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Montag, 14. September 2015

An der türkischen Schwarzmeerküste


10. September 2015

Bis Batumi waren es ja nur noch 120 km, also ließen wir uns Zeit beim Frühstücken und Packen. Dass keine Autobahn auf uns wartete, wussten wir ja, aber so eine abenteuerliche Piste hatten wir hier nicht erwartet. Von der ehemals vorhandenen Asphaltdecke war so gut wie nichts mehr übrig. Tiefe Schlaglöcher, Schotterpassagen, enge Kurven, rechts steile Felsen, links gähnte der tiefe Abgrund. All das kannten wir ja schon vom Vakhan Valley in Tadschikistan. Die einzigen Unterschiede waren, dass wir uns hier nur auf 1500 bis 2000 m Höhe bewegten und dass die Schluchten und Berge hier mit hauptsächlich Nadelbäumen bestanden sind. Langer Rede kurzer Sinn: wir brauchten also wesentlich länger als vermutet.

unterwegs im Kleinen Kaukasus

Wasser holen in einem Bergdorf

Auf einer Passhöhe in 2044 m Höhe trafen wir ein buntes Völkchen Einheimischer. Einer fragte, welche Sprache wir sprechen würden, blätterte dann in einem kleinen Heftchen und überreichte es mir aufgeschlagen auf einer deutsch bedruckten Seite. Ahnt ihr es schon, was es war? Richtig, eine Werbeschrift der Zeugen Jehovas. Und das mitten in den Bergen des Kleinen Kaukasus! Nicht mal hier hat man Ruhe vor denen..



Nach wenigen Minuten trudelte ein Deutscher aus Köln auf seinem Motorrad ein. Er befindet sich ebenso wie wir auf der Heimreise. Allerdings ist er schon eineinhalb Jahre unterwegs, durchquerte ganz Russland, umrundete China, fuhr durch Japan und hofft nun, seine durch einige Stürze doch etwas ramponierte Honda heil nach Hause zu bringen. Wir drücken ihm die Daumen!

In der Nähe des Passes hatte man schon vor drei Jahren begonnen, einen Kabinenlift und einige Hotels zu bauen. Das Ganze ist dann wohl recht schnell wieder ins Stocken geraten oder ganz eingeschlafen. Wie will man Urlauber hierher locken, wenn diese hundert Kilometer praktisch über Stock und Stein fahren muss, noch dazu im Winter? Da müssten doch zuallererst die Zufahrtswege in Ordnung gebracht werden.

Nach dem Pass ging es zwar nur noch bergab, aber mehr als 20 km/h waren nur selten drin. Wir bewegten uns in einer wunderschönen Gebirgslandschaft, die immer wieder neue herrliche Ausblicke auf Bergdörfer und Almen bot. Wenn die Straße nicht so schlecht wäre, wäre es der reinste Genuss, durch so eine wunderbare Gegend zu fahren.





hier war offensichtlich so etwas wie Almabtrieb im Gange, denn wir mussten uns durch Dutzende Kuhherden quälen

Je tiefer wir gelangten, desto wärmer wurde es. Innerhalb weniger Stunden kamen wir praktisch von der sauberen, kühlen Gebirgsluft hinunter in das subtropische Klima an der Schwarzmeerküste. 34 Grad Außentemperatur zeigte das Thermometer an. Und das am späten Nachmittag. Die feuchtwarme Luft ließ uns den Schweiß aus allen Poren brechen.

Ein Stellplatztipp erwies sich als völlig unbrauchbar, da wir dort zwar direkt am Meer, aber praktisch wie auf dem Präsentierteller völlig im Freien gestanden hätten. Also fuhren wir quer durch Batumi, eine quirlige Großstadt voller Touristenrummel, gen Norden. Im Botanischen Garten hat man einen Campingplatz eingerichtet. Westlichen Vorstellungen entspricht dieser zwar nicht, aber wir waren froh, überhaupt etwas gefunden zu haben. Und unter Palmen haben wir mit unserem Gecko auch noch nicht gestanden. Immerhin gab es eine saubere Toilette und ein kleines Restaurant, in dem wir uns leckeres grusinisches Bier, Schaschlik und seit Monaten die erste Pizza genehmigten.

Stellplatz im Botanischen Garten Batumis

11. September 2015

Obwohl es recht ruhig war in der Nacht (außer den Eisenbahnzügen, die in 100 m Entfernung ab und zu vorbei donnerten), schliefen wir nur schlecht. Da wir mit dem Gecko zwischen großen Bäumen standen, regte sich da kein Lüftchen und an Abkühlung war überhaupt nicht zu denken. Diese schwüle Hitze blieb fast bis zum Morgengrauen. Alles fasste sich feucht und klebrig an. Zudem ging es mir heute morgen wirklich mies. Seit ein paar Tagen schon stimmt mit Magen/Darm etwas nicht. Keine Ahnung, was ich mir da eingefangen habe. Heute morgen kamen noch heftige Magenkrämpfe hinzu.

Aber den Botanischen Garten wollten wir nicht ungesehen verlassen. Also ließen wir uns mit einem kleinen Elektro-Bus durch das riesige, bergige Gelände fahren. Wenn man den ganzen Garten zu Fuß erkunden wollte, dürfte ein Tag kaum ausreichen. Er erstreckt sich immerhin über mehr als 100 Hektar. Ich kenne einige Botanische Gärten, aber dieser hier bei Batumi ist für mich der mit Abstand schönste. Wir waren richtig froh, dass wir diese Tour mitgefahren sind.









Danach fuhren wir weiter in Richtung Norden. Dort sollte es lt. Internet bei Ureki einen Campingplatz geben. Es waren nur 40 km bis dorthin. Es gibt hier eine Hauptstraße, die parallel zum Strand verläuft. Unmengen von Klein- und Kleinsthändlern bieten hier den üblichen Ramsch an, angefangen bei billigen Sonnenbrillen über bunte Bälle und Schwimmflügel hin zu FC-Bayern-Handtüchern und sonstigem China-Schrott. Dazwischen gibt es Obsthändler und Schaschlik-Verkäufer, aber alles sieht wenig verlockend aus. Einige schmucke, neu erbaute Hotels erwecken den Eindruck eines aufblühenden Ferienortes, doch überwiegen immer noch abbruchreife Bauten aus Sowjetzeiten.



Der Campingplatz existiert auch nicht mehr in der beschriebenen Form. Man erkennt zwar noch, dass da mal etwas war, doch z. Zt. existiert außer vier oder fünf Müllkübeln keinerlei Campinplatzausstattung. Müll liegt überall und reichlich herum. Toiletten oder gar Duschen sucht man vergebens. Aber was will man verlangen bei einem Preis von 3 Lari (ca. 80 Cent). Wir beschließen, wenigstens eine Nacht hier zu bleiben.

könnte eigentlich ganz schön sein, wenn sich jemand darum kümmern würde
hier kann man sich das Salzwasser abduschen...
fast schwarzer Sandstrand

Der Strand besteht aus fast schwarzem Sand, der auf Grund seines hohen Magnetitgehaltes sehr gesund für die Gelenke sein soll. Deshalb buddeln sich viele vor allem ältere Menschen bis zum Hals im Sand ein. Wir belassen es beim Zusehen und fragen uns, wie man das bei dieser Hitze aushalten kann.

Das Schwarze Meer machte heute seinem Namen keine Ehre, denn es leuchtete den ganzen Tag im schönsten Blau.

Am Abend kamen zwei junge Georgier, die mit ihrem Ford Transit einige Meter neben uns parkten, zu uns herüber und brachten uns einen kompletten, eben frisch gegrillten Schaschlik-Spieß. Obwohl mein Magen immer noch verrückt spielte, konnten wir uns diese Köstlichkeit nicht entgehen lassen. Wir revanchierten uns mit ein paar Flaschen Bier. Der Ältere der Beiden sprach ein bisschen deutsch, ich ein bisschen russisch, so dass wir uns ganz gut unterhalten konnten.

Gerade, als wir schlafen gehen wollten, begann in unmittelbarer Nähe in einer der vielen Kneipen eine Live-Band zu spielen. Sie spielten und sangen gut, vor allem aber laut...


12. September 2015

Die Musik spielte bis Mitternacht. Danach fuhren ständig irgendwelche Autos über den Campingplatz einschließlich der Polizei. Es kam einfach keine Ruhe rein. Entsprechend unausgeschlafen packten wir zusammen und fuhren wieder in Richtung Batumi. Heute wollten wir noch in die Türkei ausreisen.

Die Skyline von Batumi wirkt von Weitem schon beeindruckend. Solch gewagte Architektur kennt man eigentlich nur von arabischen Staaten. Von Nahem sollte man sich diese Gebäude aber lieber nicht anschauen. Wie so oft in diesem Land fragt man sich dann, ob hier nur nicht bis zu Ende gebaut wurde, oder ob schon wieder der Zahn der Zeit am Gemäuer nagt.

gewagte Architektur in Batumi



die abgesoffenen Kähne im Hafen passen nun wirklich nicht ins Bild

Bis zur türkischen Grenze waren es nur noch wenige Kilometer. Wir tankten noch einmal voll, denn Diesel ist in der Türkei erheblich teurer und setzten dann die letzten Lari (georgische Währung) in einem kleinen Supermarkt in Lebensmittel um.

Schon einen Kilometer vor der Grenze stauten sich die LKW. Wir ahnten nichts Gutes. Während wir an den Trucks vorbeifuhren, wunderten wir uns, dass sich der Badestrand wirklich bis zur Grenze erstreckte und gut besucht war.

Ja, und dann standen wir plötzlich vor dem Grenzabfertigungsgebäude ohne ein weiteres Fahrzeug vor uns. Konnte das wahr sein? Ist die Grenze für uns vielleicht doch nicht passierbar, wie uns unterwegs jemand erzählte? Dann geschah das, was wir nie für möglich gehalten hatten. Es dauerte insgesamt genau 14 Minuten, bis wir die Grenze hinter uns gelassen hatten. Ausreise aus Georgien und Einreise in die Türkei dauerte keine Viertelstunde! Neuer Rekord! Kann das nicht an jeder Grenze so sein???

Wir rollten auf einer vierspurigen Autobahn immer am Schwarzen Meer entlang in Richtung Westen. Mit der ersten türkischen Stadt tauchten auch die ersten Moscheen mit ihren spitzen Minaretten auf. Abgesehen vom Müll, der sich teilweise an den Straßenrändern aufhäuft, wirken hier die Ortschaften und Häuser irgendwie aufgeräumter und sauberer als in den Ländern, die jetzt hinter uns liegen. Aber dieser erste Eindruck kann natürlich auch täuschen. Wir werden es noch erfahren.

teilweise sogar sechsspurige Autobahn

Wir fuhren bis zur Stadt Of und richteten uns dort hinter einer Shell-Tankstelle für die Nacht ein. Ein kleines Restaurant gab es auch, doch leider ohne Bier. Klar, wir sind wieder mal in einem muslimischen Land, in dem Alkohol verpönt ist. Aber wir haben ja noch unsere eigenen Reserven...

eine der vielen Küstenstädte am Schwarzen Meer
die Werbung ist wohl doch schon ein paar Tage alt...


13. September 2015

Laut war es in der Nacht, schließlich brummten die Autos keine hundert Meter entfernt an uns vorbei, aber auch nicht mehr so schwül wie in den letzten Nächten. Eine Meeresbrise machte es schon angenehmer.

Ein Tag ohne Höhepunkte lag vor uns. Knapp 300 Autobahnkilometer legten wir zurück. Zwischendurch verließen wir für einen Streckenabschnitt die Autobahn, um direkt an der Küste weiterzufahren. Wir hofften, da vielleicht einen schönen Stellplatz zu finden, doch leider blieb es nur bei der Hoffnung. Der Himmel trübte sich immer mehr ein, bis es schließlich sogar anfing zu regnen. Das hatten wir schon lange nicht mehr erlebt.

Eine Stadt reihte sich an die nächste. Überall werden große, vielstöckige Wohnblocks hochgezogen, fast wie in Russland. Auf der perfekten Straße kamen wir schnell voran, denn auch in den Städten kann man fast überall mit 90 km/h durchfahren.

Für die Stadt Ünye hatten wir wieder mal einen Stellplatztipp. Direkt am Meer stellten wir uns auf einen bewachten Parkplatz. Fünf türkische Lira für 24 Stunden parken (ungefähr 1,50 Euro) sind durchaus gerechtfertigt. Im direkt daneben stehenden schönen Restaurant leisten wir uns ein ordentliches Mittagessen und wundern uns über die günstigen Preise. Natürlich wird auch hier kein Bier ausgeschenkt, also begnügen wir uns mit reichlich Tee, der hier nur wenige Cent kostet.

Bei einem kleinen Stadtbummel versuchen wir, eine türkische SIM-Karte zu kaufen. Bei zwei Anläufen erhalten wir jedesmal die gleiche überraschende Auskunft. Ausländer dürfen in der Türkei keine SIM-Karte kaufen. Die Türkei ist das 13. Land, das wir auf unserer Reise besuchen, aber auch das erste, wo wir keine Telefonkarte kaufen können. Bei manch anderem Land hätten wir uns vielleicht nicht gewundert, hier in der Türkei aber doch. Also sind wir in diesem Land auf Wifi bzw. WLAN angewiesen. Aber auch damit werden wir klarkommen.

Am Abend zog eine Gewitterfront auf und wir erlebten den ersten wirklich heftigen Regen während unserer Reise, die nun schon 143 Tage dauert.




14. September 2015

Gegen fünf Uhr war die Nacht zu Ende. Der Muezzin schickte über voll aufgedrehte Lautsprecher seinen Weckruf über die gesamte Stadt. Die Stadt erwachte und der Lärmpegel schwoll an, so dass an Schlaf sowieso nicht mehr zu denken war. Durch den nächtlichen Regen hatte es sich auch angenehm abgekühlt. Die Luft war frisch und klar.

hier leuchtet gleich der gesamte Ampelmast in der entsprechenden Farbe


Wir fuhren nur 85 km bis zur Großstadt Samsun. Hier stehen wir jetzt auf einem supermodernen Campingplatz mit allem Komfort. Eine Hochstraße verläuft fast über uns und sorgt für die entsprechende Geräuschkulisse. Ganz heftig wird es, wenn der Muezzin ruft. Unterhalb der Hochstraße tönt es dann so laut, dass man meint, der Ruf des Muezzin ist noch draußen auf den Schiffen, die hier auf Reede liegen, zu hören.

Wir schauten jungen Leuten zu, die die Wasserski-Anlage ausprobierten. Stark besucht ist der Platz wirklich nicht, die Saison ist offensichtlich zu Ende. Da hier Wifi recht gut funktioniert, kann ich auch endlich den Blog aktualisieren.


Bei nächster Gelegenheit erfahrt Ihr, wie es uns weiter in der Türkei ergeht und wohin es uns verschlägt. Bis dahin, und bleibt schön neugierig...

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