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Freitag, 23. Juni 2017

Von Lettland nach Estland

Freitag, 16. Juni 2017

Bei wiederum strahlendem Sonnenschein brachen wir auf. Wir folgten der A1 gen Norden. In Salacgrive tankten wir und kauften noch mal ein, da das Leben in Estland vermutlich etwas teurer sein wird.

Ein Foto an der Grenze mit dem Landesschild Estlands musste entfallen, da es kein solches gab. Witzig fand ich, dass in den ehemaligen Grenzabfertigungsgebäuden nun Spezialmärkte für Alkoholika untergebracht sind.Die bisherige A1 heißt in Estland einfach 4. Ihr folgten wir zunächst bis nach Pärna, um uns dann auf kleinen Sträßchen immer entlang der Küste zu bewegen.

Unterschiede zu Lettland bemerkten wir zunächst kaum. Lediglich die Ortsnamen muteten schon fast finnisch an mit vielen ä und ö, und diese möglichst auch noch doppelt. Kein Wunder, denn Estnisch und Finnisch gehören der gleichen Sprachgruppe an.

Auch hier in Estland ist es schwierig, einen Stellplatz am Strand zu finden, da sich fast alles in privater Hand befindet. Die Grundstücke hier erwecken alle einen sehr gepflegten Eindruck, noch schöner als in Lettland.

Laut Karte und Navi sollte sich bei Kulli ein Campingplatz befinden. Den fanden wir auch. Ein wunderschöner Platz direkt am Meer, das Gras frisch gemäht, aber das Tor war verschlossen und niemand war zu sehen. Schließlich fanden wir doch einen jungen Mann, der an einem der etwas älteren, aber hübschen Holz-Gästehäusern herumwerkelte. Er sprach gut englisch, telefonierte mit der Besitzerin und meinte dann ganz freundlich, wir könnten für 3 Euro pro Person und Nacht bleiben.

Wieder einmal hatten wir einen riesigen Platz für uns ganz alleine. Schnell stellte sich jedoch Gesellschaft ein, unangenehme Gesellschaft! Ganze Mückenschwärme lechzten nach unserem Blut! Und am Abend würden es noch viel mehr werden, prophezeite der junge Mann. Das kann ja heiter werden.

Später liefen wir hinüber zum total flachen Strand. Unglaublich, das Wasser hatte fast Badewannentemperatur, geschätzt 27 bis 28 Grad. Klar, es war nur wenige Zentimeter tief und die Sonne ballerte wie verrückt. Weiter draußen, so ca. 50 bis 70 Meter, wären es 16 Grad, hatte der junge Mann schon angekündigt.

Am Abend spazierten wir ein paar hundert Meter hinüber zu einem kleinen Motel, das aber noch geschlossen war. Auch hier alles wunderschön angelegt. Das Meer lag ruhig wie ein Spiegel vor uns. Auf einer kleinen Insel in 200 m Entfernung schnatterten und kreischten Vögel. Wir gingen zurück, standen noch eine Weile am Strand und genossen die nun herrschende unglaubliche Stille. Es war ein Paradies! Wenn nur die verdammten Mücken nicht gewesen wären! Noch ein bisschen in der Dämmerung draußen sitzen ging einfach nicht. Spray und Moskitospiralen schienen die Biester noch anzulocken.

ein riesiger Platz ganz allein für uns

Wasser - warm...

...und flach

Standort: N 58.43060 E 23.68850 
gefahrene Strecke: 142 km


Sonnabend, 17. Juni 2017

Selbst am frühen Morgen flogen die Mücken ihre Attacken. Gern wären wir hier noch einen Tag länger geblieben, aber leider...

Als wir weiterfuhren, staunten wir immer wieder über die sehr gepflegten Grundstücke und Häuschen, die da und dort hauptsächliche im Wald auftauchten. Wir erreichten die 10 und bogen dann auf die 31 ab. Oft warnten Schilder vor Elchen, doch leider sahen wir keinen dieser Kolosse.

Kurz vor Haapsala wurden wir gestoppt. Ein großer Pulk Radrennfahrer preschte an uns vorüber. Es müssen weit über hundert Fahrer gewesen sein, wahrscheinlich alles Amateure, denn Begleitfahrzeuge gab es, außer den beiden Vorauswagen, keine.




Nach 9 km auf der 9 zweigten wir nach Norden ab, bis wir bei Elbiku einen Campingplatz ansteuerten. Zum wild Campen gab es wieder keine Möglichkeit. Was wir fanden, war kein richtiger CP. Es nannte sich „Roosta Conference and Holiday Village“ (www.roosta.ee). 35 oder noch mehr dunkelrot gestrichene Holzhäuser verteilten sich locker in einem Kiefernwald. Neben den asphaltierten Wegen gab es einige kleine Plätze für jeweils ein Wohnmobil. Nicht gerade unser Stil, aber für eine Nacht und 13 Euro ganz ok.

Zum wiederum herrlichen, fast weißen breiten Sandstrand waren es nur 200 m Fußweg. Ein Surfbrettverleih machte noch keine großen Umsätze, da nur wenige Gäste den Strand bevölkerten. Direkt vor unserem Stellplatz lag das Ende eines scheinbar doch recht langen Kletterparcours hoch in den Bäumen. Einige Mutige nutzten die Gelegenheit.

Einen Schreck jagte Jutta uns ein, als sie die Hecktür vom Gecko zuwarf und anschließend meinte: „Den Schlüssel hast du doch, oder?“ Ich hatte ihn natürlich nicht einstecken. Stattdessen lag er im nun rundum verschlossenen Auto. Na prima! Alles war aber nur halb so schlimm. Mit einem Trick, den ich hier natürlich nicht verraten werden´, konnte ich doch das Auto wieder öffnen. Ohne diesen Trick hätten wir erst mal ein richtiges Problem gehabt.

Spät am Abend spazierten wir noch mal hinunter zum Strand. Spiegelblank lag das Meer vor uns. Kaum eine Welle kräuselte die spiegelnde Wasseroberfläche. Tiefe Stille umgab uns, kein Lüftchen regte sich. Was für ein krasser Gegensatz zum Sturm an den letzten Tagen. So ruhig hatte ich noch nie ein Meer gesehen. Es war schon nach 22 Uhr und die Sonne schickte sich an, hinter dem Horizont abzutauchen. Unglaublich zarte Farben umspielten den orangeroten Feuerball, dessen Strahlen immer noch ein bisschen wärmten. Blassblau über Hellviolett und leicht grünliche Töne bis zu dunklem Grau tief unten an der Horizontlinie ergaben ein so erhabenes und auch beruhigendes Bild, wie es kein Maler sich je erdenken könnte. Weit draußen auf dem Meer schickte ein Fischerboot sein tiefes, gleichmäßiges Brummen zu uns ans Ufer. Langsam, sehr langsam sank die nun rotglühende Sonne immer tiefer, bis sie um 22:40 Uhr endgültig verschwunden war. Was für ein Schauspiel, das wir erleben durften!

Zurück am Auto holte uns die Wirklichkeit schnell wieder ein. Einige Russen feierten bei lauter Musik bis weit in den Morgen hinein.






Standort: N 59.15735 E 23.51928 
gefahrene Strecke: 119 km


Sonntag, 18. Juni 2017

Trotz bedeckten Himmels beschlossen wir, einen weiteren Tag hier zu verbringen. Allerdings zogen wir an eine viel schönere Stelle um, direkt hinter den flachen Dünen am Strand. Hier störte uns kein Lärm der anderen Gäste, dafür hörten wir das Rauschen der Wellen, die die ruhige See von gestern Abend abgelöst hatten. So gefiel uns das schon viel besser!

Am Nachmittag kamen zwei junge lettische Familien vorbei und interessierten sich für unser Auto und die Route von 2015, die ja noch auf den Seitenflächen klebt. Mit Englisch konnten wir uns gut verständigen. Als ich über die Freundlichkeit der Menschen in Zentralasien sprach, sagte einer zwei bemerkenswerte Sätze: „Gehst du freundlich auf die Menschen zu, werden sie auch freundlich zu dir sein. Kommst du als Idiot, wirst du nur auf Idioten treffen.“ Das sollte sich so mancher Tourist hinter die Ohren schreiben!

Am Abend wollten wir duschen gehen. Dazu mussten wir an der Rezeption den Schlüssel holen. Da die Dusche schon belegt war, bekamen wir den Schlüssel für die Sauna, die wir sogar benutzen durften. Kostenlos! Das hätte sonst 25 Euro gekostet. Wir ließen es uns nicht zweimal sagen und genossen es.

Wieder am Gecko angelangt, entzündete ich ein kleines, gemütliches Feuer. Das Holz hatte ich schon am Nachmittag gesägt. In Ermangelung von Birkenrinde dienten trockene Kiefernnadeln als Starter. Funktionierte einwandfrei. Doch kaum loderten die Flammen lustig empor, als der Regen einsetzte. Schade. Wir verzogen uns ins Auto und horchten bald an den Isomatten.

dieser Platz gefiel uns schon viel besser


eine harmlose Blindschleiche kroch direkt unter unseren Stühlen entlang
Standort: N 59.15735 E 23.51928 
gefahrene Strecke: 0 km


Montag, 19. Juni 2017

Die Regenwolken waren verschwunden. Die Sonne brannte schon am Vormittag vom wolkenlosen, dunkelblauen Himmel. Kaiserwetter oder, wie wir früher gesagt haben (als wir noch jünger waren), Wetter zum Helden zeugen.

Wir wanderten ein ganzes Stück den Strand entlang. Außer einem Pärchen mit einem riesigen wolfsartigen Hund sahen wir keinen Menschen.

Im Wasser waberten direkt am Ufer schwarzgrüne Algen. Wer ins Wasser will, muss erst durch diese eklige Brühe hindurch waten. An manchen Stellen lagerte sich das Zeug auf dem Sand ab und bildete dort fast schwarze, übel riechende Haufen. Aber was soll`s. Das ist Natur.

Wir sahen viele kleine verendete silbrige Fischchen auf dem Sand liegen. Ob das Sprotten waren? Nur Bernstein fanden wir keinen. Dafür stehen die Chancen in dieser Jahreszeit wohl eher schlecht. Im Herbst und Winter findet man ihn eher.

Die Sonne brannte. Eine leichte Brise brachte willkommene Abkühlung.So einen herrlichen Tag wollten wir nicht im Auto sitzen und fahren. Also verlängerten wir noch einmal um eine Nacht.

Den Nachmittag verbrachten wir lesend und in der Sonne dösend. Einfach herrlich! Diesmal störte auch kein Regen unser abendliches Lagerfeuer. Nervig war lediglich der stärker werdende Wind, der ständig seine Richtung änderte, wodurch wir vom Rauch des Feuers regelrecht geräuchert wurden.

duftende Heckenrosen


Standort: N 59.15735 E 23.51928 
gefahrene Strecke: 0 km


Dienstag, 20. Juni 2017

Regen trommelte aufs Geckodach und weckte uns. Tallinn, das frühere Reval und die Hauptstadt Estlands, war unser heutiges Ziel. Nur knapp 100 km lagen vor uns.

Grün, so weit das Auge blickte. Wälder, hauptsächlich aus Kiefern bestehend, Wiesen und Weiden zogen an uns vorüber. Hier und da ein Dorf oder auch nur einzelne Häuser. Ab und zu auch auch verfallene Stall- und Wirtschaftsgebäude von früheren Kolchosen oder auch verrottende Fabrikhallen aus Sowjetzeiten.

Schnell fanden wir im historischen Stadtkern Tallinns einen sogar kostenlosen Parkplatz. Wieder einmal hatte sich die Sonne durchgesetzt und schenkte uns gutes Licht zum Fotografieren. Außerdem wärmte sie uns ein bisschen, denn es hatte sich merklich abgekühlt und ein kräftiger Wind blies durch die alten Gassen.

Rund um den Rathausplatz walzten die Touristenmassen über das alte Pflaster.Auch hier treten Asiaten mit ihren unmöglichen Selfie-Sticks in unglaublichen Mengen auf. Wir bummelten durch die alte Stadt, betraten und bewunderten zwei Kirchen und andere uralte Gebäude. An vielen Stellen findet man Infotafeln in estnischer und englischer Sprache, auf denen man sehr häufig deutsche Namen ehemaliger Bewohner liest. Die Deutschen spielten eine große Rolle in der wechselvollen Geschichte der Stadt.

Will man in einem der vielen Restaurants rund um den Rathausplatz etwas essen, muss man eine dicke Brieftasche mitnehmen. Dort nimmt man schon fast utopische Preise. Nichts für uns. Ein paar Straßen weiter kann man für wesentlich weniger Geld satt werden.

Rathausplatz in Tallinn


Blick über die Stadt

Touristen-Gewimmel

Freiheitsdenkmal

sowjetische "Baukunst"

russische Baukunst



Ca. 30 km östlich der Hauptstadt suchten wir nach einem Campingplatz. Der erste lag direkt am Meer. Der einzige windgeschützte Platz war schon besetzt. Als nächstes fanden wir einen wunderschön angelegten Platz auf einem riesigen Privatgrundstück. Highlights waren hier die großen erotischen Holzplastiken. 20 Euro für eine Nacht schreckten uns dann aber doch ab. Zehn Kilometer weiter fanden wir dann endlich einen idyllischen Platz des RKM (staatliche Forstverwaltung) an einem kleinen, verschilften Teich mitten im Kiefernwald. Die hohen Bäume boten Schutz vor dem heftigen Wind. Auch hier standen wir wieder ganz alleine.


Einen Wermutstropfen gab es heute doch. Ich musste feststellen, dass die GoPro-Actioncam eine Macke hat. In ausgeschaltetem Zustand entlädt sie einen voll geladenen Akku in weniger als einem Tag. Ich habe wohl einfach kein Glück, wenn ich irgendwelche Technik kaufe...

Im nächsten Bericht könnt Ihr lesen, ob und wie gut wir die estnisch-russische Grenze passieren konnten und wie es in Russland weitergeht. Bleibt also weiterhin schön neugierig...



noch idyllischer geht es doch kaum, oder?
Standort: N 59.48476 E 25.66943 
gefahrene Strecke: 163 km

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