich ab, wobei dies hier sicher nicht Savanne heißt. Mitunter schränkte über die Straße gewehter Staub die Sicht stark ein. In einem gottverlassenen Nest füllten wir unseren Wassertank aus einem dieser hölzernen Wassertürme auf. Längere Zeit folgten wir dem Lauf der Selenga, die hier in einem sehr weiten Tal fließt.

Wasser holen
hier holen sich auch die Einheimischen ihr Wasser
im Tal der Selenga
Die Stellplatzsuche erwies sich wieder mal als nicht ganz so einfach. Jetzt stehen wir in einem Kiefernwald unweit der A165. Von der Straße aus sind wir unsichtbar, jedoch haben uns die Mücken schon längst entdeckt und fressen uns fast auf.

Morgen liegen noch rund 20 km bis zur mongolischen Grenze vor uns. Die Luxe haben dort vor wenigen Tagen in der Gegenrichtung über acht Stunden zugebracht. Wir hoffen, dass es bei uns schneller geht. Zuvor werde ich versuchen, diesen Beitrag in den Blog hochzuladen. Hier haben wir im Moment fast kein Netz.

In der Mongolei werden wir uns eine neue SIM-Karte besorgen. Nach den Infos, die ich bis jetzt habe, ist es in der Mongolei nicht mehr so preiswert wie in Russland. Vermutlich werde ich dann nicht mehr so viele Bilder oder nur noch in kleinerem Format hochladen können. Die Möglichkeiten, überhaupt ins Internet zu kommen, werden auch seltener sein. Macht Euch also bitte keine Sorgen, wenn es ein paar Tage länger dauert, bis ich einen neuen Bericht posten kann.

Zum Schluss noch eine positive Nachricht. Die nun installierte russische Bleibatterie, die die beiden defekten AMG-Bordbatterien ersetzt, funktioniert bisher tadellos. Wir hoffen, dass dies auch mindestens bis zum Ende unserer Reise so bleibt. Die Werkstatt, die alles installiert hatte, bleibt weiterhin unerreichbar und meldet sich auch nicht.


Und ganz zum Schluss kommt hier noch ein Link. Die Oberhessische Zeitung berichtete am vergangenen Sonnabend (20.6.2015) auf einer ganzen Seite über unsere Reise. D.h., den Artikel habe ich natürlich selbst geschrieben. Hier könnt Ihr alles nachlesen:


gelber Mohn


sie laufen frei herum und besuchten uns fast täglich



Fischer bei der Arbeit

Sonntag, 14. Juni 2015

Sonne, Strand und das "heilige Meer"

9. Juni 2015

Am Nachmittag verließen wir Listwjanka, aber nicht ohne uns vorher noch mal diesen einmalig gut schmeckenden Omul einzuverleiben. Diese Fische gehören zur Gattung der Lachsfische und leben ausschließlich im Baikal.


geräucherter Omul

Ungefähr 20 km vor Irkutsk bogen wir ab in Richtung Angara, einem der großen Ströme Sibiriens. Den Baikal speisen 336 Flüsse und unzählige Bäche, er hat jedoch nur einen einzigen Abfluss, nämlich die Angara. Mit 1642 m ist er der tiefste und mit 25 Millionen Jahren der älteste Süßwassersee der Erde. Er speichert ein Fünftel des gesamten flüssigen Trinkwassers der Erde. 
hier beginnt die Angara

Wir erreichten eine typische Datschensiedlung. Hier verbrachte Micha schon drei Tage bei seinen Bekannten, die nun auch uns mit eingeladen hatten. Wir waren schon gespannt, wer und was uns erwarten würde.

Unglaublich, mit welcher Herzlichkeit wir von Alexej und Zoja empfangen wurden. Der Funke sprang sofort über, und wir glauben, die Sympathie beruhte auf Gegenseitigkeit. Beide Mittsiebziger bewirtschaften in den Sommermonaten einen großen Garten hinter ihrer schmucken Datscha. Die Erdbeeren blühen, ebenso unzählige Blumen einschließlich Pfingstrosen, am Birnenbaum hängen schon winzige Früchte, Radieschen, Weißkraut, Blumenkohl, Kartoffeln sprießen, im großen Foliegewächshaus gedeihen Tomaten- und Gurkenpflanzen. Hier werden die Gärten wirklich intensiv genutzt. Unfassbar, dass dies alles die beiden zierlichen Alten bewerkstelligen. Und bei aller Mühe haben sie sich ihren Humor bewahrt. Besonders Alexejs verschmitztes Lächeln, bei dem er seinen letzten verbliebenen Zahn zeigt, hat es uns angetan. Ihm blitzt förmlich der Schalk aus den Augen.

Alexejs Schwester Galina, die mit ihrem Mann eine Datscha mit großem Grundstück auf der anderen Straßenseite und direkt am Ufer der Angara besitzt, kam später mit ihrem Mann Sascha auch noch dazu. Das erleichterte die Unterhaltung wesentlich, denn sie arbeitete früher als Deutschlehrerin. Auch diese Beiden zeigten sich als wunderbar nette und freundliche Menschen.

Die Banja, die russische Form der Sauna, war für uns schon ordentlich angeheizt. Was war das für eine Wohltat! Wir schwitzten wie die Weltmeister. Micha, der die Prozedur schon kannte, brachte uns bei, wie man sich gegenseitig mit im Mai geschnittenen, dann getrockneten und nun wieder in Wasser eingeweichten Birkenzweigen "verhaut". Das ist besser als jeder Aufguss in der Sauna. Es duftet nach dem Birkenlaub, keinerlei Chemie spielt eine Rolle, es tut nicht wirklich weh, aber es bringt den Kreislauf ordentlich in Schwung. Kein Wunder, dass die alten Menschen hier so fit sind. Sie nutzen die Banja jeden zweiten oder dritten Tag. Wir fühlten uns wie neu geboren. Herrlich...

Danach wurde aufgetafelt. Borschtsch (ein russischer, sehr gehaltvoller und schmackhafter Eintopf), Brot, weißer, gesalzener Speck, Tee und natürlich der unvermeidlichen Wodka, alles mundete bestens. Und dann luden sie uns auch noch ein, bei ihnen im Haus zu schlafen. Beide strahlten vor Freude, als wir ihr Angebot annahmen. Im geräumig ausgebauten und gemütlichen Dachboden warteten zwei Betten auf uns. Endlich mal wieder in einem richtigen Bett schlafen. Was für eine Aussicht! Doch zuvor bestaunten wir noch zwei der Wunderwerke, die Alexej mit seinen geschickten Händen erschafft. Er bastelt aus weißem PVC-Material Modelle historischer Gebäude. Monatelang arbeitet er an solch einem Modell. Mit unglaublicher Präzision schneidet er die Teile aus und fügt sie mit Sekundenkleber zu diesen kleinen Kunstwerken zusammen. Sogar auf großen Ausstellungen in Moskau wurden sie schon gezeigt, berichtete er stolz.

Als wir dann jeder in seinem Bett lagen, Micha schlief in seinem Auto, war das für mich wie ein Zeitsprung zurück in die Kindheit. Wie damals lag ich auf einem einfachen Holzbett unter einer holzverkleideten Dachschräge, der gleiche Geruch umgab mich, die gleichen leisen Geräusche, die ein Holzhaus macht. Und dann zog, sozusagen als Punkt aufs i, der Rauch von Alexejs Gute-Nacht-Zigarettchen zu uns herauf, so, als säße mein Opa da unten...

10. Juni 2015

Was für eine Nacht! Wir schliefen wie in Abrahams Schoß. Natürlich wurde auch zum Frühstück wieder mächtig aufgetafelt. Wir konnten niemals alles aufessen, obwohl Zoja uns immer wieder aufforderte und es so gut schmeckte.

Zum Abschied schenkten sie uns frischen Lauch und Kräuter aus dem Garten. Auch Galina und Sascha beschenkten uns noch reichlich mit eingekochten Himbeeren, Sekt und Schokolade. Und das alles machten sie für wildfremde Menschen! Eben russische Gatfreundschaft! Es war ein rührender Abschied. Das Bewegendste für mich als Nicht-Christ war, dass sowohl Alexej als auch Sascha uns verabschiedeten, indem sie für uns das Kreuz schlugen. Wir empfanden das als große Ehre.


Zoja und Alexej zusammen mit Jutta

Alexej und ich, wir verstanden uns prächtig

der riesige Garten unserer beiden Gastgeber

in Galinas (links) und Saschas (kniend) Garten

Wir überquerten dann in Irkutsk die Angara, um dann östlich von Baikalsk dei den Warmen Seen (Tjeploje Osera) einen Stellplatz zu suchen. Dort befindet sich allerdings eine Art Campingplatz, wo man uns für eine Nacht für zwei Autos und drei Personen 1500 Rubel abknöpfen wollte. Entschieden zu teuer. Nach kurzer Suche fanden wir einen schönen Stellplatz direkt an einem schnell dahinfließenden Fluss.

Feuerholz lag genug herum, so dass schnell ein Feuer brannte und die Schaschlikspieße darüber hingen. Der selbst gebrutzelte Schaschlik schmeckt eben doch am besten.


an der Südspitze des Baikal


wie soll man da abnehmen



11.Juni 2015

Nach den gestrigen 99 Kilometern fuhren wir heute auch nur 160 km. Wir wollten direkt am Ufer des Baikal einen Stellplatz finden, doch die parallel zur Straße verlaufenden Schienen der Transsib versperrten uns den Weg. In Babuschkin, einer kleinen unschönen Stadt konnten wir dann unter einer Brücke hindurch zum Seeufer fahren. Heftiger Sturm ließ uns hinter alten, verrosten Waggons Schutz suchen. Ganz in der Nähe befand sich ein Bahnhof. Es war kein wirklich schöner Platz, doch wir wollten nicht noch weiter suchen. Immerhin wurden wir nach diesem stürmischen, grauen Tag mit einem wunderschönen Sonnenuntergang belohnt.


Windschutz hinter verrosteten Waggons


neugierige Hunde


12.Juni 2015

Eine schreckliche Nacht! Ein Güterzug nach dem anderen rumpelte durch den Bahnhof, begleitet von irgendwelchen Lautsprecheransagen. Es fühlte und hörte sich an, als lägen wir mitten zwischen den Gleisen.

Und dann der Schreck in der Morgenstunde: Auch die zweite Bordbatterie hatte ihren Geist aufgegeben. Nur noch 7 Volt! Verdammt noch mal, das durfte nicht passieren! Das Schlimme daran ist, dass wir die Ursache für das Batteriensterben nicht erkennen können.

Wir mussten unbedingt eine Lösung finden, denn ohne Bordbatterien sind wir fast aufgeschmissen. Akkus für Handy, Laptop, Kamera usw. könnten nur noch während der Fahrt geladen werden, die Wasserpumpe im "Wohnbereich" liefe nicht mehr, kein Licht...

Doch im Moment plagte uns noch ein ganz anderes Problem. Fliegen! Wir kannten sie schon von Olchon und hatten sie am Vorabend auch hier schon gesehen. Doch was andiesem Morgen einsetzte, hatten wir noch nicht erlebt. Das Auto war über und über von Fliegen bedeckt. Diese Biester tun einem ja nichts, aber man kann kaum Luft holen. Überall fliegen und krabbeln sie herum. Sie machen einen regelrecht wahnsinnig. In fliegender Hast packten wir alles zusammen und flohen von diesem fliegenverseuchten Ort.


Fliegen ohne Ende

In einem kleinen Ort kaufte ich in einem wirklich gut sortierten Geschäft eine stinknormale Bleibatterie mit 77 AH. Zwei Verkäufer bemühten sich gleich. Alles super.

Danach Weiterfahrt über die Selenga, dem größten Zufluss des Baikal, bis zu einem wunderschönen Sandstrand. Über Kilometer hinweg findet man hier im Wald Sitzbänke und Toilettenhäuschen. Einige Russen campten hier schon. Für uns war der Platz ideal, da die Autos trotz der Bäume noch genügend Sonne abbekamen, um die Solarpanels zu bescheinen. Wir beschlossen, ein paar Tage Ruhepause hier am "heiligen Meer", wie die hier ansässigen Burjaten den Baikal nennen, einzulegen.


die Selenga, größter Baikalzufluss

herrlicher Sandstrand am Ostufer

Nachdem die defekte Batterie im Motorraum ausgebaut und durch die neue ersetzt war, kam die große Erleichterung, als alle Messwerte völlig korrekt aussahen. Die neue Batterie wird nun ausschließlich mit Solarstrom geladen. Der Fehler liegt vermutlich beim Trennrelais oder sonstwo (???)... Trotz vieler Tipps, die ich im Buschtaxiforum bekam, wollen wir jetzt keine Experimente eingehen. So, wie die Batterie jetzt installiert ist, sollten wir die restlichen 20.000 km überstehen. Dass die Werkstatt, die damals alles eingebaut hat, absolut nicht mehr erreichbar ist, halten wir, gelinde gesagt, für unmöglich. Da wir aber die Gründe dafür nicht kennen, wollen wir hier kein abschließendes Urteil abgeben.

Am Abend saßen wir am Feuer, als zwei junge Russen mit ihrem Auto angefahren kamen und sich sofort zu uns gesellten. Wodka brachten sie reichlich mit. Nach wenigen Minuten schenkten sie uns vier kleine Omule (ihr wisst, diese speziellen Fische des Baikal). Es wurde ein bisschen gescherzt und geblödelt. Einer der beiden arbeitet als Arzt auf einem Rettungswagen und hat Frau und einen winzig kleinen Sohn. Doch je mehr der Bursche trank, umso ungemütlicher wurde er. Sein Freund blieb ruhig und mahnte immer, sie wollten doch nach Hause fahren. Doch der Arzt war kaum noch zu halten. Er hatte sich dann speziell auf Micha eingeschossen, beschimpfte ihn als "deutschen Hund" und ging dann nahtlos über zu "Buchenwald" und "Hitler". Es hatte keinen Sinn zu streiten. Die Kerle waren einfach zu besoffen. Zum Glück ging alles ohne Handgreiflichkeiten zu Ende. Nachdem die Beiden endlich verschwunden waren (natürlich mit dem Auto, das erklärt vielleicht auch einen Teil der vielen Gedenksteine neben Russlands Landstrassen), kam eine junge Russin aus Irkutsk, mit der wir uns am Tage schon nett unterhalten hatten, zu uns und entschuldigte sich für ihre Landsleute. So eine Begegnung ist unangenehm, aber es wäre sicher idiotisch anzunehmen, dass wir überall nur auf Leute treffen, die unsere Freunde sein wollen. Wir lassen uns aber dadurch natürlich nicht die Laune verderben. 

13. Juni 2015

Jutta überraschte mich mit einem schönen Geburtstagsfrühstück. Später wanderten wir einige Kilometer am Strand in Richtung Norden. Das Wasser hier ist durch den Sand etwas getrübt, doch das ist wohl an allen Sandstränden der Welt so. Wir schauten Fischern bei ihrer Arbeit zu. Fotografieren lassen wollten sie sich nicht, gegen ein Foto der Fische hatten sie aber nichts. Wir nehmen an, dass viele hier illegal fischen.


frisch gefangene Omule

Am Nachmittag lud uns eine russische Großfamilie zum Essen und Trinken ein. Sie waren mit Mann und Maus hierher gekommen, um das Wochenende zu genießen. Sie grillten Fische und tranken Wodka und teilten alles mit uns. Eier, Wurst, Käse, in der Glut gebackene Kartoffeln, rohen und gegrillten Fisch, Tee mit viel Milch und zwischendurch natürlich immer wieder Wodka. Es war ein wüstes Gelage. Es wurde gelacht und gescherzt, und wir mittendrin. Sie hatten eine Engelsgeduld mit uns, weil wir das Meiste doch nicht verstanden. Manchmal habe ich aber doch einen lichten Moment und ein paar alte Russischvokabeln tauchten wieder auf, was dann bei unseren Gastgebern Begeisterung hervorrief. Sascha, das Familienoberhaupt, brachte dann einen Trinkspruch aus, den ich recht gut verstand und der uns sehr gut gefiel. "Lasst uns trinken auf den Frieden und dass wir uns alle miteinander gut verstehen. Na sdarowje!" Zu guter Letzt schenkten sie uns noch vier gegrillte Omule und verabschiedeten sich wie von alten Freunden. Ich wiederhole mich jetzt bewusst: So etwas kann man kaum beschreiben, man muss es einfach selbst erleben.


essen und trinken mit Saschas (links) Großfamilie

Wir wollten am Abend wieder Schaschlik grillen, also mussten wir Holz herbeischaffen, sägen und hacken. Da dies eine schweißtreibende Tätigkeit ist, kühlt man sich danach am besten in den Fluten des Baikal ab. Der Schaschlik gelang uns wieder hervorragend. Und so ging wieder mal einer meiner Geburtstage auf angenehme und schöne Art zu Ende, diesmal wie schon so oft, fern von zu Hause.

Auch an dieser Stelle möchte ich mich für alle Glückwünsche, die mich auf unterschiedlichste Art und Weise erreichten, von ganzem Herzen bedanken. Das zeigt mir bzw. uns, dass Ihr an uns denkt, auch wenn wir im Moment´so weit entfernt von Euch sind. Ein schönes Gefühl! Danke!


Geburtstagsbeschäftigung

Geburtstagsfeuer - das in der Mitte des Tischs ist übrigens eine 3-l-Bierflasche

Geburtstags-Sonnenuntergang

14. Juni 2015

Wieder ein herrlicher Sonnentag. Vormittags ist die Luft meist noch kalt, erwärmt sich dann im Laufe des Tages doch recht schnell. Endlich ist auch mal Zeit und Gelegenheit, den Blog zu aktualisieren. Doch wie so oft, kommt es anders...

Ich hatte gerade ein paar Zeilen geschrieben, als zwei junge hübsche Mädchen uns einen großen Fisch brachten, den ihre Männer gefangen hatten. Der Bursche lebte noch! Er sah fast aus wie ein Karpfen. Inzwischen weiß ich, dass es ein Sasan war und tatsächlich eine Art Karpfen ist. Was macht man denn nun mit so einem Tier, wenn man sonst so etwas filetiert im Laden kauft? Es half alles nichts. Er ahnte wohl schon sein Schicksal, denn er versuchte, vom Tisch zu springen. Was ich noch nie gemacht hatte, musste jetzt sein. In irgendeinem Survivalfilm hatte ich mal gesehen, wie man einen so großen Fisch tötet. Offensichtlich hatte ich es dann wohl richtig gemacht, denn es ging ganz schnell. Er tat mir Leid, aber irgendwie musste ich es ja tun. Sie erklärten uns noch, dass die Schuppen entfernt werden müssten und dass wir ihn dann über dem Feuer braten sollten.


der Sasan

Na gut, also wieder Holz ranschleppen. Zu zweit zerrten wir einen halben Birkenstamm mittels eines Bergegurtes gute 150 Meter durch den Wald. Das Sägen und Hacken nahm uns natürlich auch niemand ab. Ja, und dann kamen die nächsten Camp-Nachbarn und überreichen uns strahlend, na was wohl? Richtig, einen Topf mit sechs oder acht kleineren Fischen mit roten Flossen. Ist denn heute hier Fisch-Geschenk-Tag? Ablehnen kann man das natürlich nicht. Nun hatten wir die Gegrillten Omule von gestern, den Sasan und nun noch einmal diese kleinen Fische.. Ob Ihr es glaubt oder nicht, wir haben alles geschafft! Wir ließen uns zeigen, wie man die kleinen Fische zubereitet. Einfach auf einen Schaschlikspieß spießen und übers Feuer halten. Nicht ausnehmen, nicht schuppen, nur ein bisschen Salz. Und sie schmeckten gut, hatten allerdings eine Menge Gräten. Dann kam der ausgenommene und abgeschuppte Sasan übers Feuer. Um zwischendurch nicht zu verhungern, verspachtelten wir die Omule. Endlich glänzte der Fisch goldbraun und war gar. Ein Gedicht! Karpfen mögen wir ja nun gar nicht. Aber das hier war ein echter Genuss. Butterzartes, weißes, saftiges Fleisch zerging förmlich auf der Zunge. Ein völlig anderer Geschmack als der Omul, aber genauso vorzüglich.








Wir bedankten uns dann mit kleinen Mitbringseln bei den Sasan-Spendern und hatten noch eine angenehme Unterhaltung in einem Gemisch aus Englisch und Russisch. Interessant dabei: einer der jungen Männer wuchs in Leipzig auf. Sein Vater war als Soldat dort stationiert und er hat nur die besten Erinnerungen an diese Zeit.

Ja, und weil wir nun fast den ganzen Tag mit dem Zubereiten von Fischen einschließlich Holzverarbeitung, dem Genießen der Fische und mit diversen Unterhaltungen zugebracht haben, sitze ich nun halb in der Nacht hier und tippe für den Blog. Natürlich bei allerbester Internetverbindung! 

Bleibt schön neugierig bis zum nächsten Bericht.


auch so kann man campen



Dienstag, 9. Juni 2015

Irkutsk und Listwjanka

6. Juni 2015

Schon am frühen Morgen nervten uns wieder diese lästigen Fliegen. Sie vertrieben uns regelrecht von diesem wundervollen Ort.

Wir versuchten, über holprige Wege direkt nach Süden zu gelangen. Anfangs ging das ganz gut, doch dann wurden die Auf- und Abfahrten immer steiler, die Seitenneigung immer stärker, so dass wir uns trotz Sicherheitsgurt kaum in den Sitzen halten konnten.Jedesmal, wenn der Gecko eine neue Bergkuppe oder einen Kamm erklommen hatte, öffneten sich uns neue herrliche Ausblicke auf die felsigen Ufer des Sees und die blinkende Wasseroberfläche. Und sobald ich mal den Motor abstellte, umfing uns diese grandiose Stille.




Die Wege bzw. Spuren im Steppengras waren immer schlechter zu erkennen, bis wir an eine steile Auffahrt kamen, die über und über mit spitzen Steinen gespickt war. Teilweise ragten sie 10 bis 15 cm aus dem Erdreich.Das wollte ich dann unseren Reifen doch nicht zumuten. Was bringt es, diese Hindernisse vielleicht überwunden zu haben und dann mit einem oder mehreren kaputten Reifen hier in der Einamkeit stehen zu bleiben. Es gab nur eine Alternative: Rückzug.

So, nun wende mal ein 3,5 Tonnen schweres Fahrzeug mit relativ hohem Schwerpunkt (druch die Kiste auf dem Dach) an so einem steilen Hang. Das Wendemanöver kostete schon Überwindung, denn der Hang war so steil, dass der Gecko eine bedenkliche Schräglage einnahm. Aber es ging alles gut.

Den späteren Weg über dieses üble Wellblech kannten wir ja schon. Diesmal hatten wir Glück. Wir fuhren direkt auf die Fähre, und wenige Minuten später legte sie ab. Das Erstaunliche und Angenehme an dieser Fähre ist: sie ist kostenlos! Tschüs, Trauminsel Olchon!


auf der kostenlosen Fähre
der Fähranleger auf dem Festland wird komplett neu gestaltet

Oben auf der Anhöhe, wo wir unseren ersten Blick auf den Baikal werfen konnten, wollten wir eine Pause einlegen und einen neuen Beitrag im Blog posten. Genau in dem Moment kam von Megafon eine SMS, dass ich die Abo-Gebühr von 590 Rubel für die SIM-Karte für den nächsten Monat bezahlen müsste. Ab diesem Moment hatten wir keinen Zgriff mehr aufs Internet, und die Telefon-App von Multifon funktionierte natürlich auch nicht mehr. Nun war guter Rat teuer. Wir konnten zu niemandem mehr Kontakt aufnehmen und uns auch nicht im Internet schlau machen, was nun zu tun sei. Aber spätestens in Irkutsk würden wir freies WLAN finden, und dann könnten wir sicher das Problem klären.


ein letzter Blick auf die Insel Olchon (rechts im Hintergrund)

Die spätere Suche nach einem vernünftigen Stellplatz verlief leider erfolglos. Bei einem Halt, ich stand neben dem Auto, um die Gegend zu sondieren, hörte ich ein Blubbern aus dem Motorraum. Motorhaube auf, da zischte und puffte es aus der im Motorraum untergebrachten Batterie. Sie war glühend heiß und kochte regelrecht. Das hatte uns gerade noch gefehlt. Es blieb erst mal nichts anderes übrig, als die Batterie abzuklemmen. Es gibt ja noch eine zweite im Innenraum.

Schließlich landeten wir wieder auf dem Hinterhof des Hotels, wo wir vor zehn Tagen auch schon standen. Diesmal war der Platz noch schlammiger. Immerhin konnten wir hier per WLAN mit unseren in der Ferne mitreisenden Micha und Reiner Kontakt aufnehmen. Alle kamen zu dem Schluss, dass die Batterie einen Plattenschluss hat und damit endgültig im Eimer ist.. Nun gut, wir werden sehen, ob wir auch mit einer Bordbatterie klar kommen. Wenn nicht, müssen wir irgendwo eine neue Batterie besorgen.

Das Aufladen der SIM-Karte funktionierte auch hier nicht. Nach dem etwas stressigen Tag hatten wir keine Lust mehr, auf dem Schlammplatz hinterm Hotel stehend etwas zu Abend zu essen. Vor dem Hotel gab es eine Art Pavillon, in dem Schaschlik und Getränke angeboten wurden. Wir bestellten zwei Portionen Schweine-Schaschlik und zwei Bier. Der Spaß kostete uns schließlich 1100 Rubel, also ungefähr 19 Euro! Meine Güte, gepfefferte Preise...

7. Juni 2015

Wieder mal Großeinkauf im riesigen Supermarkt. Sonntag scheint hier der große Einkaufstag zu sein, denn es war richtig viel Betrieb hier. Nun war der Kühlschrank wieder voll, aber wir fanden nirgends einen Automaten, an dem wir hätten die SIM-Karte aufladen können. In jedem noch so kleinen Supermarkt steht ein solcher Automat, hier ausgerechnet nicht.

Wir fuhren hinaus an den Stadtrand, wo wir den Elektronik-Markt kannten. Hier konnte ich sowohl einen neuen Akku fürs Handy kaufen als auch endlich die SIM-Karte mit Geld versorgen. Das war nicht so ganz einfach, da der Automat alle Angaben auf Russisch anzeigte, aber irgendwie schaffte ich es. Und siehe da, kurz darauf stand das Internet und alle damit verbundenen Kommunikationswege wieder zur Verfügung.

Mit Micha, der inzwischen ganz in der Nähe von Irkutsk weilt, verabredeten wir, dass wir uns am nächsten Tag in Listwjanka treffen wollten. Am späten Nachmittag fuhren wir die 80 km bis zu diesem kleinen Ort direkt am Baikal und fanden auch einen Stellplatz direkt am See. Wahrscheinlich stand hier mal eine Werft, von der nur noch Ruinen übrig sind.

Im Ort, der sehr touristisch geprägt ist, bezahlten wir diesmal für Schaschlik und Bier für uns beide 520 Rubel. Diesmal also zum Glück kein Nepp. Die "Wächter" dieses Stellplatzes, zwei junge Kerle, wollten 500 Rubel pro Nacht kassieren. Ich bot ihnen 300 an, und sie akzeptierten.

8. Juni 2015 

Ein Spaziergang durch den sich lang am Seeufer hinziehenden Ort zeigte uns das, was wir schon an vielen anderen Stellen auch gesehen hatten: Zum Einen viele alte, halb verfallene Holzhäuser, die einst sicher hübsch aussahen, aber immer noch bewohnt wurden, und zum Anderen einige riesige Protzbauten, (sogar mit eigener kleiner Kirche!) die bis auf einen alle nicht fertiggestellt wurden und nun allmählich verfallen, bis sich vielleicht doch noch ein Käufer oder Investor findet. Erstaunlicherweise gibt es hier im Ort sogar Papierkörbe, und es liegt mal nicht so viel Müll herum wie sonst.

Gegen Mittag traf Micha ein. Das Wiedersehen wurde natürlich entsprechend gefeiert. Diesmal grillten wir unsere eigenen Schaschliks. Leider spielte das Wetter nicht mit. Eine große Plane, die wir als Wind- und Regenschutz aufgespannt hatten, riss eine Windböe mit einem einzigen Ruck weg. Trotzdem war es ein gemütlicher Abend.


so oder ähnlich versorgt sich die Bevölkerung überall dort mit Wasser, wo es keine Wasserleitung gibt, und das ist in weiten Teilen des Landes noch so

ein Protzbau in Listwjanka, der sogar bewohnt ist

mit eigener Kirche, steht aber unbewohnt zum Verkauf

Neubau eines Holzhauses

hübsches altes Holzhaus gleich daneben

Kunst am Bau

hier schützt uns noch die Plane